Christoph Leitl neuer Präsident des Österr. Wirtschaftsbundes

In der außerordentlichen Generalversammlung des VP-Wirtschaftsbundes kam es am 10. Dezember 1999 im Wiener World Trade Center zu einer spannenden Kampfabstimmung um den neuen Obmann und damit voraussichtlichen Nachfolger des österreichischen Wirtschaftsbund-Präsidenten Leopold Maderthaner.

Beworben hatten sich der oberösterreichische Landeshauptmann-Stv., Wirtschafts- und Finanzlandesrat Dr. Christoph Leitl und der Wirtschaftspräsident von Salzburg und Gastronom Günter Puttinger. Die Mutmaßungen über den Wahlausgang waren so unterschiedlich, daß das Ergebnis für alle überraschend ausfiel: Christoph Leitl erhielt in der geheimen Wahl 155 Stimmen, das sind 64,3 Prozent und Günter Puttinger 86 Stimmen. Christoph Leitl soll im Frühjahr 2000 das Amt von Leopold Maderthaner als Präsident der Wirtschaftskammer Österreich übernehmen. Als Statuarische Vizepräsidenten wurden Günter Puttinger, zusammen mit Walter Nettig, Peter Mühlbacher und Manfred Rein, ernannt.

Wie angekündigt, wurde Leitl vor kurzem in das Präsidium der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) kooptiert. Dabei fielen zwei wesentliche Entscheidungen: Seine Forderung nach einer Mitgliederbefragung auf Ebene der WKÖ wird umgesetzt und es wird eine Benchmarking-Studie in Auftrag gegeben, welche die Chancen für Klein- und Mittelbetriebe im Bereich Export analysieren wird. Gerade beim Export sieht Leitl nämlich Potentiale für Klein- und Mittelbetriebe, die er forcieren und ausbauen will.
 

Foto: O.Ö. Landespresse/Grilnberger


Ziel der Befragung ist es, eine Grundlage und Gewichtung über die Ausrichtung zukünftiger Reformmaßnahmen zu erhalten. Das Ergebnis der Umfrage wird Mitte März vorliegen und nach einem etwa 6monatigen Diskussionsprozeß verbindlich in den Erneuerungsprozeß einfließen.

Durchführen wird die Umfrage der Wirtschaftsbund, um nicht den Eindruck zu erwecken, eine überparteiliche Institution, die WKÖ, für die eigenen Reformanliegen zu verwenden. Welches Meinungsforschungsinstitut mit der Fragebogengestaltung und -auswertung beauftragt wird, darüber entscheidet ein Ausschreibungsverfahren unter drei renommierten Meinungsforschungsinstituten. Parallel zur Vollerhebung wird eine Repräsentativ-Umfrage (sample = 1000) durchgeführt werden, da erfahrungsgemäß ältere und jüngere Zielgruppen unterdurchschnittlich stark Fragebögen zurücksenden. Wirtschaftsbund-Generalsekretär Reinhold Mitterlehner erwartet sich eine Response-Quote die nicht zwischen 3 bis 6 Prozent, wie bisher üblich, sondern mindestens bei 10 Prozent liegt. Die Kosten der gesamten Aktion trägt der Wirtschaftsbund und werden einschließlich der Repräsentativbefragung rund 2 Mio. Schilling (~ 145.000,– E) betragen.

Der Fragebogen ist in vier Themenbereiche strukturiert:

1. Leistungs- und Aufgabenbereich: Hier soll das Kammermitglied entscheiden, welcher Leistungsbereich der Wirtschaftskammer von der Interessenvertretung bis zur Außenwirtschaft forciert werden soll.

2. Struktur und Organisation: Hier geht es um die Überprüfung der gesamten Aufbau- und Ablauforganisation der Wirtschaftskammern. In diesem Kapitel werden Kernfragen hinsichtlich der Pflichtmitgliedschaft im Fachgruppenbereich sowie hinsichtlich der Verringerung der Fachgruppenanzahl angesprochen.

3. Finanzierung und Beiträge: Dieses Kapitel ist der Schlüsselbereich der Umfrage, weil das Mitglied sowohl über Obergrenzen für Mitgliedsbeiträge als auch Mindestbeitragsgrundlagen oder den Entfall der Eintragungsgebühr entscheiden soll. Abgetestet wird auch die Fragestellung, ob im Gegenzug zu einer Absenkung der Kammerumlagen verstärkt auf Preisfinanzierung umgestellt werden soll.

4. Allgemeine Fragen: Auf dieser Seite werden Reformmaßnahmen einer Meinungsbetrachtung unterzogen, die im Zuge der gesamten Diskussion auch von anderen Gruppierungen, aber auch vom Wirtschaftsbund eingebracht wurden.

Ende Jänner werden die entsprechenden Fragebögen an rund 300.000 Kammermitglieder ausgeschickt, mit dem „Response“ rechnet man im Laufe des Februars. Die Grundzüge der Umsetzung der jeweiligen Maßnahmen sollen innerhalb eines Jahres festgelegt werden.

Zweites wichtiges Thema war die Frage Export, wo der neue WB-Präsident vor allem (derzeit nichtgenutzte) Potentiale im Bereich der Klein- und Mittelbetriebe noch stärker ausbauen und forcieren will. Daher wurde eine Benchmarking-Studie beschlossen, die die führenden europäischen Länder und die dort bestehenden Exportförderungen als Vergleichsbasis heranziehen wird. Damit soll die Situation, daß derzeit trotz intensiver Bemühungen nur jeder 10. Betrieb exportiert maßgeblich verbessert werden, um dadurch die Wettbewerbsfähigkeit der Klein- und Mittelbetriebe insgesamt zu erhöhen.

Lebenslauf Dr. Christoph Leitl


Christoph Leitl wurde am 29. März 1949 in Linz geboren, ist mit Erni verheiratet und Vater von zwei Kindern, Barbara (25, derzeit Universitätsassistentin) und Stefan (22, derzeit Zivildiener im Allgemeinen Krankenhaus Linz).

Nach dem Besuch der Volksschule und des Realgymnasiums (Matura 1967) absolvierte Leitl das Studium der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften an der Universität Linz. 1971 Magisterium, 1973 Doktorat.

Nach Kennenlernen der betrieblichen Praxis bei Unternehmungen im In- und Ausland übernahm Christoph Leitl 1977 die Geschäftsführung der Bauhütte Leitl-Werke, eines familiären Baustoffunternehmens mit 250 Mio. Schilling (~18,2 Mio. E) Umsatz und 130 Mitarbeitern.

Er hat sich schon früh im Bund Europäischer Jugend, der Jungen ÖVP, der Jungen Industrie und der Jungen Wirtschaft engagiert. Weiters wirkte er auch in zahlreichen Funktionen seiner Interessensorganisation. Bis zu seinem Eintritt in die Oberösterreichische Landesregierung war Leitl in den Berufs- und Fachgruppen der Wirtschaftskammer auf Bundes- und Landesebene vertreten.


1985 wurde Leitl Landtagsabgeordneter, 1990 Wirtschaftslandesrat und 1995 Landeshauptmann-Stellvertreter in Oberösterreich.

Zu seinen Agenden gehören die Bereiche Finanzen, Wirtschaft, Tourismus, Technologie, Energie, Fachhochschulen, Raumordnung und Europa.

1990 war Oberösterreich ein Krisenland, Leitls Ziel war, es bis zum Ende der 90er Jahre zu einem europäischen Spitzenland zu machen. Durch Bündelung aller maßgeblichen Kräfte (Politik, Sozialpartner, Schule und Universität, Arbeitsmarktservice usw.) konnte dieses Ziel erreicht werden. Die Arbeitslosenrate in Oberösterreich betrug im Oktober 1999 3,9 Prozent, die Genehmigungsverfahren für Betriebsanlagen durchschnittlich 3 Monate statt 36 Monate im Jahr 1990, die Budgets erzielen Überschüsse, die über einen Zukunftsfond in zusätzliche Projekte für Aus- und Weiterbildung, Forschung- und Entwicklung sowie aktive Arbeitsmarktpolitik fließen. Die Schaffung eines Technologienetzwerkes und die hohe Qualifikation der Menschen brachte große Erfolge bei der Ansiedlung internationaler Unternehmungen wie BMW, Hoffmann La Roche, SKF oder MAN. Daneben galt Leitls politisches Hauptaugenmerk aber der Entwicklung der Klein- und Mittelbetriebe, der Sicherung der Nahversorgung als Beitrag zur Lebenskultur und Lebensqualität und vor allem der Jungunternehmergründung. Die Zahl der Wirtschaftskammermitglieder konnte von 41.000 im Jahr 1990 auf 53.000 im Jahr 1998 erhöht werden. Das ausgezeichnete Zusammenwirken zwischen dem Wirtschaftsressort des Landes mit der Wirtschaftskammer und der Industriellenvereinigung war dafür eine wichtige Voraussetzung. Im Ausschuß der Regionen vertrat Leitl gemeinsam mit Landeshauptmann Pühringer das Land Oberösterreich und konnte dabei wichtige Initiativen für die föderalistische Gestaltung Europas bewirken.

Leitls Hobbys: Fotografieren, Fischen, Schifahren und Gartenarbeit in seinem Mühlviertler Auszugshaus. Im kulturellen Bereich die Malerei von Anton Lutz, Theaterstücke von Schnitzler, die Musik Anton Bruckners und alle Formen des Kabaretts.


Christoph Leitl von A bis Z



A wie Arbeit: Ich arbeite gerne. Arbeit macht mir Spaß. Ich will damit etwas bewegen, verändern, verbessern. Wenn ich einmal zurückblicke, möchte ich sagen können: „Du hast deinen Beitrag geleistet.“

B wie Betrieb: Mein Urgroßvater, ein Bauer, Gastwirt und Weinhändler aus Eferding hat den Betrieb gegründet. Das war vor etwa 100 Jahren. Mein Großvater, mein Vater und ich haben den Betrieb laufend modernisiert und ausgebaut. Gemeinsam mit unseren tüchtigen Mitarbeitern haben wir gute und schlechte Zeiten gemeistert. Ich fühle mich mit dem Betrieb eng verbunden.
C wie Chancen: Sie soll man zuerst sehen. Erst dann die Risiken. „Wer vor Angst stirbt, ist auch gestorben“ heißt ein Sprichwort. Wir sollten keine Angst haben. Jeder von uns hat Chancen, die es zu nützen gilt.

D wie Demut: Was für ein winziger Punkt ist unser Land auf der Welt. Und wie klein ist unsere Erde im Sonnensystem. Und was für ein winziger Bruchteil ist das Sonnensystem im ganzen Weltall. Ich denke ab und zu daran, um mir die Grenzen meines Menschseins in Erinnerung zu rufen.

E wie Essen: Zu besonderen Anlässen wünsche ich mir Bachforelle blaugekocht mit Buttersafterl und Petersilerdäpfeln sowie grünem Salat. Dazu einen trockenen Weißwein – mhhh!

F wie Familie: Meine Frau Erni und unsere Kinder Barbara und Stefan sind Mittelpunkt meines Lebens. Die Zeiten, wo wir beisammen sind, erleben und genießen wir sehr bewußt.

G wie Geduld: Sie ist nicht meine Stärke. Was ich plane, möchte ich sofort umsetzen. Ich mußte lernen, daß scheinbare Umwege oft besser zum Ziel führen.

H wie Hunde: Ich halte nichts vom Spruch von Robert Graf, der gemeint hatte, daß man sich in der Politik einen Hund halten müsse, wenn man einen Freund haben will.

I wie Internationalisierung: Ich wurde 1949 geboren, dem Jahr der Gründung des Europarates. Seit die europäischen Länder nicht mehr gegeneinander, sondern miteinander arbeiten, geht es uns allen viel besser.

J wie Jugend: Sie soll alle Chancen haben, ihre Begabungen, Fähigkeiten und Talente zu entfalten; deswegen bin ich in der Politik.

K wie Kultur: Kultur ist, wie wir miteinander umgehen. In diesem Sinne ist die politische Kultur verbesserungsfähig. Ich möchte meinen Beitrag dazu leisten.

L wie Lust: Es ist eine Lust, in unserem Land zu leben. Fröhlich zu sein und Feste feiern zu können erscheint mir besonders wichtig.

M wie Musik: „Musik ist der Schlüssel zur Seele“ hat einmal jemand gesagt und aus meiner Sicht hat er recht damit. Am liebsten höre ich meinen Sohn Stefan am Klavier, aber auch die Popmusikkassetten meiner Tochter Barbara. Der oberösterreichische Komponist Werner Brüggemann hat mir einen Marsch mit dem Titel „Vereintes Europa“ gewidmet. Nicht nur durch´s Reden, auch durch Musik kommen Leute und Völker zusammen.

N wie Natur: Ich wandere gerne im Mühlviertel oder fische in einem kleinen Bach. Einsamkeit stört mich nicht, im Gegenteil: Ich suche sie, um zu mir selbst zu finden.

O wie Offenheit: Gute Freunde erkennt man daran, daß sie einem offen die Meinung sagen. Ich habe meinen Freunden viel zu verdanken; sie haben mich oft nachdenklich gemacht.

P wie Politik: Sie muß kein grausliches Geschäft sein wie man ihr nachsagt. Wenn sie ein Wettbewerb um die besten Ideen ist, kann sie sogar sehr faszinierend sein.

Q wie Qual: Schon öfter bin ich vor wichtigen Entscheidungen gestanden und mußte überlegen: so oder so? Ich habe nicht immer richtig entschieden, es ist aber besser, auch einmal eine unrichtige Entscheidung als gar keine zu treffen.

R wie Reisen: Ich schaue mir gerne andere Städte und Länder an. Man erfährt dabei nicht nur Neues, sondern lernt das Andersartige als Bereicherung des eigenen Lebens zu schätzen

S wie Sport: Auch wenn es nicht die ungeteilte Zustimmung findet: ich zähle fischen zum Sport. Wer je einen kapitalen Brocken an der Angel gehabt hat, wird mir recht geben.

T wie Team: In einer Gruppe mit einem gemeinsamen Ziel und mit Leuten, die sich mögen, fühle ich mich wohl. Der beste Einzelkämpfer erreicht allein oft gar nichts, ein begeistertes Team dagegen ungeheuer viel.

U wie Urlaub: Eine Woche Schifahren, eine Woche am Meer und eine Woche im Mühlviertel.

V wie Vorfahren: Einer meiner Vorfahren war Feldhauptmann im Bauernkrieg. Er wurde am Linzer Hauptplatz öffentlich gehängt, gevierteilt und auf Pfähle aufgespießt. Vielleicht habe ich von ihm etwas aufrührerisches Blut in meinen Adern; ich bin aber sicher, daß es die heutige Zeit besser mit mir meint.

W wie Widder: Von Sternzeichen und Horoskopen halte ich wenig. Man sagt mir allerdings nach, daß ich ein typischer Widder bin.


Z wie Ziel: Für meine Familie, meinen Betrieb und mein Land da zu sein, mit ihnen und für sie zu leben.