Unsere Tennisasse sind wieder an der Weltspitze!

Wer kann sich nicht daran erinnern, als Thomas Muster nach sensationellen Turniersiegen die Spitze der Weltrangliste erklomm und zur Nummer Eins des internationalen Herrentennis wurde? Nun mischt das neue Rot-Weiß-Rote Team ganz vorne mit. Von Walter Wagner.


Dank eines unbändigen Siegeswillens, enormer körperlicher wie auch seelischer Stärke wurde aus dem Kämpfer Muster, der lange nur als Balldrescher verschrien war, das Aushängeschild des österreichischen Tennissportes. In seinem Sog eilte auch das Daviscupteam von Erfolg zu Erfolg. Höhepunkt des Tenniswunders war sicherlich das unvergessene Duell mit dem Team USA im Wiener Ernst-Happel-Stadion. Zehntausende sahen eindrucksvolles Sandplatztennis im damaligen Daviscupsemifinale und Österreich mußte sich denkbar knapp mit 2:3 geschlagen geben. Horst Skoff verlor die letzte Partie gegen Michael Chang nach hartem Kampf, der Traum war ausgeträumt.

Thomas Muster bleibt das Vorbild für den Nachwuchs
Das Erstaunliche an Muster war immer die Ungewißheit, wie lange ein Match dauern konnte. Er gab sich in seiner besten Zeit nie geschlagen, ein Ball konnte noch so unerreichbar sein, der Steirer hetzte ihm doch nach. An diesem Kampfgeist zerbrachen die Gegner oftmals. Unzählige Male konnte eine Partie, die bereits verlorengegangen schien, noch „umgedreht“ werden. Diese Spielweise bedingte aber enormen körperlichen Verschleiß, doch schien bei Muster die Lust an der körperlichen Qual zur Erreichung des Zieles dermaßen ausgeprägt zu sein, daß er anscheinend keine Schmerzen zu verkraften hatte. Doch genau das Gegenteil war der Fall. Knieprobleme, Auswirkungen des Unfalls von Key Biscane, als ein betrunkener Autofahrer fast das Karriereende bedeutet hätte, Rückenschmerzen als ewige Wegbegleiter — und so weiter.

In seiner Einstellung dem Sport gegenüber war und ist Thomas Muster ein unbedingtes Vorbild für kommende Generationen, und das gilt nicht nur für Tennisspieler.

Der „Nachwuchs“ bringt bereits Spitzenleistungen
„Was kommt nach Muster?“, drängte sich dem interessierten Tennisfan auf. Versinkt Österreich wieder im Niemandsland des internationalen Tennissportes, zerbrechen die Nachwuchsspieler am Vorbild Musters völlig?

Diese Fragen können wir, angesichts der jüngsten Erfolge im Herrentennis, mit einem stolzen „Nein“ beantworten.

Vor allem zwei Namen sorgen in letzter Zeit immer wieder für positive Schlagzeilen: Stefan Koubek und Markus Hipfl heißen die beiden jungen Männer, die das Herz und das Auge des Tennisfans erfreuen. Der bisherige Höhepunkt, wenn sie so weiter spielen wird es deren noch einige geben, war sicherlich das geradezu sensationelle Auftreten der beiden beim Daviscupduell gegen Schweden in Pörtschach. Es ging um den Verbleib in der Weltgruppe und das Rot-Weiß-Rote Team galt als absoluter Außenseiter. Schweden stellte mit Norman und Gustafsson den jungen Österreichern zwei arrivierte und erfahrene Spieler gegenüber.

Doch Koubek und Hipfl ließen sich dadurch nicht beirren und besiegten die höher eingeschätzten Schweden mit 3:2. Vor allem das „Wie“ war beeindruckend. Nach dem ersten Tag führten die beiden Österreicher bereits mit 2:0. Ein Grundstein war also gelegt. Doch nachdem das Doppel klar an die Skandinavier ging, mußte Stefan Koubek dem Turnierstreß, dem er ausgesetzt war Tribut zollen, und er verlor sein Einzel gegen Norman in vier Sätzen. Die ganze Last ruhte nun auf den Schultern von Markus Hipfl.

Mit Hipfl und Koubek in der Weltgruppe
Jener Hipfl der im Rufe stand, gerade in entscheidenden Situationen Nerven zu zeigen, sollte also die sprichwörtlichen Kastanien aus dem Feuer holen. Und er wuchs mit der Aufgabe — in knapp zwei Stunden kämpfte er Magnus Gustafsson nieder und sorgte so für den Weiterverbleib Österreichs in der Weltgruppe. Wie einst Thomas Muster, ließ sich der junge Österreicher am Boden des Centercourts von seinen Teamkollegen und Daviscup-Kapitän Bresnik feiern.

Angesichts der Spielweise der beiden scheint die Nachfolgefrage keine mehr zu sein, denn sie haben das Zeug, aus dem Schatten Musters heraustreten zu können.

Stefan Koubek bewies sein Talent einmal mehr — und wieder sehr eindrucksvoll — beim diesjährigen Stadthallenturnier. Er besiegte mit Tarango und Goran Ivanesevic zwei Aufschlagspezialisten auf deren Lieblingsbelag. Allerdings war dann gegen Richard Krajicek Endstation für Koubek, der mit seinem Auftreten jedoch mehr als zufrieden sein kann. Jedenfalls braucht sich der Tennisfan um das Ansehen des Tennissportes in Österreich keine Sorgen mehr zu machen, denn auch der erst 18jährige Jürgen Melzer bestand bereits eine Talentprobe.

Barbara Schett und das Team der Damen
Die wohl herausragendste Persönlichkeit des österreichischen Damentennissportes ist sicherlich die Tirolerin Barbara Schett.

Bei den US Open kämpfte sie sich bis ins Viertelfinale vor, wo sie gegen Venus Williams verlor. Diese Leistung blieb auch in der Weltrangliste nicht unbelohnt: Nicht zuletzt dank dieses Erfolges belegte Schett in der Weltrangliste bald Platz sieben. Auch bei der Tirolerin beeindrucken ihr Kampfgeist und ihre offensichtliche Spielfreude, die sie auf den Court mitnimmt.

Schett begann relativ früh, angeblich schon als Vierjährige, mit dem Tennissport. Allerdings hatte sie niemand zum Spielen gezwungen, und so blieb ihr die Freude am Spiel erhalten.

Bei den Damen gibt es aber neben Schett auch noch weitere Spielerinnen, die in weiterer Zukunft für Aufsehen sorgen können. Als Beispiel seien Sylvia Plischke und Babsi Schwartz genannt, die schon des öfteren bewiesen haben, daß das Damentennis in Österreich dem der Herren in nichts nachsteht. Mit diesem „Spielermaterial“ sollte es möglich sein, für die Zukunft des Tennissportes in Österreich zu sorgen, damit in keinerlei Hinsicht die Gefahr eines Leistungsvakuums gegeben zu sein scheint.


Der Leistungshorizont ist noch nicht erreicht
Es wäre schade, wenn die jüngsten Erfolge unserer Tennisspieler durch interne Streitereien und Eifersüchteleien zunichte gemacht würden. Das Selbstbewußtsein der Spielerinnen und Spieler stimmt, sonst könnten sie wohl kaum derart großartige Erfolge erzielen.

Wir dürfen aber auf Kommendes gespannt sein, denn der Leistungshorizont ist noch bei keiner der erwähnten Damen und keinem der Herren erreicht. Was das schöne an der Erfolgsstory ist, ist der Wille, mit dem Schett & Co ans Werk gehen. Der Wille zu gewinnen und zur Erreichung des Zieles bis hart an die Leistungsgrenzen zu gehen. Das ist der Stoff, aus dem Sieger gemacht werden.

Lehnen wir uns zurück und freuen wir uns über Siege der jungen Athletinnen und Athleten. Es werden derer noch viele folgen.