Lebensraum Salzach als Erlebnis-Ausstellung  

erstellt am
12. 02. 04

Schausberger: Weiterer Meilenstein auf dem Weg zur Bewusstseinsbildung
Salzburg (lk) - Von den Gletschergipfeln der Hohen Tauern bis zu den Niederungen des Alpenvorlandes, vom Bauernland bis in die Städte, von unberührten Naturjuwelen bis zum Jahrtausende alten Kulturraum – kein Element ist in Salzburg so verbindend wie seine Lebensader, die Salzach. Diesem vielfältigen Natur- und Kulturraum widmet das Haus der Natur eine neue Dauerausstellung. Mit der Präsentation dieser neuen Schau werde ein weiterer Meilenstein auf dem Weg zur Bewusstseinsbildung über die Salzach gelegt, betonte Landeshauptmann Dr. Franz Schausberger am Mittwoch (11. 02.) zur bevorstehenden Eröffnung der Dauerschau „Lebensader Salzach“ im Haus der Natur. Wesentliche Grundlage für die Ausstellung waren das 1998 unter Federführung des Landes unter Mitarbeit von Direktor Stüber erarbeitete wissenschaftliche Projekt „Gesamtuntersuchung Salzach“ sowie das von Professor Alfred Winter als kulturelles Sonderprojekt im Land Salzburg geleitete Projekt „Mitteleuropäischer Lebensraum Salzach“, so Dr. Schausberger.

Die Dauerschau „Lebensader Salzach – Zeit-Fluss in Mitteleuropa“ sei gleichzeitig eine Ausstellung über das kostbare Gut Wasser, über seine regionale und globale Bedeutung, über das Wasser als Lebensraum und Ökosystem und darüber, wie Menschen in Vergangenheit und Gegenwart mit dem Wasser und speziell mit der Salzach umgegangen sind. Natur, Geschichte, Wirtschaft, Kunst – alles, was den Lebensraum Salzach ausmacht, habe Platz in der neuen Schau, erklärte Prof. DDr. h. c. Eberhard Stüber, Direktor des Hauses der Natur. Die Ausstellung setzt moderne Museumstechnik und neue, speziell entwickelte Darstellungsweisen ein.

Fließendes Wasser rauscht in der Schau als Bach und Wasserfall und fordert zum vielfältigen Experimentieren auf. Computertechnik ermöglicht individuelle Flüge und Zeitreisen über das Salzachtal: in der Jetztzeit, in der Eiszeit und vor vielen Millionen Jahren. Ein eigens für die Ausstellung produzierter Film präsentiert im „Salzachkino“ den Natur- und Kulturraum. Man zwängt sich durch eine Höhle und eine Klamm und erlebt die vom Wasser geschaffenen Landschaften mittels 3D-Technik. Um Abläufe und Veränderungen sichtbar zu machen, wurden klassische Dioramen-Darstellungen – das sind beidseitig auf transparentem Hintergrund bemalte Bilder mit Lichteffekt – mit modernen technischen Möglichkeiten erweitert. Ein Gang durch den Auwald bei Tag und Nacht und ein Besuch in der Biberburg werden zum Erlebnis.


Stationen der Ausstellung: Vom Ursprung zum Mikrotheater
Ursprünge: Die Ursprünge des Salzachwassers aus klaren Quellen des Salzachgeiers und aus der „Gletschermilch“ des Nationalparks Hohe Tauern gibt es am Eingang zu sehen. Wasser ist Leben: Die Erde ist ein Wasserplanet. Eine dynamische Bild- und Toninstallation setzt die globale und regionale Bedeutung des Wassers in der Ausstellung in Szene. Auch der Mensch ist ein Wasserwesen: Wer in der Ausstellung auf die „Wasserwaage“ steigt, erfährt, aus wie viel Litern Wasser der eigene Körper besteht.

Fließende Veränderung – Flussökologie zum Anfassen: Von der Quelle bis zur Mündung verändert ein Fluss ständig sein Gesicht und seine Lebenswelt. In drei Abschnitten – vom reißenden Gebirgsbach über den „Schotterfluss“ im breiten Tal bis zu den Auengewässern in den Niederungen – wird diese fließende Veränderung auf vielfältige Weise vermittelt. Im Wasser-Experimentierbecken erfährt man spielerisch die Eigenheiten der Strömung im reißenden Bach und wie sich darin typische Kleinlebewesen behaupten. Man lernt Bach- und Flussfische mit ihren Kinderstuben im Kiesbett kennen und sieht, wie der Mensch noch vor nicht allzu langer Zeit die massenhaft zu den Laichplätzen ziehenden Fische mit langen Stechgabeln aus der Salzach fischte. Im Querschnitt durch einen Schotterkörper offenbaren sich wundersame Lebewesen, die für die natürliche Reinigung des Flusswassers verantwortlich sind. Schließlich kann man am Landschaftsmodell Hochwasser auslösen und sieht, wie wichtig ein intakter Auengürtel für die Vermeidung von Katastrophen ist.

Auwaldvielfalt – Erlebnis-Dschungel und Biberburg: Auf weltweit einzigartige Weise wird die bewährte dreidimensionale Dioramen-Darstellung mit moderner Technik erweitert. Auf einem Holzsteg wandelt man durch den Auwald, in dem es abwechselnd Tag und Nacht wird. Nachtaktive Tiere tauchen auf und verschwinden wieder. Auf Knopfdruck zeigt ein Specht seine typischen Trommelwirbel und Tierstimmen sind zu hören. Moderne Videotechnik lässt dazu im Geäst die Sänger erscheinen. Man kann in die Szenerie eintauchen und unter Wasser sowie unterirdisch bis in die Biberburg vordringen.

Wenn die Zeit wie im Flug vergeht
Zeitreise über das Salzachtal am Flugsimulator: Mit dem Steuerknüppel in der Hand kann man sich mittels Computertechnik auf einen Flug übers Salzachtal begeben. Dabei kann man nicht nur das Flugzeug über die heutige Landschaft steuern, sondern auch Jahrtausende und Jahrmillionen zurück in die Vergangenheit reisen: So gleitet man auch über die mächtigen Gletscherpanzer der Eiszeit oder die bewaldete, subtropische Hügellandschaft, in der vor etwa zwölf Millionen Jahren Flüsse unsere Großhöhlen schufen.
Multimediale Betrachtung aus der Vogelperspektive: Eine computergestützte Aufbereitung von außergewöhnlichen historischen Karten und Bildern, verknüpft mit Fotos und Videosequenzen zeigt die vielfältige und wechselvolle Beziehung zwischen Mensch und Salzach. Auf Knopfdruck werden unterschiedliche Themen präsentiert: von der dramatischen Veränderung des Flusslaufes in der Vergangenheit bis zu Szenarien des heute anstehenden Rückbaus der Salzach, vom Holztriften über die Salzschifffahrt bis zur neuen „Amadeus“, von der Wasserkraftnutzung bis zur Trinkwasserversorgung und Abwasserreinigung, von der Veränderung der Fischfauna bis zur Erholung am Wasser in Freizeit und Sport.

Turmfalke statt Waldrapp
Die Stadt Salzburg einst und jetzt: Zwei Dioramen zeigen den Wandel der Stadt im Laufe der vergangenen 500 Jahre. Jeweils vom selben Standpunkt am Mönchsberg blickt man einmal um 1600 und das andere Mal im Jahr 2003 auf die Stadtlandschaft. Beim Blick auf das fürsterzbischöfliche Salzburg leistet der inzwischen ausgerottete Waldrapp Gesellschaft. Heute sind es die Turmfalken, die über den Dächern der Stadt in den Felsen nisten.

Das Werk der Salzach und ihrer Zuflüsse als 3D-Erlebnis: Ein interaktives Satellitenbild verschafft einen Überblick über das gesamte Gewässernetz der Salzach, das immerhin drei Viertel unseres Landes überzieht. Man sieht auch, wo die spektakulärsten Landschaftsformen liegen, die das Fluss-System der Salzach schuf. In eindrucksvollen Bildern wird das breite Spektrum der heimischen Wasserfälle, Höhlen und Klammen präsentiert. Ein besonderes Erlebnis eröffnet sich, wenn man sich durch eine Höhle und Klamm zwängt und dort mittels 3D-Technik außergewöhnliche Blicke in die Eisriesenwelt und die Salzachöfen wirft.
Salzachkino und Mikrotheater: Ein eigens produzierter Film über die „Wunderwelt Salzach“ präsentiert die naturkundlichen und kulturellen Höhepunkte des Salzachtales und bietet Besonderheiten in Dolby-Surround-Technik und bester Qualität. Der Kinosaal bietet auch hochwertige Technik für Ur-Aufführungen des Mikrotheaters. Durch ein Mikroskop mit Videokamera wird hier die Live-Übertragung des wundersamen Lebens im Wassertropfen auf die Kinoleinwand zum Erlebnis.

Schausberger: Salzach schafft Identität
In den vergangenen Jahrtausenden habe sich die Salzach zu einem zusammenhängenden Lebensraum entwickelt, dem Land Salzburg verhalf der Fluss über Jahrhunderte hinweg zu Reichtum, betonte Landeshauptmann Schausberger. Intensive Landnutzung, Wirtschaftswunder und Energiegewinnung veränderten jedoch den Lauf der Salzach. Über weite Strecken war die Salzach in den vergangenen beiden Jahrhunderten bestenfalls für Industrie- und Anrainerabwässer wichtig. Die Salzach als wichtiger Identitätsgeber Salzburgs schien seine Bedeutung verloren zu haben.

Das 1998 unter Federführung des Landes Salzburg erarbeitete wissenschaftliche Projekt „Gesamtuntersuchung Salzach“, an dem auch Direktor Stüber als damaliger Umweltanwalt des Landes maßgeblich mitgearbeitet hatte, kam zum erfreulichen Schluss, dass eine zuvor nicht geahnte Fülle von Strukturen, die sich am Fluss orientieren und die der Fluss bestimmt, entdeckt werden können. Erst das ganzheitlich orientierte Denken, das sich in den vergangenen Jahrzehnten entwickelt hat, mache heute wieder die Bedeutung des Flusses als Zentrum unserer Region bewusst, so Schausberger.

Mit dem Projekt „Mitteleuropäischer Lebensraum Salzach“ unter der Leitung von Prof. Alfred Winter, zuständig für kulturelle Sonderprojekte im Land Salzburg, wurde ein weiterer Schritt unternommen, die Bedeutung des Flusses für Salzburg herauszustreichen. Auch das Tauriska-Festival beschäftigte sich im vergangenen Jahr intensiv mit dem Lebensraum Salzach.

Die Salzach als Landesfluss sei es, die die Salzburger verbindet, sagte Schausberger weiter. Bis auf den Lungau fließt die Salzach durch jeden Bezirk. Dass die Salzach auch große Gefahren birgt, ist seit der Hochwasser-Katastrophe im August 2002 allen bewusst. Andererseits hat der heiße Sommer 2003, dass auch das Land Salzburg trotz der großen Wasserreserven nicht vor Wasserknappheit gefeit ist.

Mehr Leben am Landesfluss
Trotzdem ist die Salzach als Lebensraum wieder mehr in den Mittelpunkt gerückt. In der Landeshauptstadt wurde vor zwei Jahren die Personen-Schifffahrt wieder belebt. Auch mit den regelmäßig stattfindenden Salzachgalerien konnten Tausende Salzburger/innen wieder an das Ufer der Salzach geholt werden. Auf diese Weise ist die Salzach auch wieder zum Lebensraum geworden. Wirtschaft, Politik und vielen engagierten Personen gelang es, die Salzach sauber zu bekommen. Durch strenge Grenzwerte wurde erreicht, dass die Salzach heute durchwegs die Güteklasse II aufweist. Durch eine langfristige Planung konnte die Belastung durch Abwässer insbesondere in und um Hallein bedeutend gesenkt werden. Das Land Salzburg hat sich nicht nur im Internationalen Jahr des Wassers 2003 vorgenommen, Beiträge für einen umsichtigen und nachhaltigen Umgang mit dem kostbaren Trinkwasser zu leisten. Eines der vorrangigen Ziele sei es, das Wasser dauerhaft zu schützen, sagte Schausberger. Mit dem Salzburger Regionalprogramm für Grundwasserschutz und Grünlanderhaltung leiste man in Teilen Salzburgs einen wesentlichen Beitrag zur nachhaltigen Gestaltung der heimischen Wasserpolitik.

Winter: Projekt „Lebensraum Salzach“ seit 1999
Besonders für die Entdeckung des Salzachraumes als eigene Kulturregion eingesetzt habe sich auch der Philosoph Leopold Kohr, der in der nunmehrigen Salzach-Stadt Oberndorf geboren wurde und vor zehn Jahren verstarb. Darauf verwies Prof. Alfred Winter. Der Fluss prägte seinerseits die Menschen mit auf ihn bezogenen spezifischen Erfordernissen, Eigenheiten und Fähigkeiten. Diese Fähigkeiten wurden erforderlich, um die Salzach-Schifffahrt, das Holzflößen, das Fischen und den Fluss als Energiespender zu ermöglichen. Die Regulierung der Salzach bannte fürs Erste die Gefahren von Hochwasser, schuf aber auch durch die neuen steilen Ufer eine Art „Entfremdung“ vom Fluss.

Die „Kulturellen Sonderprojekte“ beim Land Salzburg betreiben nun das Projekt seit 1999 unter dem Arbeitstitel „Mitteleuropäischer Lebensraum Salzach“ und wollen mit vielgestaltigen Mitteln wie Ausstellungen, Konzerte und Vorträge die Salzach den Menschen wieder näher bringen. Die nachhaltige Ausstellung solle es den Menschen ermöglichen, wieder mit und am Fluss zu leben und die Salzach als Lebenstraum zu begreifen
     
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