BM Pröll: Neue EU-Chemiepolitik soll Alltagsprodukte sicherer machen  

erstellt am
04. 06. 04

Starkes Vorsorgeprinzip, mehr Herstellerverantwortung, Eindämmung von Risikochemie
Wien (bmlfuw) - Eine umfassende Integration des Vorsorgeprinzips, eine Stärkung der Herstellerverantwortung und ein strenges Zulassungssystem für Risikochemikalien sind die Kernanliegen des Lebensministeriums im Rahmen der Verhandlungen zur neuen EU-Chemieverordnung (REACH). Chemikalien deren Auswirkungen auf die Gesundheit und die Umwelt nicht genügend untersucht sind, müssen in absehbarer Zeit vom Markt verschwinden. Stoffe, die ein unvertretbares Risiko darstellen, sollen in Zukunft gar nicht mehr in Alltagsprodukten wie Haushaltschemikalien, Kosmetika, Innenraumausstattungen oder Textilien eingesetzt werden dürfen. Österreich war im Jahr 1998 neben Schweden, Finnland, Dänemark und Holland einer der Wegbereiter für die Neuorientierung der europäischen Chemiepolitik. Dies betont Umweltminister Josef Pröll anläßlich der am Donnerstag (03. 06.) durch die Umweltschutzorganisation Greenpeace veröffentlichten Untersuchung, laut der in den Büros des Umweltressorts in der Wiener Stubenbastei eine Reihe von Risikochemikalien insbesondere Polychlorierte Biphenyle (PCBs) aber auch Flammschutzmitteln und Weichmacher-Phthalate nachweisbar sind.

Von den derzeit rund 100.000 weltweit existierenden chemischen Stoffen finden schätzungsweise 30.000 in Produkten Verwendung. In Ermangelung entsprechender Vorschriften sind für einen Großteil dieser Stoffe aber derzeit nur unzureichende Daten über ihre möglichen Umwelt- und Gesundheitsauswirkungen öffentlich verfügbar. Erst eine Handvoll gefährlicher Chemikalien wurde einer umfassenden EU-Risikobewertung unterzogen, die Beweislast für den Nachweis eines Risikos liegt dabei fast ausschließlich bei den Behörden. Als Folge tauchen viele Stoffe, die in Alltagsprodukten wie Haushaltschemikalien, Kosmetika oder diverse Fertigwaren zum Einsatz kommen, in der Umwelt, oder sogar im menschlichen Blut wieder auf. Wenig überraschend, dass Greenpeace nunmehr auch im „Bürostaub“ des Umweltministeriums eine Reihe von Risikochemikalien nachweisen konnte.

Überraschend ist jedoch, dass auch Polychlorierte Biphenyle (PCBs), die unter anderem im Verdacht stehen, das Hormonsystem schädigen zu können, in den Räumlichkeiten des Umweltressorts gefunden wurden. PCBs, die potenziell in verschiedensten Produkten enthalten sein können, sind in Österreich bereits seit 1993 verboten. Die aufgefunden Belastungen zeigen aber, dass hier offenbar noch alte Büroausstattungen Spuren von PCBs enthalten. Auf jeden Fall wird aber den Belastungen nachgegangen, betont Minister Pröll.

Der REACH-Prozess geht auf die Initiative einer Gruppe von Mitgliedstaaten (Schweden, Finnland, Dänemark, Holland und Österreich) im Jahr 1998 zurück. Ein wesentliches Anliegen der Staatengemeinschaft, insbesondere auch Österreichs, war die explizite Verankerung des Vorsorgeprinzips im neuen Chemikalienmanagement. Der Vorsorgegedanke spielt in der österreichischen Chemiepolitik seit jeher eine große Rolle: So wurde beispielsweise bereits im Jahr 1998 Kleinkinderspielzeug verboten, das hormonwirksame Weichmacherchemikalien, die so genannten „Phthalate“, enthält. Heute, sechs Jahre später, steht auch auf europäischer Ebene ein solches Verbot kurz bevor. Der Entwurf der neuen EU-Chemikalienverordnung (engl. Registration, Evaluation, Authorisation of Chemicals, kurz REACH), welchen die Europäische Kommission im Oktober 2003 vorgelegt hatte, wird derzeit im EU-Umwelt- und Wettbewerbsrat von den Ministern Josef Pröll und Martin Bartenstein verhandelt. Zu den Kernanliegen des Lebensministeriums zählen dabei unter anderem eine umfassende Verankerung des Vorsorgeprinzips, eine Stärkung der Herstellerverantwortung insbesondere auch der nachgeschalteten Verwender von chemischen Stoffen, beispielsweise Produzenten von Haushaltschemikalien, Fertigwaren, etc., sowie ein strenges Zulassungssystem für Risikochemikalien. In letztere Gruppe, im Fachjargon auch „Stoffe, die Anlass zu großer Besorgnis geben“ genannt, wurden – unter anderem auf Drängen Österreichs – auch Chemikalien, die sich schädlich auf das Hormonsystem auswirken können integriert, zeigt sich Umweltminister Pröll zufrieden.

Auch wenn bei den im Bürostaub des Umweltressorts gefundenen Schadstoffkonzentrationen nach derzeitigem Kenntnisstand großteils kein unmittelbares Gesundheitsrisiko für die betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gegeben ist, bestätigen die Ergebnisse jedoch einmal mehr, dass in der Chemiepolitik dringender Handlungsbedarf besteht. Das Lebensministerium trägt mit seiner Initiative zum Start der neuen Chemiepolitik im Jahr 1998 und seiner derzeitigen Verhandlungsposition bei REACH zu einer langfristigen Verringerung der Hintergrundbelastung durch Alltagschemikalien bei, zeigt sich Josef Pröll, der beim Sammeln des Bürostaubs in seinem Ressort übrigens auch selber Hand angelegt hatte, überzeugt. Die nächste Verhandlungsrunde zu REACH wird von 28. bis 29. Juni 2004 im EU-Umweltministerrat in Brüssel stattfinden, teilt Pröll abschließend mit.
     
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