Heinz Fischer als Zweiter Nationalratspräsident verabschiedet  

erstellt am
17. 06. 04

Khol: Fischer hat die Republik geprägt
Wien (pk) - Anläßlich der Nationalratssitzungbetraf am Mittwoch (16. 06.) verabschiedete sich der Präsident des Nationalrates, Dr. Andreas Khol, von Dr. Heinz Fischer: "Über 40 Jahre Ihres Lebens waren Sie ein Diener der Republik hier im Parlament; auch ein Symbol dafür, dass in dieser Republik jeder alles werden kann, begonnen als Klubsekretär, heute würde man Klubdirektor sagen, dann Abgeordneter, Klubobmann, Minister, Nationalratspräsident und demnächst Bundespräsident. Sie haben in allen Funktion Ihr Bestes gegeben. Sie haben nicht nur den Nationalrat geprägt, Sie haben auch die Republik geprägt. Man kann heute sagen: Mit großer Sachkunde, großem Arbeitseinsatz - ohne Fleiß gibt es keinen Preis -, und mit einer starken Persönlichkeit habe Fischer von festen Ufern aus – „sein festes Ufer ist und bleibt die Sozialdemokratie“ – immer Brücken gebaut. Dass dieses Haus so funktioniert, wie es funktioniert, und dass bei uns die Abgeordneten nicht aufgehetzt aufeinander los gehen, sondern ein ordentlicher Diskurs geführt wird, auch in Zeiten vor Wahlen, hängt, so Khol, damit zusammen, dass in der Präsidialkonferenz Konsens trotz der verschiedenen legitimen Auffassungen erzielt wird. Fischer habe auch das Haus aus einem Elfenbein-Turm heraus geholt und zu einer Begegnungsstätte gemacht, ist doch das Parlament heute eines der großen Veranstaltungszentren der Republik. Dass nächstes Jahr das von Theophil Hansen erbaute Palais Epstein auch für historische und parlamentarische Zwecke verwendet werden kann, sei auch auf Heinz Fischer zurückzuführen. Fischer sei es immer gelungen, seine Position als Stellvertretender Parteivorsitzender der traditionsreichen Sozialdemokratie trotz mancher Kritik grosso modo mit einer unabhängigen unparteiischen moderaten Vorsitzführung zu verbinden. Nach Renner ist Fischer der Zweite, der vom Parlament aus in die Hofburg übersiedelt, sagte Khol und wünschte ihm viel Glück und viel Erfolg. Mit den Worten: Wir sind überzeugt, dass die Arbeit für unsere Republik Österreich mit großem Erfolg weitergehen wird. Es lebe die Republik Österreich! Vielen Dank, Heinz Fischer!", schloss der Nationalratspräsident seine Rede.

 

Fischer verabschiedet sich nach über 40 Jahren aus dem Parlament
Wien (sk) - Unter Standing Ovations verabschiedete sich der scheidende Zweite Nationalrats- präsident und designierte Bundespräsident Heinz Fischer nach über 40 Jahren Tätigkeit aus dem Parlament. In seiner Abschiedsrede am Mittwoch (16. 06.) im Nationalrat betonte Fischer, dass er in den vier Jahrzehnten im Hohen Haus zu einem "begeisterten Parlamentarier" geworden sei, und dass er sich heute mit einer "gewissen inneren Bewegung" aus dem Haus verabschiedet. "Auf der anderen Seite ist ein Abschied, der mit der Übernahme einer besonders schönen und wichtigen neuen Aufgabe im Zusammenhang steht, und ich freue mich auf diese neue Aufgabe als Bundespräsident unseres Landes", so Fischer. Es sei daher kein Abschied in den Ruhestand, sondern in eine neue wichtige Aufgabe, auf die er sich nicht zuletzt auch deswegen so freue, weil er dadurch die Gelegenheit habe, immer wieder in Kontakt mit dem Parlament zu treten.

Er habe in diesem Haus seit dem 2. Jänner 1962 gearbeitet, erinnerte Fischer. Zuerst als Klubsekretär, anschließend ab 1971 als Abgeordneter. 12 Jahre lang sei er Klubobmann der SPÖ gewesen, weitere 12 Jahre Präsident des Nationalrates. "Auch in den vier Jahren, wo ich als Wissenschaftsminister außerhalb dieses Hauses tätig war, habe ich den Kontakt zum Parlament mit großer Intensität aufrecht erhalten", unterstrich der scheidende Zweite Nationalratspräsident.

Seit seiner Angelobung im Jahr 1971 habe er an 1.331 Plenarsitzungen des Nationalrates teilgenommen, wobei er insgesamt 844 Mitglieder des Nationalrates kennen gelernt hatte. In seiner Funktion als Klubobmann bzw. als Nationalratspräsident hat er an 820 Präsidialsitzungen teilgenommen. In dieser Zeit habe er den österreichischen Parlamentarismus genau kennen gelernt und alle Höhepunkt wie auch Tiefpunkte erlebt.

"Natürlich ist weder unsere Demokratie noch unser Parlamentarismus fehlerlos, weil es den fehlerlosen Parlamentarismus eben so wenig gibt, wie fehlerlose Menschen oder fehlerlose Parteien. Aber eines glaube ich mit Bestimmtheit sagen zu können: Dass sich der österreichische Parlamentarismus im Vergleich mit anderen europäischen Parlamenten nicht verstecken muss", unterstrich der designierte Bundespräsident.

Zum Unterschied zur Ersten Republik habe man in der Zweiten Republik den Weg in die demokratische Normalität gefunden. Dabei sei der in der Demokratie unverzichtbare Pluralismus der Meinungen und Konzeptionen zugleich Ursache für das demokratische Dilemma, wonach die Überzeugung von der Richtigkeit der eigenen Positionen mit der Überzeugung von der Unrichtigkeit anderer Positionen verbunden sein kann, so Fischer.

Für Fischer macht es die Kunst der Demokratie aus, Gegensätze innerhalb der Grenzen der politischen Kultur auszutragen. "Dazu gehört auch, die Zumutbarkeitsgrenzen für alle am politischen Prozess Beteiligten nicht zu überschreiten", unterstrich Fischer. Er hofft, dass man gemeinsam nach tiefer liegenden Wurzeln mancher Zusammenstöße suche. Das gelte auch für die sensibelsten Phasen der österreichischen Geschichte. Die gemeinsame Veranstaltung zum 12. Feber 1934 im heurigen Jahr sei ein guter Beginn gewesen, der nach Fortsetzung rufe.

Fischer ging im Verlauf seiner Rede noch näher auf die politische Kultur ein, indem er darauf hinwies, dass drei der vier im Parlament vertretenen Parteien Regierungs- und Oppositionserfahrungen haben. Auch für die Grünen könnte eine Regierungsbeteiligung eines Tages Realität werden. "Die Schlussfolgerung daraus lautet, dass man jeder österreichischen Regierung zubilligen sollte, auf ihre Art das Beste für Österreich zu versuchen und jeder Opposition zubilligen sollte, auch dann eine für die Demokratie unverzichtbare Aufgabe zu erfüllen, wenn sie Vorstellungen vertritt, die von der Regierungspolitik abweichen."

Neben Danksagungen an seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, an alle Wähler und Abgeordneten, sowie an die Mitglieder der Präsidiale unterstrich Fischer abschließend, "dass wir als Politiker und Parlamentarier der Europäischen Agenda noch mehr Aufmerksamkeit widmen sollten als bisher". Fischer wünscht sich eine bessere Vernetzung der österreichischen Diskurses mit dem Diskurs über europäische Themen. "Da Österreich ein integraler Bestandteil Europas ist, müssen wir österreichisch und europäisch denken und handeln."

"Ich freue mich auf ein Widersehen am 8. Juli, am Tag meiner Angelobung als Bundespräsident, und bin überzeugt, dass wir unserer Heimat, der Republik Österreich und einem friedlichen und demokratischen Europa gemeinsam nach besten Kräften dienen werden", schloss Fischer seine letzte Rede als Angehöriger des Nationalrates.

 

 Molterer: Fischer hat das Hohe Haus nach innen und außen positiv geprägt
Wien (övp-pk) - Gleich zu Beginn seiner Rede zum ersten Tagesordnungspunkt der ersten Sitzung des Nationalrates am Mittwoch (16. 06.) bat ÖVP-Klubobmann Mag. Wilhelm Molterer um Milde, dass er entgegen der parlamentarischen Pflichten nicht zum Abkommen zwischen der Republik Österreich und den USA reden werde. "Sondern ich möchte die Gelegenheit nutzen, um Sie, Herr Dr. Fischer, als Parlamentarier und langjähriger Präsident seitens des ÖVP-Parlamentsklubs zu würdigen. Denn wir wissen, dass diese die letzte Nationalratssitzung ist, der sie als Abgeordneter und Zweiter Präsident des Hohen Hauses beiwohnen."

Es gebe in der Geschichte des Parlaments immer wieder parlamentarische Persönlichkeiten, die das Hohe Haus in besonderer Weise nach innen und nach außen prägen. "Das ist leider nicht immer nur positiv der Fall", erinnerte Molterer an die letzte Sondersitzung. "Aber Ihnen, Herr Dr. Fischer, ist ins Stammbuch mitzugeben, dass Sie eine jener Persönlichkeiten sind, die das Image des Hohen Hauses nach innen und außen positiv geprägt haben. Dafür sagen wir Danke."

Fischer habe dem Hohen Haus - mit dreijähriger Unterbrechung - seit 1971 angehört. "Sie waren 30 Jahre Parlamentarier, 12 Jahre lang Erster Präsident, seit dem Jahr 2000 Zweiter Präsident. Sie haben in diesem Haus auch viel erlebt", erinnerte Molterer daran, dass Fischer in dieser Zeit die SPÖ-Alleinregierung, die SPÖ-FPÖ-Regierung, die SPÖ-ÖVP-Regierung und die ÖVP-FPÖ-Regierung miterlebt habe. "Sie haben als Vollblutparlamentarier diese gesamte parlamentarische Breite nicht nur erlebt, sondern auch gestaltet. Aus dieser vollen Überzeugung des Demokraten haben Sie ein prägendes, positives Bild des österreichischen Parlaments gezeichnet. Sie sind jemand, dem die Würde des Hauses ein besonders Anliegen ist. Diese Würde haben Sie nicht nur persönlich repräsentiert, sondern auch in Ihrer Vorsitzführung in jeder Phase und mit jeder Faser verteidigt."

Als Präsident des Hohen Hauses habe Fischer vor allem ein bleibendes Verdienst: mit der Öffnung und Transparenz des Parlaments für die Bürgerinnen und Bürger habe er das Hohe Haus erlebbar gemacht. "Sie waren ein politischer Präsident, aber dabei stets bemüht, eine objektive Vorsitzführung sicherzustellen."

Seitens der ÖVP bedankte sich Molterer nochmals für diese Arbeit Fischers für die Republik im Parlament. "Ich möchte Ihnen namens des ÖVP-Parlamentsklubs die besten Wünsche für Ihr neues Amt mitgeben, das Sie in wenigen Wochen antreten werden. Ihr Erfolg als Bundespräsident aller Österreicherinnen und Österreicher ist der Erfolg unserer Republik Österreich. In diesem Sinne: Alles Gute für die Zukunft!", schloss Molterer.

 

 Gusenbauer würdigt Fischer als "Inbegriff des Parlamentarismus"
Wien (sk) - Auch wenn Heinz Fischer jetzt in die Hofburg übersiedle, werde sein Herz weiter für den Parlamentarismus schlagen, betonte SPÖ-Vorsitzender und SPÖ-Klubobmann Alfred Gusenbauer am Mittwoch (16. 06.), dem letzten Tag, den der ehemalige Zweite Nationalratspräsident und zukünftige Bundespräsident Heinz Fischer im Parlament verbrachte. Gusenbauer würdigte Fischer als "so etwas wie den Inbegriff des Parlamentariers, des Parlaments und des Parlamentarismus". "Mit Heinz Fischer verlässt uns ein Parlamentarier, der in vielen Funktionen im Parlament tätig war und der mit vielem dazu beigetragen hat, dass das Parlament von heute ganz anders als das Parlament vor 20 Jahren aussieht", wies Gusenbauer auf Fischers Engagement hinsichtlich der Öffnung des Parlaments für Kunst und Kultur, dem Versöhnungsfonds und der Einführung der parlamentarischen Mitarbeiter hin.

"Heinz Fischer steht für seine Bestrebungen, das Parlament zu öffnen - nicht nur für die Besucher, sondern auch für Kunst und Kultur", machte Gusenbauer auf "nur einen von vielen Punkten" aufmerksam, durch den Heinz Fischer das Parlament verändert habe. So sei es ganz zentral auch Heinz Fischer zu verdanken, dass das Parlament bei den Bürgern eine "bedeutend höhere Wertschätzung" habe, als das noch vor 20 Jahren der Fall gewesen sei.

Abschließend machte Gusenbauer darauf aufmerksam, dass Heinz Fischer "der erste Bundespräsident nach langer langer Zeit" sei, der vor seiner Bundespräsidentschaft parlamentarische Praxis gesammelt hat.

 

 Scheibner: "Fischer hat das Hohe Haus geöffnet"
Wien (fpd) - "Seit dem Jahr 1990, seit dem Dr. Fischer Parlamentspräsident ist, konnte auch ich als Abgeordneter seine Amtsführung, manchmal kritisch, manchmal durchaus auch mit Anerkennung verfolgen", meinte FPÖ-Klubobmann Herbert Scheibner am Mittwoch (16. 06.) anlässlich des Ausscheidens von Heinz Fischer aus dem Hohen Haus.

Wenn man selbst der Meinung sei, schon sehr lange in diesem politischen Geschäft zu sein, dann zeige einem ein Blick auf den Lebenslauf Fischers, was eigentlich eine lange, erfahrensreiche, politische Karriere sei. "Er ist 1971 Mitglied dieses Hauses geworden, da war ich gerade acht Jahre alt und hat eine ganze Reihe von Funktionen inne gehabt und diese auch immer politisch ausgeübt", betonte Scheibner.

Wenn man politische Funktionen habe, dann gebe es natürlich auch politische Konflikte, die es auch immer gegeben habe, wahrscheinlich auch in den eigenen Reihen, sicherlich aber mit den anderen Funktionen. Auch das Verhältnis zu unserer Fraktion sei nicht immer friktionsfrei gewesen. Scheibner nannte in diesem Zusammenhang die Entscheidung Fischers einem Teil der freiheitlichen Fraktion im Jahre 1993 den Status eines eigenen Klubs zu geben.

"Das Werk Heinz Fischers als Präsident erkennen wir als freiheitliche Fraktion an. Er hat das Haus geöffnet und hat immer versucht seine Funktion als Präsident - vor allem hier im Parlament - von seiner Funktion als stellvertretender SPÖ-Parteivorsitzender zu trennen. Er war Parlamentarier und hat seine Funktion als Parlamentspräsident auch als Außenwirkung gegenüber der österreichischen Bevölkerung, aber auch gegenüber dem Ausland verstanden", sagte Scheibner.

Der FPÖ-Klubobmann sprach namens der freiheitlichen Fraktion den Dank und Anerkennung für jahrzehntelange Tätigkeit als Parlamentarier aus. Und wünschte dem scheidenden Parlamentspräsidenten im Sinne Österreichs in seiner neuen Funktion als unabhängiger, dynamischer, aktiver Bundespräsident alles Gute.

 

 Van der Bellen: "Dank und der Anerkennung"
Wien (pk*) -
Abgeordneter Dr. Alexander van der Bellen betonte, es sei kein Abschied von Heinz Fischer, „Heinz Fischer bleibt uns erhalten“. Hinsichtlich der Verdienste von Heinz Fischer als Nationalratspräsident schloss er sich seinen Vorrednern an. Bereits 1971 habe er, Van der Bellen, Fischer an der Universität Innsbruck, wo Fischer für die kommenden Firnbergschen Reformen der Universitätsstruktur geworben hat, kennen gelernt. Die nächste Begegnung erfolgte Mitte der achtziger Jahre, als es um eine Studie zur Rüstungskonversion ging, die Heinz Fischer als Wissenschaftsminister trotz des Widerstandes in der eigenen Partei unterschrieben habe. Dann habe er ihn als Präsident des Nationalrates erlebt. In dieser Zeit haben wir „sehr, sehr positive Erfahrungen“ mit Heinz Fischer als unparteiischen, fairen Leiter dieses Hauses, als hervorragenden Kenner der Geschäftsordnung, als Kenner von Präzedenzfälle und als einen taktvollen Mahner bei den Sitzungen kennen gelernt, unterstrich der Klubobmann. Heinz Fischer habe es mit den Grünen aber nicht immer leicht gehabt: So soll etwa Petrovic mit einer Tierschutzorganisation bei Heinz Fischer gewesen sein und einem der Hunde sei dort ein kleines „Missgeschick“ passiert. Die Grünen planen nicht, in der Hofburg ähnliche Ereignisse zu duplizieren, versprach der Redner. Mit Worten des Dankes und der Anerkennung für die vielen Jahre der Präsidentschaft schloss Van der Bellen seine Ausführungen.

* von den Grünen war keine Meldung verfügbar, wir haben daher den Text der
   Parlamentskorrespondenz übernommen
        
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