Ökumenischer Patriarch betont im Stephansdom Bedeutung des Dialogs  

erstellt am
22. 06. 04

Bei Besuch am Grab Kardinal Königs küsste Bartholomaios I. das Bild des verstorbenen Alterzbischofs wie eine Ikone
Wien (stephanscom.at) - Ein Bekenntnis zum Dialog legte Patriarch Bartholomaios I. am Sonntagabend (20. 06.) im Wiener Stephansdom bei einer feierlichen ökumenischen Vesper ab. Gemeinsam mit Kardinal Christoph Schönborn hatte der Ökumenische Patriarch die Ikone von Maria Pocs - eines der am meisten verehrten Marienbilder Wiens - in den Altarraum des Doms geleitet. Im Anschluss an den Vespergottesdienst besuchte Bartholomaios I. in Begleitung des Wiener Erzbischofs, aller anwesenden Bischöfe der verschiedenen Kirchen und des Domkapitels das Grab von Kardinal Franz König. Der Patriarch küsste das Bild Kardinal Königs wie eine Ikone; bereits in seiner Predigt hatte Bartholomaios I. König als "Mann des Dialogs, der Versöhnung und der Wiederherstellung der kirchlichen Einheit" gewürdigt. In "visionärer Weise" habe Kardinal König 1964 die Stiftung "Pro Oriente" gegründet, die ökumenische Arbeit mit "bleibender und nachhaltiger Bedeutung" leiste. Wörtlich sagte der Patriarch: "Wir haben Kardinal König geliebt und geschätzt, er wird uns unvergesslich bleiben".

Das Ökumenische Patriarchat verstehe die Bedürfnisse der Menschen und ihr Anliegen, den richtigen Weg zur Gotteserkenntnis zu finden, betonte Bartholomaios I. in seiner Predigt. Deshalb nehme das Patriarchat intensiven Anteil an den Dialogen der getrennten Christen. Bei der Durchführung dieser Dialoge sei viel "Geduld und Anstrengung" notwendig, denn im Lauf der Zeit hätten die "gleichen Begriffe unterschiedliche Bedeutung" bekommen. Wichtiger als die verstandesmäßige Übereinstimmung sei aber, dass sich "die Herzen treffen". Bartholomaios I.: "Wir benötigen Offenheit, gegenseitigen Respekt, Vermeidung des Fanatismus, Gebet zu Jesus, dass er unsere Herzen öffnet, damit wir einander in Liebe und im Geist der Wahrheit verstehen".

Die Kirche sei "keine menschliche Organisation frommer Menschen, die um ihre moralische Vervollkommnung kämpfen", betonte der Ökumenische Patriarch. Vielmehr sei sie das "große Fest der Verbundenheit zwischen Himmel und Erde, der irdischen und der himmlischen Welt, der Lebenden und der Toten". Diese Kirche sei die "Kirche aller Völker", die "den dreieinen Gott lobpreisen und die Theologie der Erfahrung leben".

Klarstellungen traf Bartholomaios I. auch im Hinblick auf den interreligiösen Dialog: Dabei gehe es nicht darum, die Religionen zu vermischen, sondern um "die richtige Kommunikation und eine friedliche Koexistenz". Das Ziel könne auch die Feststellung sein, "dass der Unterschied der Religionen kein Grund zum Fanatismus und zum Krieg sein muss".

Dialogbereitschaft gelte aber auch allen Menschen guten Willens, unterstrich der Ökumenische Patriarch: "Wir bemühen uns, ihnen zu helfen, konkrete Probleme zu lösen". Das Ökumenische Patriarchat wolle dem zeitgenössischen Menschen dienen, "unabhängig davon, wie viele Anstrengungen erforderlich sind". Bartholomaios I., der wegen seines Eintretens für die Bewahrung der Schöpfung auch als "grüner Patriarch" bezeichnet wird, erinnerte daran, dass für die Christen die Natur Schöpfung Gottes ist: "Leider schätzen die zeitgenössischen Menschen das nicht, sie beuten die Schöpfung aus, um materiellen Profit zu gewinnen. Wir aber achten auf die Natur, so wie die Heiligen es tun, weil sie das Werk Gottes ist".
     
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