Dollfuß-Gedenken: "Wir beten um Versöhnung in Österreich"  

erstellt am
26. 07. 04

Heiligenkreuzer Abt Gregor Henckel-Donnersmarck feierte in Wien Gedenkgottesdienst für den vor 70 Jahren von nationalsozialistischen Putschisten ermordeten Bundeskanzler
Wien (stephanscom.at) - "Wir beten um Versöhnung in Österreich und Europa", betonte der Heiligenkreuzer Abt Gregor Henckel-Donnersmarck am Sonntagabend in der Wiener Michaelerkirche bei einem Gedenkgottesdienst für den vor 70 Jahren von nationalsozialistischen Putschisten ermordeten Bundeskanzler Engelbert Dollfuß. Henckel-Donnersmarck unterstrich, dass Dollfuß das Spannungsverhältnis von Autorität und Demokratie in einer Weise lösen wollte, die nicht akzeptabel sei. Der Abt erwähnte auch den Schatten der von Dollfuß zu verantwortenden Todesurteile gegen sozialdemokratische "Schutzbündler" im Bürgerkrieg vom Februar 1934. Zugleich müsse man aber feststellen, dass Dollfuß ein "ehrliches Anliegen" vertrat, dass er die soziale Not überwinden wollte und als "Märtyrer gegen die verbrecherische Narretei des Nationalsozialismus" starb.

Henckel-Donnersmarck erinnerte in diesem Zusammenhang daran, dass Dollfuß und den Seinen keine Beteiligung am "blutigen Antisemitismus, der schlimmsten Verirrung des 20. Jahrhunderts" angelastet werden könne. Kardinal Schönborn habe vor zehn Jahren bei der Gedenkmesse zum 60. Todestag des Kanzlers auf die positive Würdigung von Dollfuß aus jüdischer Sicht verwiesen.

Eindringlich appellierte der Heiligenkreuzer Abt: "Seien wir keine Besserwisser; beten wir für alle, die Verantwortung tragen". Heute gehe es darum, "im Wissen um die Geschichte" versöhnt in die Zukunft zu gehen.

Zu dem Gottesdienst hatte das "Karl-von-Vogelsang-Institut zur Erforschung der Geschichte der christlichen Demokratie in Österreich" eingeladen. Unter den Teilnehmern des Gottesdienstes waren u.a. der frühere Vizekanzler Alois Mock und Fürst Karl Schwarzenberg.

Mehrere Gottesdienstteilnehmer übten Kritik daran, dass eine Protestveranstaltung der Sozialistischen Jugend unmittelbar vor dem Eingangstor der Michaelerkirche - und nicht in entsprechender Distanz - stattfinden konnte.
     
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