Kreditwirtschaft warnt vor neuen Belastungen für Banken und Konsumenten  

erstellt am
21. 10. 04

Wien (pwk) - Österreichs Kreditwirtschaft und Konsumenten drohen neue Belastungen: Nach einer Empfehlung der FATF (OECD-Arbeitsgruppe zur Bekämpfung der internationalen Geldwäscherei) beabsichtigt die EU-Kommission, in Kürze eine Verordnung vorzulegen, wonach man bei Bareinzahlungen seine Identität nachweisen muss, wenn man bei der betreffenden Bank kein Konto hat. Die Folgen dieser "Sonderempfehlung VII" der FATF werden derzeit heftig diskutiert.

Eine Verpflichtung zur Identifikation bei allen Bareinzahlungen, die nicht von einem Konto erfolgen, wären für Banken und Kunden mit einem hohen bürokratischen Aufwand verbunden. Die Auswirkungen würden insbesondere bei Kleinzahlungen ("Micropayments", die unter einem Grenzwert von 100 Euro liegen) weit über die Kreditwirtschaft hinaus reichen, warnt der Geschäftsführer der Bundessparte Bank und Versicherung der Wirtschaftskammer Österreich, Dr. Herbert Pichler.

Daher hat sich die Kreditwirtschaft mit Unterstützung des Finanzministeriums seit Monaten für die Einführung einer sinnvollen Bagatellgrenze eingesetzt, unter der diese Identifikation jedenfalls entfallen könnte, betont Pichler. Zur Unterstützung dieser Bemühungen hat die Bundeskreditsparte das Beratungsunternehmen Capgemini mit einer Untersuchung beauftragt, die kostenmäßigen Auswirkungen dieser diskutierten Maßnahmen darzustellen.

Pichler: "Eine Verpflichtung zur Identifikation bei allen Bareinzahlungen, die nicht von einem Konto erfolgen, wären für Banken und Kunden mit einem hohen bürokratischen Aufwand verbunden."

Die heute, Mittwoch, von Capgemini-Geschäftsführer Mag. Peter Laggner gemeinsam mit Dr. Pichler in einer Pressekonferenz vorgestellte Studie untermauert die Befürchtung der Kreditwirtschaft, dass eine Umsetzung der Sonderempfehlung VII einen erheblichen Mehraufwand - je nach tatsächlicher Ausgestaltung der einzelnen Maßnahmen - mit sich bringt. Allein zur Identifikation der Auftraggeber von Zahlungsaufträgen entstehen, so Laggner, laufende jährliche Kosten von 75,2 Millionen Euro. (Dieser Aufwand würde sich allerdings bei einer angenommenen Grenze von 100 Euro um rund zwei Drittel auf 25,7 Millionen Euro reduzieren).

Insgesamt kostet die Umsetzung der Sonderempfehlung (Summe der Einmalinvestitionen und der laufenden Kosten, ohne Bagatellgrenze) im ersten Betriebsjahr 108,5 Millionen Euro. Für fünf Jahre wird ein Aufwand von 437 Millionen Euro errechnet.

"Es kann nicht sein, dass wir im Zahlungsverkehr - wo alle Transaktionen möglichst rasch und günstig ablaufen sollen - ständig mit neuen Auflagen konfrontiert werden", unterstreicht Pichler. "Österreichs Banken haben mehrfach ihr Bekenntnis zur Mitarbeit bei allen Maßnahmen gegen die internationale Geldwäsche unter Beweis gestellt. Deshalb werden wir uns an den Maßnahmen beteiligen, sind aber dafür, eine sinnvolle Grenze einzuziehen".

"Wir sind ständig bemüht, den im Vergleich zu anderen europäischen Ländern sehr hohen Leistungsstandard im privaten Zahlungsverkehr weiter zu verbessern, wobei das Preis-Leistungsverhältnis für Bankkunden in Österreich günstiger ist als in den meisten anderen Ländern. Ständig neue Auflagen, wie die geplante EU-Verordnung, sowie ein unter dem Titel Neuer Rechtsrahmen für den Zahlungsverkehr diskutiertes Belastungspaket erschweren allerdings diese Bemühungen, fasst Pichler zusammen.

Die internationale Diskussion über die Einführung des geforderten Schwellenwertes - bei der Österreich von anderen Ländern allerdings wenig Unterstützung erhält - läuft in diesen Tagen auf Expertenebene in Paris. Der offizielle Entwurf der Verordnung, der ursprünglich bereits für September angekündigt war, ist nun für Anfang September zu erwarten.

Die FATF (Financial Action Task Force) wurde 1989 am G-7 Gipfel in Paris als unabhängige Organisation zur Geldwäsche-Bekämpfung ins Leben gerufen. Heute umfasst die FATF 31 Länder und zwei Organisationen, darunter die wichtigsten Finanzzentren Europas, Nord- und Südamerikas sowie Asiens. Die FATF hat bisher 40 Empfehlungen und 8 Sonderempfehlungen zur Verhinderung von Terrorismusfinanzierung und organisierter Geldwäsche verabschiedet. Der Inhalt dieser Empfehlungen fließt regelmäßig in die Gesetzgebung der FATF-Mitgliedsstaaten und somit auch in das EU-Gemeinschaftsrecht ein. Die Sonderempfehlung VII ("Wire Transfer") zielt darauf ab, die Möglichkeiten der Terrorfinanzierung einzuschränken bzw. verdächtige Zahlungsströme nachzuverfolgen und mögliche verdächtige Personenkreise zu identifizieren.
     
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