Kommission bewertet aktualisiertes österreichisches Stabilitätsprogramm (2003-2007)  

erstellt am
12. 01. 04

Brüssel (eu.int) - Die Europäische Kommission hat heute eine Empfehlung an den Rat zum aktualisierten österreichischen Stabilitätsprogramm für den Zeitraum 2003 - 2007 beschlossen, das am 18. November 2003 vorgelegt wurde. Dies entspricht der Verordnung des Rates über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken.

Gemäß den plausibel erscheinenden Projektionen des Programms wird sich das Wirtschaftswachstum von 0,9% im Jahr 2003 auf rund 2½% ab dem Jahr 2005 beschleunigen, so dass im Zeitraum 2003-2007 eine durchschnittliche jährliche Wachstumsrate von 2,0% erzielt wird. Die öffentliche Finanzlage verschlechterte sich im Jahr 2003 beträchtlich von einem nahezu ausgeglichenen Haushalt auf ein projiziertes Defizit von mindestens 1,0% des BIP. Die Wachstumsverlangsamung war nur zum Teil für diesen Defizitanstieg verantwortlich, der vor allem durch diskretionäre Maßnahmen verursacht wurde. In der Fortschreibung des Stabilitätsprogramms werden für den gesamten Programmzeitraum Defizite projiziert, die in drei der fünf Jahre 1% des BIP überschreiten. Insbesondere wird für 2005 mit einem deutlichen Anstieg des Defizits gerechnet, da die geplante erhebliche Steuerentlastung nur zum Teil von einer entsprechenden Ausgabenzurückhaltung begleitet sein wird. Nach der Aufwärtsrevision der Zahlen für 2001 und 2002 dürfte die Schuldenquoten den neuesten Projektionen zufolge erst bis 2007 unter den Referenzwert von 60% zurückgeführt werden. Auf der Grundlage der Empfehlung der Kommission dürfte der Rat am [20. Januar] eine förmliche Stellungnahme zum aktualisierten österreichischen Stabilitätsprogramm abgeben.
Die Empfehlung der Kommission wurde auf Initiative des für Wirtschaft und Währung zuständigen Kommissionsmitglieds Pedro Solbes beschlossen.
Die wichtigsten Schlussfolgerungen der Kommission zur Fortschreibung des österreichischen Stabilitätsprogramms lauten:

  • Das makroökonomische Szenario, von dem ausgegangen wird, beruht auf der Annahme, dass sich das jährliche BIP-Wachstum von 0,9% im Jahr 2003 auf 2½% im Jahr 2005 und den Folgejahren beschleunigt, so dass sich bezogen auf den gesamten Programmzeitraum ein durchschnittliches Wachstum von 2,0% ergibt. Das makroökonomische Szenario der Fortschreibung erscheint im Großen und Ganzen plausibel, dürfte jedoch etwas optimistisch sein.
  • Die Fortschreibung des Stabilitätsprogramms hält an den Haushaltszielen des vorigen Programms fest. Für den gesamten Programmzeitraum sind Defizite projiziert; diese werden voraussichtlich in drei der fünf Jahre 1% des BIP überschreiten, so dass sie im Durchschnitt der Jahre 2003-2007 bei 1,0% des BIP liegen dürften. Die Defizitvorausschätzungen beruhen auf der unveränderten Haushaltsstrategie, erhebliche strukturelle Einsparungen in Verbindung mit umfangreichen Steuersenkungen zu erreichen, und so die Abgabenquote bis zum Jahr 2006 von ihrem Spitzenwert - 45,4% im Jahr 2001 - auf 43% des BIP zu senken.
  • Für 2003 wird den Projektionen der Fortschreibung zufolge eine zunehmend angespannte öffentliche Finanzlage zu verzeichnen sein. Das im Jahr 2002 verzeichnete geringfügige Defizit von 0,1% des BIP wird sich voraussichtlich auf 1,3% des BIP im Jahr 2003 erhöhen, eine Entwicklung, die nur zum Teil auf die Wachstumsverlangsamung zurückzuführen sein dürfte. Im Lichte der bis Ende November verfügbaren Zahlen schließt die Kommission in ihren Berechungen nicht aus, dass das Defizitergebnis im Jahr 2003 geringer als veranschlagt ausfallen könnte.
  • - Nach einer vorübergehenden Verbesserung im Jahr 2004 wird bedingt durch umfangreiche Einkommensteuersenkungen mit einem deutlichen Anstieg des Defizits auf 1,5% im Jahr 2005 gerechnet. Danach wird sich das Defizit voraussichtlich allmählich auf 1,1% des BIP im Jahr 2006 und 0,4% des BIP bis 2007 verringern. Wegen des diskretionären Charakters der das steuerliche Ergebnis beeinflussenden Faktoren folgt das konjunkturbereinigte Defizit der Entwicklung der nominalen Zahlen und verbessert sich erst 2007 um den nötigen ½ Prozentpunkt auf 0,5% des BIP.
  • - Der haushaltspolitische Kurs des aktualisierten Programms sollte einen ausreichenden Spielraum lassen, um zu verhindern, dass die Defizitobergrenze von 3% des BIP bei einem normalen Konjunkturabschwung überschritten wird. Jedoch dürfte das Ziel eines nahezu ausgeglichenen Haushalts unter vernünftigen makroökonomischen und haushaltspolitischen Annahmen im Programmzeitraum nicht erreicht werden. Auch wenn sich die makroökonomischen Abwärtsrisiken und die Wahrscheinlichkeit eines besseren als des für 2003 erwarteten Haushaltsergebnisses, dessen positive Auswirkungen in den Folgejahren spürbar werden dürften, die Waage halten dürften, sind die Risiken bezüglich der erwarteten Einsparungen auf Bundesebene und der Überschüsse auf den unteren staatlichen Ebenen nicht unerheblich. Sollten die angekündigten Ausgabenkürzungen nur teilweise durchgesetzt oder nicht wir geplant realisiert werden, so könnte sich vor allem die geplante vorübergehende Abweichung von dem mittelfristigen Zielwert verstetigen.
  • Um ein derartiges Risiko zu vermeiden, sollte die geplante Steuerreform von einer weiteren Ausgabenzurückhaltung begleitet sein. Dies würde Österreich in die Lage versetzen, schneller als vorgesehen wieder zu einem nahezu ausgeglichenen Haushalt zurückzukehren. Außerdem ist eine erheblich stärkere Rückführung der Ausgaben auf regionaler und lokaler Ebene erforderlich. Die bisherigen Erfahrungen haben gezeigt, dass eine riskante Strategie gefahren wird, wenn die Steuern gesenkt werden, ohne gleichzeitig eine angemessene Ausgabenzurückhaltung sicherzustellen.
  • Der öffentliche Bruttoschuldenstand wird voraussichtlich von 66,7% des BIP im Jahr 2002 auf unter 59,9% im Jahr 2007 abgesenkt werden. Diese Vorausschätzung hängt entscheidend von optimistischen Annahmen bezüglich des BIP-Wachstums und beträchtlichen Erlösen aus den geplanten Privatisierungen ab. Sollte einer dieser Faktoren auch nur geringfügig hinter den Erwartungen zurückbleiben, so würde die Schuldenquote auch noch im Jahr 2007 oberhalb des Referenzwertes verharren.
  • Nach der Rentenreform von 2003 befindet sich Österreich offensichtlich in einer beträchtlich besseren Ausgangsposition, um die durch die Bevölkerungsalterung entstehenden Haushaltsbelastungen aufzufangen. Diese Einschätzung muss jedoch durch die tatsächlichen Entwicklungen bestätigt werden. Erstens gehen die Projektionen von einer reformbedingten starken Erhöhung der Erwerbsquoten aus. Zweitens macht die Deckelung der Einbußen bei den Rentenleistungen im Vergleich zur vorherigen Situation die langfristigen budgetären Auswirkungen eher ungewiss. Außerdem werden die entlastenden Auswirkungen auf die öffentlichen Finanzen durch eine unverhältnismäßig lange Übergangszeit für die Aufhebung der Regelung zur vorzeitigen Pensionierung unnötig verzögert.
  • Die in der Fortschreibung dargelegten wirtschaftspolitischen Maßnahmen sind nur zum Teil mit den in den Grundzügen der Wirtschaftspolitik enthaltenen Empfehlungen vereinbar. So wird eine "nahezu ausgeglichene konjunkturbereinigte Haushaltsposition" nur teilweise erreicht. Außerdem wird im Jahr 2005 die generelle Vorgabe, "eine prozyklische Politik zu vermeiden", nicht beachtet. Auch wenn die geplante Reduzierung der hohen Abgabenbelastung grundsätzlich ein angemessener Schritt ist, um die Angebotsbedingungen wachstumsfreundlicher zu gestalten, sollte eine Reduzierung der Einnahmen von einer entsprechenden Ausgabenzurückhaltung begleitet sein. Bezüglich der Länder und Gemeinden gibt es in der Fortschreibung keinerlei Angaben zu den "strukturellen Einsparungen (auch) auf den unteren staatlichen Ebenen", die gehalten sind, dauerhaft Überschüsse zu erzielen.

Nach dem vom Europäischen Rat im Juni 1997 in Amsterdam beschlossenen Stabilitäts- und Wachstumspakt müssen die an der Eurozone teilnehmenden Länder jährlich aktualisierte Stabilitätsprogramme vorlegen. Diese Programme geben Aufschluss darüber, wie die Länder die Ziele des Pakts, und insbesondere das Ziel eines nahezu ausgeglichenen Haushalts oder Haushaltsüberschusses erreichen wollen.

     
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