Neue Bundesverfassung darf keine finanzielle Einbahnstraße werden  

erstellt am
21. 01. 04

Linz (lk) - Dem Entwurf der Länderarbeitsgruppe zum Österreich-Konvent, der an alle Landeshauptleute ergangen ist, hat Landeshauptmann Dr. Josef Pühringer seine Zustimmung gegeben. "Der Vorschlag der Arbeitsgruppe ist aus meiner Sicht zu unterstützen, da er sich am Subsidiaritätsprinzip und am partnerschaftlichen Prinzip orientiert", erklärt Pühringer.

"Die Neugestaltung der österreichischen Bundesverfassung darf nicht zu einer finanziellen Einbahnstraße werden, sondern muss eine einvernehmliche und sachgerechte Aufteilung der Finanzmittel voraussetzen", unterstreicht Pühringer. Der Entwurf von Dr. Franz Fiedler würde insbesondere im Bereich des Stabilitätspaktes das partnerschaftliche Prinzip aufgeben. Im Länderpapier ist daher ein Zustimmungsrecht des Bundesrates bzw. von mindestens sieben Ländern für Bundesgesetze vorgesehen, die wesentliche finanzielle Folgen für die Länder nach sich ziehen, wie zum Beispiel Steuerreformgesetze oder auch das Finanzausgleichsgesetz.

Die Frage der Aufgabenverteilung zwischen Bund und Ländern sei trotz der grundsätzlich positiven Schaffung abgerundeter Kompetenzfelder im Fiedler-Entwurf nicht zufriedenstellend gelöst, da die einzelnen Kompetenzfelder erst aufwändig interpretiert werden müssen. Das Länderpapier schlägt daher vor, die Kompetenzfelder in der künftigen Verfassung durch ein sogenanntes Kompetenzzuordnungsgesetz oder durch eine Vereinbarung zwischen Bund und Ländern inhaltlich zu definieren und abzugrenzen. Dadurch solle mehr Klarheit, aber auch politische Flexibilität bei der Kompetenzzuteilung erreicht werden, erläutert Pühringer.

"Die Länder sind bereit, sinnvolle Kompetenzergänzungen in ihrem Bereich vorzunehmen. Entscheidend ist jedenfalls, dass sich die Kompetenzverteilung an den Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger und am Subsidiaritätsprinzip orientiert", so Pühringer.

Beiliegend die Vorschläge der Länder für die Formulierung und Zuordnung von Kompetenzfeldern:

Vorschläge der Länder für die Formulierung und Zuordnung von Kompetenzfeldern

Art. X1 Ausschließliche Bundesgesetzgebung
Ausschließliche Zuständigkeit des Bundes ist die Gesetzgebung in folgenden Angelegenheiten:
1. Bundesverfassung;
2. Auswärtige Angelegenheiten des Bundes;
3. Bundesfinanzen;
4. Statistik für Zwecke des Bundes;
5. Organisation und Dienstrecht des Bundes;
6. Staatsbürgerschaft, Personenstandswesen und Aufenthalt;
7. Geldwirtschaft und Kapitalverkehr;
8. Wahrung der äußeren Sicherheit;
9. Wahrung der inneren Sicherheit, soweit sie nicht unter Art. X2 fällt;
10. Zivilrechtswesen, Justizpflege und Justizstrafrecht;
11. Kartellwesen und Wettbewerbsrecht;
12. Wirtschaftliche Schutzrechte;
13. Verkehr, soweit er nicht unter Art. X2 fällt;
14. Arbeitsrecht;
15. Sozialversicherungswesen;
16. Datenschutz, Medien und Nachrichtenübertragung;
17. Kirchen- und Religionsgemeinschaften;
18. Kulturelle Einrichtungen des Bundes;
19. Normung, technische Standardisierung und Typisierung;
20. Gesundheitswesen, soweit es nicht unter Art. X2 fällt;
21. Gewerbe und Industrie;
22. Wirtschaftslenkung und Angelegenheiten der gemeinsamen Agrarpolitik, Tierschutz;
23. Universitäten, Schulwesen, soweit es nicht unter Art. X2 oder Art. X3 fällt.

Art. X2– Ausschließliche Landesgesetzgebung
Ausschließliche Zuständigkeit der Länder ist die Gesetzgebung in folgenden Angelegenheiten:
1. Landesverfassung;
2. Auswärtige Angelegenheiten der Länder;
3. Landesfinanzen;
4. Statistik für Zwecke der Länder und Gemeinden;
5. Organisation des Landes und der Gemeinden;
6. Dienstrecht des Landes und der Gemeinden;
7. Katastrophenhilfe, Feuerwehr und Rettungswesen;
8. Veranstaltungen und örtliche Sicherheit;
9. Organisation der regionalen und örtlichen Gesundheitsdienste und Bestattungswesen;
10. Kindergärten, Kinderbetreuung, Horte[Variante: , Pflichtschulwesen] (*);
11. Straßenrecht und öffentliches Wegerecht mit Ausnahme von Bundesstraßen;
12. Baurecht;
13 Öffentliches Wohnungswesen und Wohnbauförderung;
14. Natur- und Landschaftsschutz;
15. Sport und Tourismus;
16. Kulturelle Angelegenheiten der Länder;
17. Raumordnung und Bodenschutz;
18. Landwirtschaft, soweit sie nicht unter Art. X1 fällt, Jagd und Fischerei und Bodenreform;
17. Landwirtschaftliches Schulwesen;
20. Jugendfürsorge und Jugendschutz, Sozial- und Behindertenhilfe;
21. Erwachsenenbildung und andere außerschulische Bildungsformen.

Art. X3– Gemeinsame Gesetzgebung
Soweit bundeseinheitliche Wirkungen und Maßnahmen erforderlich sind, deren Ziele von den Ländern nicht ausreichend erreicht werden können und deshalb ein Bedarf nach Erlassung bundeseinheitlicher Vorschriften besteht, können Angelegenheiten, die weder unter Art. X1 noch unter Art. X2 fallen, im notwendigen Ausmaß durch Bundesgesetz geregelt werden. Im Übrigen sind die Länder in der Regelung frei.

Dazu zählen insbesondere folgende Angelegenheiten:

1. [Variante: Pflichtschulwesen] (*),
2. Umweltschutz, soweit er nicht in die Zuständigkeit der Länder fällt;
3. Elektrizitätswesen;
4. Heil- und Pflegeanstalten;
5. Abfallwirtschaft;
6. Pflanzenschutz;
7. Kulturgüterschutz.

In Angelegenheiten des Verwaltungsverfahrens können in den die einzelnen Gebiete der Verwaltung regelnden Bundes- oder Landesgesetzen abweichende Regelungen nur getroffen werden, wenn sie zur Regelung des Gegenstandes erforderlich sind.

(*) Im Anhang ausgewiesene Varianten weisen darauf hin, dass die endgültige Zuordnung der Gesetzgebungskompetenz auch von der Zuordnung und Ausgestaltung der Vollziehungskompetenz abhängt.
     
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