Bildungspolitik / Elite-Universitäten  

erstellt am
19. 01. 04

Gehrer: Startschuss für Errichtung einer Spitzenforschungseinrichtung mit Graduiertenausbildung erfolgt
Finanzierung unabhängig vom Budget bestehender Universitäten
Wien (bm:bwk) - Anlässlich der ersten Sitzung der Arbeitsgruppe zur Entwicklung des Konzeptes für eine österreichische Spitzenforschungseinrichtung mit Graduiertenausbildung hob Bildungsministerin Elisabeth Gehrer hervor, dass unter allen Mitgliedern der Arbeitsgruppe Einigkeit besteht, dass eine solche Einrichtung eine positive „Leuchtkraft“ für die Forschung in Österreich hätte.

„Nach der heutigen Sitzung stellt sich nicht mehr die Frage ob, sondern wie eine solche ‚University of Excellence’ realisiert werden soll“, betonte Gehrer. Fest steht jedenfalls, dass die Entwicklung einer Spitzenforschungseinrichtung mit Graduiertenausbildung gemeinsam mit den bestehenden Universitäten erfolgen wird und die Finanzierung dieser unabhängig vom Budget der Universitäten, also mit „frischem Geld“, sichergestellt werden muss.

„Es wird Aufgabe der Arbeitsgruppe sein, Zusammenarbeitsmodelle mit den Universitäten und den Exzellenzzentren der Österreichischen Akademie der Wissenschaften zu entwickeln. Die neue Einrichtung soll eine Leuchtturmfunktion haben, die über die österreichischen Grenzen hinausstrahlt“, so Gehrer. Das neue Universitätsgesetz ist mit 1. Jänner 2004 voll in Kraft getreten. Die Universitäten sind bei der Implementierung des neuen Gesetzes auf einem guten Weg. Die Errichtung einer Spitzenforschungseinrichtung darf jedenfalls die erfolgreiche Umsetzung der Universitätsreform nicht gefährden.

Nun geht es um eine schnelle Umsetzung: Bis 30. Juni 2005 soll ein realisierbarer Plan für die Errichtung der neuen Institution vorliegen. Dieser Plan wird wichtige Eckpunkte wie die Rechtsform, den Namen, den Standort, die Finanzierung und die Zusammenarbeit mit bestehenden Universitäten beinhalten.

 

 Broukal: Unis kein Geld wegzunehmen, ist zu wenig
Universitäten dürfen nicht auf Kosten einer Elite-Uni ausgehungert werden
Wien (sk) - "Den Unis kein Geld wegnehmen zu wollen, ist zu wenig: Die Zusicherung von Ministerin Gehrer, bei der Errichtung einer Elite-Universität den Unis kein Geld wegnehmen zu wollen, reicht bei weitem nicht. Im Gegenteil - erst wenn die Forderung der Rektoren nach einem 100-Millionen-Euro-Notpaket für die Universitäten erfüllt ist und die zusätzlich für die Sanierung der Universitätsgebäude dringend benötigten 600 Millionen Euro am Tisch liegen, kann ich an das Projekt einer sogenannten 'Elite-Uni' glauben", erklärte SPÖ-Wissenschaftssprecher Josef Broukal am Dienstag (18. 01.) gegenüber dem Pressedienst der SPÖ.

Die SPÖ sei gegenüber einer international ausgerichteten Forschungseinrichtung durchaus aufgeschlossen - "das macht Sinn" -, die bloße Ankündigung Gehrers, wegen der Finanzierung einer solchen Einrichtung den Unis kein Geld wegnehmen zu wollen, mache aber hellhörig und sei zu wenig. Tatsache sei, dass das prestigeträchtige Projekt einer Elite-Uni nicht auf Kosten der bestehenden Universitäten gehen dürfe. "Die Unis brauchen die 100 Millionen Euro dringend. Bisher hat ihnen Gehrer noch nicht einmal dies zugesagt", so Broukal abschließend.

 

 Brinek: Broukal vermischt Zukunftsidee mit Gebäudesanierung
Finanzierung der Sanierung der Universitätsgebäude über Mietzinszahlungen sichergestellt
Wien (övp-pk) - Josef Broukal habe die Idee der "Spitzenuniversitäten" in "unsachgemäßen Zusammenhang" mit der Sanierung der Universitätsgebäude gestellt, erklärte ÖVP-Wissenschaftssprecherin Dr. Gertrude Brinek am Dienstag (18. 01.). "Der SPÖ-Wissenschaftssprecher vermischt damit eine Zukunftsidee mit der sichergestellten Gebäudesanierung", so Brinek. Broukal dürfte es entgangen sein, dass die "Zeiten des staatlichen Hochbaus" schon vor Jahren zu Ende gegangen seien. Tatsache sei nämlich, dass die Universitäten Mieter der von ihnen genutzten Gebäude sind und einen Anspruch darauf haben, dass ihr Vermieter entsprechende Baumaßnahmen setzt.

Die ÖVP-Wissenschaftssprecherin stellte auch klar, dass der im Einvernehmen mit der Rektorenkonferenz erhobene Bauaufwand für den Sanierungsbedarf der Universitäten rund 600 Millionen Euro für die nächsten zehn Jahre betrage. Dies bedeute einen durchschnittlichen jährlichen Aufwand von 60 Millionen Euro. Die Universitäten hätten jedoch in den letzten Jahren entsprechende Mieten an die Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) bezahlt und würden daher auch in Hinkunft im Rahmen ihrer Mietzinszahlungen in wirtschaftlich sinnvoller Weise die Finanzierung der Baumaßnahmen sicherstellen. "Es müssen daher nicht 600 Millionen Euro 'auf den Tisch gelegt werden', wie Broukal meint", so Brinek. Der SPÖ- Wissenschaftssprecher solle sich nicht auf die Sanierungsmaßnahmen im Universitätsbereich ausreden, wenn er das Projekt der "Spitzenuniversitäten" in Frage stellen wolle.

 

Finanzierung einer Eliteuni unabhängig von Uni-budget wenig glaubwürdig
Grünewald: Selbst teilweise Fremdfinanzierung wird Situation der Unis verschlechtern
Wien (grüne) - "Den Universitäten fehlen derzeit nachweislich 100 Millionen Euro zur Behebung der essentiellsten Defizite und der für die Grundlagenforschung zuständige FWF kann aus Geldmangel nur mehr 20 % aller positiv bewerteten Forschungsprojekte bewilligen. Angesichts dieser Tatsachen ist die Aussage von Bildungsministerin Gehrer, dass die Finanzierung einer Eliteuniversität unabhängig vom Budget der Universitäten, also sichergestellt werden müsse, wenig glaubwürdig", so Kurt Grünewald, Wissenschaftssprecher der Grünen. Wenn selbst Anton Zeilinger und der Rat für Forschung und Technologie von einem klaren budgetären Mehrbedarf (jährliche leistungsorientierte Ausweitung der Finanzmittel um 10 %) sprechen, fragt sich jeder, woher denn das zusätzliche Geld für eine Eliteuniversität kommen soll.

Selbst bei teilweiser Fremdfinanzierung wird das Geld den Universitäten abgehen und das kann nur zu einer Verschlechterung der ohnehin oft tristen Situation an den Universitäten führen. "Solange Forschungsmittel für Forschungsinfrastrukturverbesserungen und Grundausstattungen umgelenkt werden müssen, hat Gehrer Erklärungsbedarf", so Grünewald.

"Aus dem Kreis der Universitäten und Forschungsförderungsgesellschaften, ja auch von mehreren Rektoren und ÖVP-nahen Wissenschaftern wurden Bedenken gegen die Errichtung einer zentralen Eliteuniversität hinlänglich geäußert. Das interessiert Gehrer scheinbar nicht. Auch die alternativen Vorschläge, Spitzeninstitute der Universitäten und ihre Forschungsschwerpunkte an mehreren Standorten durch gezielte Förderungen und Kooperationen mit Akademieinstituten international zu stärken, werden hartnäckig ignoriert" kritisiert Grünewald das PR-Unternehmen Gehrer. Zudem müsse festgehalten werden, dass Spitzenleistungen sich nicht allein auf den naturwissenschaftlichen Sektor beschränken und auch nicht allein auf einen Standort zurückgeführt oder reduziert werden können. "Es geht keineswegs darum den Begriff Elite zu denunzieren, sondern darum auf, Bestehendem aufzubauen und die vernünftigsten Lösungen zu finden" bemerkt Grünewald.
 

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