Privat studieren – keine Frage des Einkommens  

erstellt am
27. 01. 04

Seit zehn Jahren verfügt die Universität Witten/Herdecke über ein innovatives und sozialverträgliches Modell zur Erhebung studentischer Finanzierungsbeiträge
Witten/Herdecke (universität) -
Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat am 26. Januar 2005 das allgemeine Verbot von Studiengebühren an Hochschulen gekippt. Die Universität Witten/Herdecke begrüßt diese Entscheidung. „Wir sehen uns durch das Urteil in unserer Auffassung bestätigt, dass Studiengebühren unter bestimmten Bedingungen einen wichtigen Beitrag zur Qualitätssteigerung in Lehre und Forschung darstellen“, sagt Prof. Dr. Wolfgang Wintermeyer, Sprecher der Geschäftsführung der Universität Witten/Herdecke. Durch den Karlsruher Richterspruch biete sich vor allem den staatlichen Universitäten die Chance, ihre unzureichende Finanzierungsbasis weiter zu verbreitern – sofern sie – wie in Witten/Herdecke – direkt von dieser neuen Einnahmenquelle profitieren.

In Witten/Herdecke zahlen Studierende seit 1995 Studiengebühren, deren Anteil derzeit bei etwa sieben Prozent des Gesamthaushalts der Universität liegt. Dank des von Studierenden vor zehn Jahren entwickelten Umgekehrten Generationenvertrags brauchen die Finanzierungsbeiträge (rd. 15000 Euro für ein Vollstudium) erst nach dem Studium entrichtet werden – acht Jahre lang mit acht Prozent des dann erzielten Einkommens. Aufgrund dieses Modells können auch Kinder aus weniger betuchten Elternhäusern in Witten studieren – rund zehn Prozent der hier Studierenden sind Bafög-Empfänger.

„Die Universität Witten/Herdecke beweist, dass Studiengebühren sozialverträglich erhoben werden können“, sagt Malte Herzhoff, Vorstand der Wittener Studierendengesellschaft: „Wir machen die Erfahrung, dass Studiengebühren nicht vom Studium abhalten, sondern im Gegenteil eher zu einem Studium motivieren“, betont Herzhoff, der im fünften Semester Wirtschaftswissenschaft studiert. „Wer nach Witten kommt, kann für sein Geld auch etwas verlangen: Kleine Seminare, eine bessere Ausstattung und motivierte Professoren, die keine Sprechstunden brauchen, um den Kontakt mit ihren Studierenden zu halten.“

Auch wenn das Modell des Umgekehrten Generationenvertrags „nicht in Gänze“ auf staatliche Hochschulen übertragbar sei, so enthalte es doch „wichtige Anregungen, wie staatliche Hochschulen künftig mit der Gebührenfrage umgehen müssen, um Einkommensschwächere nicht vom Studium abzuschrecken“, so Herzhoff. Studiengebühren zum Stopfen leerer Landeskassen seien jedenfalls nicht geeignet, Studierende vom Sinn der Finanzierungsbeiträge zu überzeugen. „Studierende müssen erfahren können, dass „ihre“ Finanzierungsbeiträge in ihr unmittelbares Lernumfeld investiert werden“, so Herzhoff.

Das Modell des Umgekehrten Generationenvertrages
Den "Umgekehrten Generationenvertrag" gibt es seit 1995 an der Universität Witten/Herdecke. Dieses Modell nachlaufender Finanzierungsbeiträge wurde von Studierenden entwickelt und findet deshalb eine große Akzeptanz. Denn die erhobenen Mittel kommen unmittelbar Lehre und Forschung zugute und sie werden nicht von der Universität erhoben und verwaltet, sondern von der Studierendengesellschaft, ein Verein, der von Studierenden betrieben wird. Der Umgekehrte Generationenvertrag ermöglicht Studierenden aus weniger betuchten Elternhäusern die Zahlung der Finanzierungsbeiträge nach Ihrem Studium. Acht Jahre acht Prozent vom verfügbaren Einkommen, so lautet die Rückzahlungsregel. 40 Prozent der Wittener Studierenden machen davon Gebrauch. Knapp zehn Prozent sind Bafög-Empfänger. Die studentischen Finanzierungsmodelle decken sieben Prozent des Uni-Etats von derzeit ca. 30 Mio. Euro p.a. Wer nach dem Studium weniger als 17.000 Euro verdient, muss nichts zurückbezahlen, wer viel verdient, bei dem ist bei maximal 30.000 Euro Rückzahlung Schluss.
     
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