Österreich-Konvent / Verfassungsentwurf  

erstellt am
01. 02. 05

Khol: Rohdiamant bekommt im Parlament den Feinschliff
Alle Parteien haben sich dazu bekannt, dass es weitergehen soll
Wien (övp-pd) - "Der Österreich-Konvent ist mit einem beachtlichen Erfolg zu Ende gegangen - der vorliegende Textvorschlag ist eine taugliche Grundlage für die Weiterführung der Reform im Nationalrat", betonte der ÖVP- Chefverhandler im Österreich-Konvent, Nationalrats- präsident Univ. Prof. Dr. Andreas Khol am Montag (31. 01.). Die bestehende Verfassung sei ein Torso, der sich zwar bewährt habe, er wünsche sich dennoch eine "bessere Verfassung mit Kopf und Gesicht", die auch von der Bevölkerung befürwortet werde.

Bei der weiteren Vorgangsweise sei nun das Parlament am Zug. Er, Khol, schlage vor, dass auch Bundesratsmitglieder mit beratender Stimme einbezogen werden. Khol zeigte sich zuversichtlich, dass alle Parteien dem "Fahrplan" zustimmen werden. Konventspräsident Fiedler, der hervorragende Arbeit geleistet habe, werde bis zum 23. Februar die Wortmeldungen der abschließenden Sitzung vom vergangenen Freitag einarbeiten. Am 23. Februar werde dann der Entwurf den "Kräften, die im Konsens den Konvent getragen haben" übergeben (Bundespräsident, Bundeskanzler, Nationalrats- sowie Bundesratspräsident, Landtagspräsidenten und Landesregierungen). Anschließend werde sich der Ministerrat mit dem Bericht auseinandersetzen, dann bekomme der Nationalrat den Entwurf vorgelegt. Die Präsidialkonferenz werde dann die Zuweisung an einen Ausschuss beraten, die endgültige Zuweisung erfolge durch den Nationalrat. Der Ausschuss entwickle einen Arbeitsplan, um dem "Rohdiamanten" (Entwurf) den Feinschliff zu geben. Die wesentlichen Gebiete seien die Aufgabenverteilung zwischen Bund und Ländern, der Verwaltungsaufbau sowie formelle Aspekte. Letzteres sei eine "Herzensangelegenheit von Karl Korinek", der sich für eine einheitliche Urkunde mit möglichst wenigen Paragraphen und nur wenigen Nebengesetzen eingesetzt habe.

Nach dem "Feinschliff" stelle sich dann die Frage, ob es ein "parteiübergreifendes Wollen" für eine gemeinsam erarbeitete neue Verfassung gebe. "Die Regierungsparteien wollen das Eisen schmieden, solange es heiß ist", sagte Khol. Die Opposition wolle aber keine Entscheidung im Vorwahlklima. Khol zeigte sich dennoch überzeugt, dass sich keine Partei eine gemeinsam erarbeitete neue Verfassung "als Feder an den Hut" stecken könne. Lediglich jene Bereiche zusammenzufassen, in denen Konsens erzielt wurde, und die offenen Fragen auszuklammern, sei für ihn nur die "drittbeste Lösung". Ziel müsse es sein, eine Verfassung zu erarbeiten, zu der alle "Ja" sagen können - ob 2006 oder 2007. Er selbst sei "optimistisch" und wolle "einen objektiven Anstoß als Nationalratspräsident" geben. "Alle haben sich dazu bekannt, dass es weitergehen soll. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das nicht der Fall sein wird", sagte Khol abschließend.

 

 Scheibner: "Neue Verfassung ist unser aller Aufgabe"
FPÖ-Klubobmann schlägt Unterausschuß des Verfassungsausschusses vor
Wien (fpd) - In seiner Pressekonferenz am Montag (31. 01.) zog FPÖ-Klubobmann Herbert Scheibner auch ein Resümee des Österreich-Konvents. Die Arbeit auf Expertenebene bezeichnete Scheibner als sehr positiv. Es habe hervorragende Analysearbeit gegeben, Wege für die Lösung verschiedener Probleme seien aufgezeigt worden. Der Bericht sowie der Vorschlag Fiedlers seien eine taugliche Verhandlungsgrundlage für die Arbeit im Nationalrat.

Kritik übte Scheibner an der Opposition, und hier insbesondere an der SPÖ. Deren Bedürfnis nach einem Erfolg des Konvents sei schon seit Herbst stark im Abnehmen gewesen. Immer wieder sei versucht worden, Gründe zu finden, um von einem Konsens wieder abzuspringen. Hier würden wieder einmal die Parteizentralen regieren. Das Verantwortungsbewußtsein für Österreich und für eine moderne zukunftsorientierte Verfassung lasse bei der SPÖ stark zu wünschen übrig. Offenbar fürchte sie, daß eine Zustimmung als Erfolg für die Bundesregierung gewertet werde. Eine neue Verfassung zu schaffen sei aber "unser aller Aufgabe". Vor dieser Verantwortung solle sich keine Partei und keine Interessensgruppe drücken.

Aus freiheitlicher Sicht gebe es viele positive Aspekte, so etwa der praktisch abgeschlossenen Grundrechtekatalog und das klare Bekenntnis zu einem Inkorporierungsgebot, was bedeute, daß es in Zukunft keine Verfassungszersplitterung mehr geben dürfe. Weniger glücklich zeigte sich Scheibner bei den Regelungen über die Kompetenzverteilungen. Hier sollte man mehr Mut an den Tag legen, wenn es gelte, die Aufgaben zwischen Bund und Ländern nach dem Vernunftprinzip neu zu verteilen. So sei eine Landeskompetenz beim Baurecht und beim Dienstrecht nicht einzusehen.

Die FPÖ vermißt außerdem eine offensivere Beteiligung der Länder bei der Bundesgesetzgebung. So sollten im Bundesrat Landtagsabgeordnete als echte Ländervertreter mitwirken, Handlungsbedarf sieht Scheibner auch im Bereich der direkten Demokratie. So solle ein Volksbegehren, daß eine qualifizierte Anzahl von Unterschriften erhalte, also 500.000 oder 600.000, verpflichtend zumindest einer Volksbefragung unterzogen werde. Auch die Festlegung der österreichischen Verantwortung für den Schutz und die Förderung der altösterreichischen Minderheiten, vor allem für Südtirol, sei bis jetzt nicht ausreichend verankert. Auch die Verankerung der Sicherheitspolitik ist der FPÖ zu wenig.

Wenn der politische Wille vorhanden sei, könne man eine Lösung finden, meinte Scheibner. Wenn die Ergebnisse jetzt aber schubladisiert und erst in der nächsten Legislaturperiode wieder herausgeholt würden, sei der Konvent wirklich gescheitert.

Scheibner schlug einen Unterausschuß des Verfassungsausschusses vor, der sich mit dem Bericht des Konvents befasse. Davor sollten sich die Spitzen der politischen Parteien gemeinsam mit dem Nationalratspräsidenten und dem Konventsvorsitzenden zusammensetzen und die weitere Vorgangsweise festlegen. Die FPÖ sei bereit, aktiv mitzuwirken.

 

 Grüne orten massiven ÖVP-internen Konflikt
Petrovic: "Verfassungsreform braucht Klausur, nicht öffentliche Schuldzuweisungen"
Wien (grüne) - "Für die notorische Absenz der Entscheidungsträger aus den Ländern im Österreich-Konvent bekommt die ÖVP nun die Rechnung präsentiert", so die stv. Bundessprecherin Madeleine Petrovic. Die Grünen orten einen massiven Konflikt innerhalb der ÖVP im Zusammenhang mit der Verfassungsreform. Die mediale Selbstdarstellung von NR-Präsident Khol kann über diese Kluft nicht hinwegtäuschen.

Die Grünen erwarten sich eine ernsthafte Auseinadersetzung mit den von ihnen eingebrachten Vorschlägen. "Der Vergleich mit dem Rohdiamant mag gut klingen, ist aber in diesem Zusammenhang fehl am Platz. Es geht nicht um Feinschliff, sondern um fundamentale Unterschiede". Petrovic: "Die Kluft innerhalb der ÖVP zwischen Bund und Länder lässt eine Verfassungsreform, in weite Ferne rücken. Jetzt ist der Weg in die Klausur, nicht in öffentlichen Schuldzuweisungen angesagt."
     

Wir übernehmen hier Stellungnahmen aller vier im Parlament
vertretenen Parteien – sofern vorhanden! Die Redaktion

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