1. Mitteleuropäische Biomassekonferenz endete mit "Grazer Erklärung"  

erstellt am
01. 02. 05

Die 1. Mitteleuropäische Biomassekonferenz ermöglichte einen intensiven Erfahrungsaustausch zwischen den neuen und alten EU-Ländern
Graz (aiz.info) - "Die 1. Mitteleuropäische Biomassekonferenz war ein voller Erfolg. Es gab einen intensiven Erfahrungsaustausch zwischen den neuen und alten EU-Ländern über den verstärkten Einsatz von Ökostrom, Biotreibstoffen und Ökowärme. Weiters vertieften heimische Bioenergie-Anbieter ihre wirtschaftlichen Kontakte zu internationalen Partnern", zog der Vorsitzende des Österreichischen Biomasse-Verbandes, Heinz Kopetz, eine erste Bilanz nach dieser hochkarätig besetzten Konferenz, an der mehr als 900 Besucher aus 27 Ländern teilnahmen. Zum Abschluss der Tagung wurden die wichtigsten Forderungen der Experten in Form der "Grazer Erklärung" präsentiert.

Ohne Umstieg auf erneuerbare Energien droht globale Destabilisierung
Kopetz berichtete ferner über die Ergebnisse der internationalen Beratungen: "Ein beschleunigter Umstieg von fossilen Energieträgern auf erneuerbare ist notwendig, weil es ansonsten zu einer globalen Destabilisierung der politischen, wirtschaftlichen und ökologischen Verhältnisse kommt. Dieser Prozess ist bereits im Gange. Am Beispiel des Irak-Krieges und den Drohungen gegen den Iran wird dies bereits deutlich."

Die Berechnungen weltweit anerkannter Experten zeigen laut Kopetz, dass die Hälfte des vorhandenen Erdöls - bei ständig steigender Nachfrage - bereits in fünf Jahren verbraucht sein wird. "Somit steht schon bald der stets größer werdenden Nachfrage ein sinkendes Angebot gegenüber. Dies wird ernorme Preissprünge bei Rohöl bewirken, was zur ökonomischen Destabilisierung führen kann", warnte der Biomasseexperte.

Öl nur mehr dort verwenden, wo es nicht mehr ersetzbar ist
Nicht zuletzt wegen dieser dramatischen Folgen, ist der Ausbau der erneuerbaren Energieträger ein Gebot der Stunde, lautete eine weitere zentrale Forderung der Konferenzteilnehmer. "Erdöl sollte künftig nur mehr dort eingesetzt werden, wo es derzeit noch nicht ersetzbar ist, wie beispielsweise für den Verkehr. Dort wo Fossilenergie leichter ersetzbar ist - wie beispielsweise auf dem Heizungsmarkt - soll sie durch Ökowärme ersetzt werden", stellte Kopetz fest.

Politik muss Rahmenbedingungen schaffen
"Das Biomassepotenzial in den Beitrittsländern ist enorm groß. Die neuen EU-Länder können einen beachtlichen Anteil an Strom, Wärme und Treibstoffen mit erneuerbaren Energieträgern decken. Um dieses Potenzial zu nutzen, sind von der Politik klare Rahmenbedingungen für erneuerbare Energien zu setzen, verlangte Kopetz. Entsprechende Rahmenbedingungen in der Steuer-, Ordnungs- und Förderpolitik seien wesentliche Voraussetzungen, damit alternative Energieformen ihren Durchbruch erzielen können. Diese Rahmenbedingungen könne nur die Politik schaffen.

"Bei der Konferenz war man sich auch einig, dass ein rascher Umstieg auf erneuerbare Energien den mitteleuropäischen Ländern viele Chancen bringt, wie etwa die Unabhängigkeit in der Energieversorgung, den Klimaschutz sowie viele neue Arbeitsplätze", ergänzte der Geschäftsführer des Österreichischen Biomasse-Verbandes, Ernst Scheiber.

Scheer: Voller Umstieg auf erneuerbare Energie bis 2050 möglich
"Die Ablösung der fossilen Energie durch erneuerbare Energieträger ist das Thema unserer Zeit", unterstrich auch Alternativ-Nobelpreisträger Hermann Scheer bei der Biomassekonferenz. "Die Vollversorgung mit erneuerbarer Energie ist bereits 2050 möglich", rechnete Scheer, Vorsitzender des Weltrates für erneuerbare Energieträger, vor. Es sei notwendig, "vom Schneckentempo des Umstiegs von Fossilenergie auf Alternativenergie wegzukommen, und mehr diesbezügliche Dynamik an den Tag zu legen". Derzeit sei die Welt von drei Krisenszenarien bedroht. Scheer: "Wir sind erstens mitten in einer Weltklimakrise. Zweitens gehen die Erdöl- und Erdgasvorkommen zu Ende. Dies bedingt, drittens, dass die Weltsicherheit bedroht ist und die Weltwirtschaft destabilisiert wird."

"Mentale Sperren der Wissenschaft, der Wirtschaft und Politik müssen überwunden werden, damit erneuerbare Energien einen Durchbruch erreichen", sagte Scheer weiter. Die größte Sperre sei die Behauptung, der Übergang zur solaren Energiezukunft sei eine wirtschaftliche Belastung. Dies wies der Experte entschieden zurück, gleichzeitig verwies er auf die BRD als Vorzeigebeispiel bei Ökostrom: "Deutschland hat den weltweit schnellsten Zuwachs an erneuerbarer Energie bei der Stromerzeugung", betonte er. Derzeit verfüge das Land über Anlagen zur alternativen Stromerzeugung mit einer Leistung von 18.000 Megawatt (davon 16.000 Windenergie), der jährliche durchschnittliche Anteil an Neuinstallationen betrage 3.000 Megawatt. "Wenn diese Dynamik bis 2045 anhält, besteht kein Bedarf mehr an herkömmlichen Kraftwerken. Fossiler Strom ist dann durch Ökostrom vollkommen ersetzt", so Scheer.

Er kritisierte abschließend die Ambitionen der WTO, den Welthandel für Agrarprodukte weiter zu liberalisieren und forderte von den Verantwortlichen der WTO, die Handelsvereinbarungen mit der Energiefrage zu verknüpfen. Scheer: "Würde die Dritte Welt ihre Rohölimporte durch eine eigene Produktion von erneuerbaren Energieträgern ersetzen, könnte sie mehr gewinnen als durch Agrarexporte."

"Grazer Erklärung" verabschiedet

Zum Abschluss der 1. Mitteleuropäischen Biomassekonferenz wurde die "Grazer Erklärung" verabschiedet. Darin werden die Regierungen aufgerufen, den Umstieg auf erneuerbare Energieträger voranzutreiben, gleichzeitig werden die Vorteile dieser Energieformen betont. Der Wortlaut dieser Erklärung kann auf der AIZ-Homepage (www.aiz.info) als pdf-Dokument heruntergeladen werden.
     
zurück