"Lantana – speaking in tongues"  

erstellt am
01. 02. 05

Österreichische Erstaufführung in den Kammerspielen des Salzburger Landestheaters
Salzburg (landestheater) - Entfremdung - von sich selbst und vom Partner - ist ein zentrales Thema. Ich habe in Lantana eine Reihe von Charakteren entworfen, deren vertraute Beziehungen mehr oder minder in einer Krise stecken. Zur gleichen Zeit verknüpfe ich ihre Geschichten miteinander. Sie gehen Verbindungen ein und messen Begegnungen mit Fremden schicksalhafte Bedeutung bei. (Andrew Bovell)

Lantana
Vier Paare, ein dubioser Nachbar, neun Schicksale - alle irgendwie miteinander verbunden: Es beginnt mit Ehebruch über Kreuz, einem One-Night-Stand, der zwei Paare in Beziehung zueinander setzt; es endet mit einer Verschwundenen, von der nichts bleibt als ihre Stimme auf dem Anrufbeantworter. Eigentlich sind es drei Stücke, die scheinbar nichts miteinander zu tun haben und doch: alltägliche Beziehungskatastrophen ziehen den Krimi um einen weggeworfenen Damenschuh nach sich bis hin zum Drama eines Mannes, dessen unheimlicher, leidenschaftlicher Wunsch in Erfüllung geht.

Immer klarer wird, dass ein Fall zu klären ist, der an Tempo gewinnt - immer rätselhafter, immer packender, immer intensiver. Neun Personen sind durch ihre Geschichte miteinander verbunden; einigen wird manches klar, andere rätseln über den Schluss hinaus. Neun Menschen, die von fünf Schauspielern verkörpert werden. Alle auf der Suche heraus aus diesem Urwald aus Lantana, dieser wild wuchernden australischen Buschpflanze. Und nicht umsonst lautet der Untertitel des Spiels "Speaking in Tongues" - in diesem emotionalen Labyrinth wird heftig gelogen.

Andrew Bovell
Der international erfolgreiche Drehbuchautor und Dramatiker Andrew Bovell wurde 1962 in Kalgoorlie, Australien, geboren. Er studierte Drama am Victorian College of the Arts in Melbourne. Bekannt wurde Bovell als Drehbuchautor der Filme "Strictly Ballroom" (mit Baz Luhrmann, für den er u.a. 1992 in Cannes den Prix de Jeunesse erhielt), "Fisherman's Wake" und "Head On" (Regie: Ana Kokkinos/Filmfestival Cannes 1998). Für die Bühne schrieb Bovell die Stücke "After Dinner" (1987), "Ship of Fools" (1988), "The Ballad of Lois Ryan" (1987), "Scenes from a Seperation (1995), "Who's Afraid of the Working Class" (gewann wie Speaking in Tongues den Australians Writer's Guild Award AWGIE) oder "Holy Days".
Andrew Bovell lebt mit seiner Familie in Adelaide.

Aus den eigenständigen Kurzdramen "Like Whiskey on the Breath of a Drunk You Love" (1992) und "Distant Lights From Dark Place" (1994) entstand das Stück "Speaking in Tongues". Es wurde 1996 im Stables Theatre in Sydney uraufgeführt und seitdem u.a. in New York, London und Paris gespielt. Im Oktober 2003 erfuhr es seine deutschsprachige Erstaufführung am Thalia Theater in Hamburg. Für die Kinofassung von 2o01 (u.a. mit Barbara Hershey, Anthony LaPaglia, Geoffry Rush) hat Bovell, der das Drehbuch verfasste, Figuren hinzugefügt und Geschlechter geändert. Lantana wurde weltweit von den Kritikern umjubelt und erhielt in Australien viele Auszeichnungen, unter anderem für das beste Drehbuch und die beste Regie (Ray Lawrence).

Andrew Bovell über "Lantana – speaking in tongues"
Das Stück hat drei Teile.
Teil eins: Wir begegnen Pete und Jane, und Leon und Sonja. Pete ist mit Jane verheiratet, Sonja ist mit Leon verheiratet. Pete lernt Sonja in einer Bar kennen. Anschließend gehen sie in ein billiges Hotel. Leon lernt Jane in einer Bar kennen. Auch sie gehen anschließend in ein billiges Hotel: Ein doppelter Seitensprung also. Sonja verlässt Leon. Pete verlässt Jane. Pete begegnet Leon in einer Bar. Jane begegnet Sonja in einer Bar. Als Pete nach Hause kommt, erzählt ihm Jane die Geschichte mit dem Nachbarn, der einen Damenschuh auf ein unbebautes Grundstück wirft. Als Sonja nach Hause kommt, erzählt ihr Leon die Geschichte von einem Mann, der braune Budapester trägt.

Teil zwei: Wir begegnen Neil, Sarah, Valerie und Nick. Nick schreibt einen Brief an eine ehemalige Geliebte. Sarah spricht mit ihrer Psychotherapeutin. Valerie steht in einer Telefonzelle an einer verlassenen Straße und ruft ihren Mann an, Nick macht eine Aussage bei der Polizei. Alles unbeantwortete Hilferufe. Die Sache hat einen Haken. Sarah ist Neils ehemalige Geliebte. Valerie ist Sarahs Psychotherapeutin. Nick nimmt Valerie im Auto mit. Sie kommt zu Hause nie an.


Teil drei: Wir begegnen John Knox. Als er eines Nachts nach Hause kam, war seine Frau nicht da. Alle anderen kennen wir bereits.

Mein Stück zeigt Menschen, die einen Punkt in ihrem Leben erreicht haben, an dem sie ihr Leben, ihre Vorstellungen von Liebe und Partnerschaft, neu hinterfragen. Es geht um richtige und falsche Gefühle. Verträge zwischen Vertrauten werden gebrochen, während zwischen Fremden enge Banden geknüpft werden. Das Stück gleicht einer emotionalen Landschaft, geprägt durch ein Klima der Isolation und Trennung und durch sich verändernde Wertesysteme. Es erzählt von Menschen, die sich nach Bedeutung sehnen. Angestrengt greifen sie nach kleinen Momenten der Hoffnung und des Humors, um ein zunehmendes Gefühl von Entfremdung zu bekämpfen.

Es gibt in dem Stück zwei unterschiedliche Welten und jede hat ihren charakteristischen Ton. Es wurde für vier Schauspieler geschrieben, doch es gibt neun Figuren. Es hat drei Teile. Jeder untersucht die Beziehungen zwischen vier Menschen. Es bestehen Verbindungen zwischen den Personen über die einzelnen Teile hinaus. Charaktere verschwinden, andere tauchen auf. Geschichten, die in einem Teil erzählt wurden, gewinnen an anderer Stelle an Bedeutung. Es bleibt ein Gefühl von Rätselhaftigkeit. Zwar existieren Antworten, doch sie sind trügerisch. Die Handlung schreitet nicht immer voran: sie geht Umwege, springt zurück und greift schon gesehene Momente auf, zeigt sie jedoch aus einem anderen Blickwinkel. Lantana ist ein emotionales Labyrinth; wie ein zart verwobenes Gewebe. Nimm zwei beliebige Stränge, folge ihnen und du wirst an sehr verschiedenen Stellen herauskommen. Ich bin mir bewusst, dass das Stück strukturell schwierig ist. Es folgt nicht den gängigen dramaturgischen Regeln.
Ich vertraue darauf, dass die Zuschauer auf unterschiedliche Erzählformen und neue dramatische Formen neugierig sind. Denn über all den formalen und gestalterischen Ideen steht der Gedanke, die beklemmende und quälende Geschichte menschlicher Fehlbarkeit zu erzählen.

For me, Speaking in Tongues reveals something about the moral weakness to which we are all susceptible simply by virtue of being human. The tragic consequences of such weakness are what this story is about.

Lantana camara ist eine Wildpflanze, die undurchdringliches, meterhohes Gestrüpp bildet. Gelegentlich wird sie gezüchtet wegen ihrer farbenfrohen und duftenden Blüten, die mehrfach die Farbe wechseln, je nach Art z.B. von orange über gelb nach rot. Der deutsche Name "Wandelröschen" täuscht: Alle Teile der Pflanze sind giftig.

"Lantana – speaking in tongues"Von Andrew Bovell
Deutsche Übersetzung von Terence French
Österreichische Erstaufführung
am 11. Februar 2005
Kammerspiele des Salzburger Landestheaters


Teil 1:
Leon, Sonjas Mann Gerhard Hermann
Sonja, Leons Frau Franziska Sörensen
Jane, Petes Frau und Nachbarin von Nick Britta Bayer
Pete, Janes Mann und Nachbar von Nick Hans Jürgen Bertram

Teil 2:
Valerie, Johns Frau und Sarahs Psychotherapeutin Franziska Sörensen
Sarah, Valeries Patientin und Neils ehemalige Freundin Britta Bayer
Nick, Nachbar von Jane und Pete Gerhard Hermann
Neil, Sarahs ehemaliger Freund Gerhard Peilstein

Teil 3:
John, Valeries Mann Gerhard Peilstein
Leon Gerhard Hermann
Sarah Britta Bayer
Valerie Franziska Sörensen

Inszenierung Johannes Zametzer
Bühnenbild und Kostüme Martin Käser
Dramaturgie Gaby Berginz-Plank

Weitere Vorstellungen: 16., 21., 22., 23., 24.2. 2005
     
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