NÖ Industrie verunsichert, obwohl es ihr sehr gut geht  

erstellt am
28. 02. 05

St. Pölten (nlk) - Der Auftragsbestand in der niederösterreichischen Industrie ist der höchste in den letzten Jahren. Und obwohl sich die Ertragssituation gebessert hat und die Betriebe eine gute Auslastung ihrer Kapazität melden, schätzen sie dennoch ihre Geschäftslage in sechs Monaten schlechter ein. Das zeigt die jüngste Konjunkturumfrage, mit der die realen Kennzahlen und die Stimmungslage im vierten Quartal 2004 erhoben wurden. Der Präsident der NÖ Industriellenvereinigung (IV), der Generaldirektor der Berndorf AG Norbert Zimmermann, brachte das Ergebnis auf den Punkt: "Wir haben Sonnenschein und blauen Himmel. Alle Zeiger zeigen nach oben, und trotzdem gibt es eine gedämpfte Stimmung."

Ein wesentlicher Grund für diese auseinander driftenden Trends liegt darin, dass die Industrie selbst die Flexibilisierung zu spüren bekommt. Und zwar jenen Teil davon, der manchen Auftraggeber veranlasst, seine Bestellungen aus den verschiedensten Gründen bis zum spätest möglichen Zeitpunkt aufzuschieben. Während laut Zimmermann für die Berndorf AG das letzte Jahr mit einer Umsatzsteigerung um 15 Prozent eines der besten in der bisherigen Firmengeschichte war - wobei allerdings der Dollarkurs die Erträge vor allem in China und im übrigen Asien drückte -, sieht sich die Automobilbranche mit einer stagnierenden Autoproduktion in Europa und mit einem Verdrängungswettbewerb konfrontiert. Für den Automobilzulieferanten Eybl International, der die Hälfte seines Geschäftes mit BMW und Mercedes abwickelt, ein Ansporn, "dem Kunden einen weiteren Mehrwert anzubieten." Das heiße, "auf seine Wünsche und Anregungen schneller, flexibler und präziser zu reagieren, ohne bei der Qualität der Arbeit nachzugeben." "In fünf von fast 53 Millionen weltweit jährlich produzierten Autos ist mindestens ein Stück von uns," sagte Eybl-Vorstand Johannes Elsner.

So wird auch die Industrie immer mehr vom Lieferanten auf Bestellung zum Problemlöser, dessen Kreativität bei der Perfektionierung des Kundennutzens im Endprodukt gefragt ist. Entscheidenden Anteil am Markterfolg hat die pünktliche Zustellung. So hat Eybl ein Logistiksystem entwickelt, das die Lieferfähigkeit innerhalb Europas binnen 72 Stunden garantiert.

Das Pressegespräch nahmen die beiden Industrievertreter sowie IV-Landesgeschäftsführer Fritz Wedorn zum Anlaß, erneut die Flexibilisierung der Arbeitszeit einzufordern. Diese sei im Hinblick auf die globale Wettbewerbssituation unbedingt notwendig. Die Lohnkosten in der österreichischen Automobilindustrie sind in den beiden letzten Jahren um 4,7 Prozent auf 25,09 Euro pro Arbeitsstunde gestiegen. Die Unterschiede sind eklatant. Der Kollege in Ungarn erhält davon ein Siebentel (3,50 Euro), in der Slowakei ein Zwölftel (2,06 Euro) und in Rumänien ein Fünfzehntel (1,66 Euro). Allerdings sind die österreichischen Firmen an diesen Standorten wesentlich im betriebssozialen Bereich finanziell engagiert, etwa in Betreuungseinrichtungen für die Mitarbeiter. Wert legte Zimmermann auf die Feststellung, dass man mit der Flexibilisierung der Arbeitszeit keine Lohnkürzungen im Auge habe.
     
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