Finanzpolitik / Budgetvoranschlag 2006  

erstellt am
03. 03. 05

Finanzminister Grasser präsentierte Budgetvoranschlag im Hohen Haus
Gesamtstaatliches Defizit 1,7 %, Defizit des Bundes 2,2 %
Wien (pk) - Mit der Budgetrede von Finanzminister Karl-Heinz Grasser haben am Mittwoch (02. 03.) im Nationalrat die parlamentarischen Beratungen des Bundesvoranschlags für das kommende Jahr begonnen. Der Voranschlag 2006 sieht ein gesamtstaatliches Defizit (Maastricht-Defizit) von 1,7 % des BIP vor und sinkt damit gegenüber dem Jahr 2005 um zwei Zehntelpunkte; das Maastricht-Defizit des Bundes sinkt von 2,4 um zwei Zehntelpunkte auf 2,2 % des BIP. Die Finanzschulden sinken von 63,3 im Jahr 2005 auf 62,8 % im laufenden Jahr.

Der Finanzminister skizzierte in seiner Budgetrede eingangs die "drei Säulen" der finanz- und wirtschaftspolitischen Strategie der Regierung: "1. ein ausgeglichener Staatshaushalt über den Konjunkturzyklus, 2. eine nachhaltige substanzielle Senkung der Steuern und Abgaben und 3. mehr Wachstum durch Investitionen in die Bildung, Forschung und Infrastruktur." Durch diese Strategie sei Österreich heute das drittreichste Land Europas und das zwölftreichste Land der Welt, sagte Grasser, und verfüge über eine herausragende Lebensqualität.

Grasser stellte in seiner Budgetrede Schwerpunktsetzungen der Regierung bei Forschung und Entwicklung, bei Investitionen in die Infrastruktur, in die Bildung und in die Familien dar, räumte dabei aber auch ein, dass noch "vieles zu tun" bleibe. "Die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit mit allen zur Verfügung stehenden und neu zu erfindenden Mitteln ist unser wichtigstes und - wie ich hoffe - gemeinsames Ziel", sagte der Minister.

 

 Für Matznetter ist Budget 2006 ein Schummel-Budget
Uraltzahlen aus Herbst 2004 verwendet - aktuelle Wirtschaftsentwicklung nicht berücksichtigt
Wien (sk) - Als "schleierhaft" bezeichnete es SPÖ-Budgetsprecher Christoph Matznetter, warum das Budget 2006 jetzt schon Anfang März Monate vor dem Stichtag vorgelegt werde. Es werden bei diesem Budget für 2006 "Uralt-Zahlen" aus 2004 verwendet und nur marginale Anpassungen im Zahlenmaterial vorgenommen. "Es fehlt die Berücksichtigung der aktuellen Wirtschaftsentwicklung, das Budget 2006 nimmt keine Rücksicht darauf", so Matznetter am Mittwoch (02. 03.) in einer Pressekonferenz nach der Budgetrede des Finanzministers. Für den SPÖ-Budgetsprecher ist dieses Budget daher ein "Schummel-Budget".

Die einzig denkbare Erklärung für diese vorschnelle Budgeterstellung ist für den SPÖ-Politiker die Möglichkeit, dass es im Herbst diese Regierung nicht mehr gibt. "Dieses Budget ist in Wirklichkeit kaum umsetzbar. Es ist der Versuch, rasch vor dem Ende dieser Bundesregierung noch etwas vorzulegen, mit dem man sich selbst beweihräuchern kann", sagte Matznetter. Es wäre viel besser gewesen, das Budget für 2006 im Herbst 2005 zu erstellen, wenn aktuelle Zahlen vorliegen, und jetzt das Budget für 2005 zu reparieren. "Daher sollte dieses Budget zurück an den Absender gehen, und im Herbst soll ein ordentliches Budget vorgelegt werden", unterstrich Matznetter.

Er wies darauf hin, dass für diesen Budgetentwurf von einem anderen, besseren Konjunkturverlauf ausgegangen wurde und dass Grasser eine gleichbleibende Arbeitslosigkeit angenommen habe, während sie aber weiter drastisch steige, so Matznetter. "Welche Belastungen kommen eigentlich auf die Bevölkerung zu, wenn dieser Budgetkurs bis zum Jahr 2008 durchgezogen wird?", fragte der SPÖ-Budgetsprecher weiter. "Gestern hat Kanzler Schüssel das Versprechen abgegeben, dass es keine neuen Sparpakete bis 2008 geben wird. Das ist ein mutiges Versprechen, und wir werden ihn dann jedes Mal an diese Aussage erinnern dürfen. Das sind Versprechungen, die angesichts der Wirklichkeit und angesichts der Budgetplanungen nicht haltbar sein können", betonte Matznetter.

"Die unsicheren Annahmen im Budget 2006 machen einen umfassenden Kassasturz notwendig. Wenn die Regierung diesen nicht von sich aus vornehmen will, dann werden wir sie bis zum Sommer dazu zwingen", so Matznetter. Er kündigte eine Anfrageserie an, durch die Klarheit über das Zahlenwerk im Budget erlangt werden soll. Die nächste Belastungswelle werde pro Steuerzahler 1.100 Euro an Belastungen in den Jahren 2007 und 2008 mit sich bringen, rechnete Matznetter vor.

Als nächsten Punkt im "Schummel-Budget" Grassers führte Matznetter das Versprechen des Finanzminister an, dass das Ziel "keine neue Schulden" zu machen, erneuert wurde. "Die Wahrheit ist: Grasser macht auch 2006 neue Schulden." Die Finanzschuld des Bundes steigt auf 57,81 Prozent des BIP an - das sind 147 Milliarden Euro (zum Vergleich: Im Jahr 2000 betrug die Finanzschuld 57,37 Prozent). Das administrative Defizit soll 2006 2,3 Prozent des BIP betragen. Schüssel und Grasser würden daher im Bund 5,8 Milliarden Euro neue Schulden machen, so Matznetter.

Die Staatsausgaben würden 2006 fast nur am Rücken der Lohn- und Einkommensbezieher finanziert. "Von der Senkung der Steuern- und Abgabenquote auf 40,7 Prozent haben die Steuerzahler nichts. Die niedrige Quote resultiert allein daraus, dass die Großkonzerne keine Steuern mehr zahlen", kritisierte der SPÖ-Abgeordnete. Die Lohnsteuer werde um 700 Millionen Euro steigen, die Umsatzsteuer um 300 Millionen Euro. "Die Lohnsteuerpflichtigen zahlen um eine Milliarde Euro mehr an Steuern. Damit liefern die Steuerzahler die Entlastung aus dem Jahr 2005 fast zur Gänze wieder an Grasser ab", unterstrich Matznetter.

Der Steuerausfall bei der Körperschaftssteuer werde wesentlich höher ausfallen, als von Grasser budgetiert, so Matznetter. Es stelle sich zudem die Frage, ob die Länder einen Überschuss in der Höhe von 0,6 Prozent schaffen werden. Mehr als fraglich sei auch, ob die Sozialversicherungsträger nicht mehr als 0,1 Prozent des BIP an Defizit machen. Die Sozialversicherungsträger budgetieren zumindest ein Defizit von 0,2 Prozent.

Abschließend betonte Matznetter, dass Zukunftsinvestition im Budget 2006 fehlen: Trotz steigender Arbeitslosigkeit werden für aktive Arbeitsmarktpolitik nur elf Millionen Euro mehr ausgegeben, das sei eine reale Kürzung; bei Wissenschaft und Forschung werde das Budget um nominell 15 Millionen Euro gekürzt; für Universitäten gibt es nicht mehr Geld; für die Qualitätsoffensive im Bildungsbereich werden nur 2,8 Millionen Euro ausgegeben; bei der Wirtschaftsförderung für Klein- und Mittelbetriebe gebe es reale Kürzungen und im Bereich der Sicherheit gibt es um acht Millionen Euro weniger.

 

Lopatka: Rückfall in die alte SPÖ-Schuldenpolitik
Opposition bietet keine Alternativen außer Ausgabenerhöhung
Wien (övp-pk) - Dadurch, dass die Bundesregierung den Schuldenrucksack vergangener SPÖ-Finanzminister auf den Rücken geschnallt bekommen hat, sei heute der Spielraum enger, und trotzdem werden keine neuen Schulden gemacht, sagte ÖVP-Generalsekretär Dr. Reinhold Lopatka am Mittwoch (02. 03.) nach der Budgetrede des Finanzministers auf die Reaktionen des Ausgabenkaisers SPÖ-Budgetsprecher Matznetter und des Grünen- Budgetsprechers Kogler. "Matznetter hat als Alternative nur eine Belastungswelle für die Wirtschaft und neue Schulden im Talon und die Grünen haben gar keine Alternativen anzubieten", so Lopatka.

"In den Jahren 1970 bis 1986 wurden 20,4 Milliarden Euro Schulden von SPÖ-Finanzministern angehäuft. Erst unter einer ÖVP- Regierungsbeteiligung (1986-2000) ist diese verantwortungslose Politik beendet worden. 1987 bis 2006 beträgt der Primärüberschuss sogar 13,3 Milliarden Euro", rechnet der ÖVP-Generalsekretär vor. "Es wird Zeit mit der Legendenbildung aufzuräumen: Wenn wir 1986 keine Schulden gehabt hätten, wären wir auch heute schuldenfrei. Die seit 1986 dazugekommenen Schulden sind ausschließlich auf die Zinsbelastung zurück zu führen. Die SPÖ hat diese unglaublichen Belastungen für Generationen alleine zu verantworten."

"Das ist eine ganz einfache Milchmädchenrechnung: Die SPÖ- Finanzminister haben im Durchschnitt ein Defizit von 3 Prozent seit 1970 gemacht, unseres liegt bei unter einem Prozent. Hätten wir den Kurs von vor 2000 fortgesetzt, hätten wir bis 2006 zusätzlich 20 Milliarden Euro an Schulden", so Lopatka. Was das für die jährlichen Budgets der Zukunft bedeutet hätte, könne man sich einfach ausrechnen. Lopatka weiter: "Bei einer jährlichen Verzinsung von fünf Prozent, würde das jedes Jahr eine Milliarde Euro an zusätzlichen Belastungen für die nächsten Generationen bedeuten. Dafür können wir jetzt doppelt soviel (2 Milliarden) für Forschung ausgeben."

Bei einem genauen Blick und einer Rechnung, was die SPÖ alles fordere, komme man schon für das kommende Jahr auf zusätzliche Ausgaben von 19 Milliarden Euro. "Dann hätten wir im Vergleich zum rot-grünen Deutschland (3,9 Prozent) ein Defizit von 7,9 Prozent und einen Brief aus Brüssel auf dem Tisch", so Lopatka abschließend.

 

 Prinzhorn: "Budgetziel erreicht, Staatshaushalt stabiler denn je"
Zukunftsinvestitionen in F&E und Bildung steigern Wettbewerbsfähigkeit
Wien (fpd) - Der III. Nationalratspräsident und freiheitliche Budgetsprecher Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn zeigt sich mit dem Budgetvoranschlag 2006 zufrieden. Das für 2006 prognostizierte gesamtstaatliche Budgetdefizit liege mit 1,7 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) weit unter dem Durchschnitt von 2,5 % der Euro-Länder und stehe ganz im Zeichen der Entlastung. "220 Mio. Euro für eine weitere F&E-Offensive sowie ein Plus von 62 Mio. Euro für Bildung im Haushalt 2006 zeigten, wie wichtig der Bundesregierung Zukunftsinvestitionen zur Steigerung der österreichischen Wettbewerbsfähigkeit sind."

Während es in den 80er und 90er Jahren infolge sozialdemokratischer Schuldenpolitik steigende Defizite und Belastungen gegeben habe, habe Schwarz-Blau erstmals seit fast 27 Jahren für einen ausgeglichenen Staatshaushalt gesorgt, so Prinzhorn. Das "Erfolgsmodell Österreich", sei nicht umsonst der Neuen Zürcher Zeitung eine Schlagzeile wert gewesen.

In den Jahren 2004 bis 2006 werde die Steuerreform zwar kurzfristig höhere Defizite verursachen, diese seien aber angesichts der zu erwartenden Stärkung der Kaufkraft der privaten Haushalte und des Investitionsumfeldes mehr als gerechtfertigt. Allein die zwei Etappen der Steuerreform 2004/2005 brächten zusammen ein Entlastungsvolumen von mehr als 3 Mrd. Euro. Damit werde man sich aber nicht bescheiden, es gälte vielmehr, die Lohnnebenkosten weiter zu senken und Arbeitnehmer und Arbeitgeber gleichermaßen zu entlasten, so der freiheitliche Industriesprecher weiter. Dabei stünden tausende Klein- und Mittelbetriebe, die den Motor der heimischen Wirtschaft ausmachten, im Mittelpunkt freiheitlicher Entlastungspolitik.

Die Arbeitslosenrate in Österreich sei mit 4,5 % zwar nur halb so hoch wie im europäischen Durchschnitt, was u. a. auf den erhöhten Mitteleinsatz der Bundesregierung für aktive Arbeitsmarktmaßnahmen zurückzuführen sei, dennoch fordert Prinzhorn weitere Reformschritte. "Die Treffsicherheit bei den Sozialleistungen muss erhöht werden", so der III. Nationalratspräsident. "Dabei könnte eine maßvolle und sozialverträgliche Flexibilisierung der Arbeitszeit flexiblere Arbeitsmärkte schaffen, was wiederum zu mehr Beschäftigung und mehr Widerstandsfähigkeit der Arbeitsmärkte gegen konjunkturelle Einbrüche führen würde."

Österreich sei schon heute ein gefragter Standort für High-Tech-Ansiedlungen in Europa. Vier österreichische Regionen fänden sich unter den Top Ten aller 1207 EU-Regionen, während die attraktivsten deutschen Regionen erst ab Platz 443 zu finden seien. In die Infrastruktur sei unter freiheitlicher Regierungsbeteiligung um 30 Prozent mehr investiert worden als unter der Vorgängerregierung, die Forschungsquote sei mit 2,27 Prozent des BIP höher als je zuvor und liege über dem EU-Durchschnitt. Dies zeige, so Prinzhorn, dass Österreich in der Forschungs- und Entwicklungspolitik auf dem richtigen Weg sei. Trotzdem würden die Mittel für Forschung und Entwicklung im Zeitraum 2004 bis 2006 mehr als verdoppelt und die Ausgaben für Bildung und Kultur gegenüber 2005 um 62 Mio. Euro erhöht werden.

"Misst man die Stabilität am jährlichen Defizit, so waren die vergangenen fünf Jahre erfolgreicher als die 20 Jahre davor", betont Prinzhorn. Gehe es nach freiheitlichen Vorstellungen und laufe die Konjunktur weiterhin gut, werde es 2008 wieder einen ausgeglichenen Haushalt geben. Im gleichen Zeitraum könnte die Arbeitslosenquote auf 4 Prozent gesenkt werden, die Steuer- und Abgabenquote auf 40 Prozent des BIP und die Schuldenquote auf maastrichtkonforme 60 Prozent gesenkt werden.

 

 Regierung bestätigt Grün-Angaben über Abbau von 1.000 Plichtschullehrerinnen
Brosz: Regierungs-Ohrfeige für Eltern, SchülerInnen und LehrerInnen
Wien (grüne) - "Das von Finanzminister Grasser vorgelegte Budget 2006 bestätigt, dass die Regierung trotz Pisa-Diskussion 1.000 Planstellen im Pflichtschulbereich kürzen will", so Bildungssprecher Dieter Brosz. Bundessprecher Alexander Van der Bellen hatte gestern Alarm geschlagen und von entsprechenden Plänen des Finanzministers berichtet. "Das Budget für die LandeslehrerInnen sinkt trotz der von Bildungsministerin Gehrer hochgelobten sogenannten Sonderzahlung von 12 Millionen Euro von 2005 auf 2006 um 31 Millionen Euro. Diese Kürzungen sind eine Ohrfeige für Eltern, SchülerInnen und LehrerInnen, die bereits jetzt unter der tristen Finanzsituation im Schulbereich leiden. Die Regierung gibt damit keinen Euro mehr für individuelle Förderung, Ganztagsschulen und die Verbesserung der Sprachkenntnisse von MigrantInnen aus", kritisiert Brosz.
         

Wir übernehmen hier Stellungnahmen aller vier im Parlament
vertretenen Parteien – sofern vorhanden! Die Redaktion

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