Wirtschaftskammer-Wahl 2005  

erstellt am
18. 03. 05

 Matznetter: Wahlziel des SWV in Wien erreicht
Nur Fach- und Namenslisten sichern VP-Wirtschaftsbund knapp über 50 Prozent
Wien (sk) - "Für uns war es ein sehr schöner und überraschender Erfolg bei den Wirtschaftskammer-Wahlen", sagte der Spitzenkandidat des Sozialdemokratischen Wirtschaftsverbands (SWV) Christoph Matznetter am Donnerstag (17. 03.) nach den Wahlen. Der SWV konnte bundesweit auf 12,99 Prozent zulegen, das Ziel sind 12 Prozent gewesen. Matznetter begrüßte in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem Wiener SWV-Vorsitzenden Fritz Strobl das Angebot von Wirtschaftskammer-Präsidenten Leitl, die Parteipolitik in der Kammer zurückzudrängen und stärker die Interessen der Mitglieder zu vertreten. "Leitl hat hier eine besondere Verantwortung, hier auszumisten", so Matznetter.

Matznetter verwies darauf, dass in vielen Bezirksstellen die Büroadresse der Wirtschaftskammer und des Wirtschaftsbundes identisch sei. Der Tiroler Wirtschaftskammerpräsident Bodenseer habe wiederum auf Kosten der Wirtschaftskammer Wahlwerbung betrieben. Matznetter geht trotzdem nicht davon aus, das Wahlergebnis in Tirol anzufechten, da dies auch mit neuen Kosten verbunden wäre. Er geht aber davon aus, dass Leitl die richtigen Schritte setzt und dass bei der nächsten Wahl der derzeitige Tiroler Wirtschaftskammerpräsident nicht mehr Kandidat des Wirtschaftsbundes ist.

Der SWV habe neben den zum Teil großen Zugewinnen auch ein weiteres wichtiges Wahlziel erreicht: die absolute Mehrheit an Stimmen des Wirtschaftsbundes in Wien zu brechen, so Matznetter. Der Wirtschaftsbund habe nicht, wie gestern von der Wirtschaftskammer bekannt gegeben, 50,5 Prozent erreicht, sondern nur 48,4 Prozent, so Strobl. Zu dem Ergebnis seien nämlich auch Namens- und Fachlisten hinzugezählt worden, die zwar jetzt nach der Wahl mit dem Wirtschaftsbund fusionieren werden, aber bei der Wahl getrennt kandidiert haben. Auch das Ergebnis des SWV sei unter diesem Blickwinkel nicht 30,1 Prozent sondern nur 29,2 Prozent. An der Mandatsmehrheit im Wirtschaftsparlament für den Wirtschaftsbund würde sich aber aufgrund des korrigierten Ergebnisse nichts ändern, fügte Strobl hinzu.

"Wir werden nun ein Arbeitsprogramm in der Wirtschaftskammer erstellen", sagte Matznetter. Er ist überzeugt, dass die Mehrzahl der Funktionäre des VP-Wirtschaftsbundes eine bessere Ausgangssituation für Klein- und Mittelunternehmen schaffen wollen. Die Differenz zum SWV sei hier nicht sehr groß. Eine andere Frage sei die Loyalität der Wirtschaftsbund-Funktionäre zur ÖVP, die eine völlig falsche Wirtschaftspolitik mache, kritisierte Matznetter. Das sei ein Problem für die VP-Abgeordneten, die im Parlament gegen die Interessen der KMU stimmen müssten. Matznetter erwartet sich hier eine Umorientierung der Wirtschaftsbund-Funktionäre, die auch ein Mandat im Parlament haben.

 

 Jubel über Ergebnis bei den WK-Wahlen
Van der Bellen: Verfallsprozess der FPÖ geht weiter
Wien (grüne) - Hocherfreut zeigen sich die Grünen über das Ergebnis der Wirtschaftskammer- Wahlen. "Man kann der Grünen Wirtschaft nur uneingeschränkt gratulieren", betont Bundessprecher Alexander Van der Bellen am Donnerstag (17. 03.) bei einer Pressekonferenz. "Mit einem Plus von 3,7 Prozentpunkten haben wir die stärksten Zugewinne aller Fraktionen verzeichnen können", so Spitzenkandidat Volker Plass. "Wir sind mit einem Schlag in das Bundes-Wirtschaftsparlament und die Landesparlamente eingezogen".

Für Van der Bellen ist der Verfallsprozess der FPÖ auch bei der Wirtschaftskammer-Wahl weitergegangen. Der Trend der letzten Wahlen hat sich hier fortgesetzt. Gleichzeitig hat aber der ÖVP-Wirtschaftsbund von den Verlusten nicht entsprechend profitieren können. "Ich halte es für möglich, dass vor allem im Kleinunternehmerbereich der Frust über die Regierungspolitik groß ist", so Van der Bellen. So hätten etwa die Kleinstunternehmer von der Steuerreform 2004 und 2005 nicht profitiert.

"In jenen Branchen, in denen die Grüne Wirtschaft angetreten ist, haben wir ein österreichweites Ergebnis von 7,4 Prozent erreicht" , so Plass. Besonders gut habe man im Dienstleistungsbereich abgeschnitten, hier sei man im zweistelligen Bereich. Es sei natürlich ein Erfolg für den Wirtschaftsbund, so Plass. Aber man müsse auch den finanziellen Aufwand berücksichtigen. So habe im Wahlkampf der Wirtschaftsbund pro Tag so viel investiert wie den Grünen insgesamt zur Verfügung stand. "Wir haben als "kleiner David" erfolgreich gegen einen riesigen Goliath gekämpft. Wir wollen uns jetzt massiv für die Dinge einsetzen, für die wir im Wahlkampf gestanden sind", so Plass weiter.

Nicht zufrieden ist Plass allerdings mit dem komplizierten Wahlrecht zur Bestimmung des Wirtschaftsparlaments. Hier brauche es eine Reform. Plass verwies darauf, dass etwa die Fachgruppe UBIT Wien (Unternehmensberatung und Informationstechnologie) 9.768 Wahlberechtigte und 32 Mandate habe, das entspreche 305 Mitglieder pro Mandat. Bei der Fachvertretung der Wiener Selbahnen gebe es einen Wahlberechtigten und ein Mandat. Für die Hochrechnung ins Wirtschaftsparlament würden beide Mandate aber gleich viel zählen, wodurch das Wahlergebnis verfälscht werde.

 

 Lopatka: Zugewinne des Wirtschaftsbundes Folgeauftrag an Leitl
Interpretation des Wahlergebnisses durch Van der Bellen nicht nachvollziehbar
Wien (övp-pk) - Es sei "mehr als lächerlich", dass Grünen-Sprecher Van der Bellen das Ergebnis der Wirtschaftskammerwahlen als "Denkzettel" für die Wirtschaftspolitik der Bundesregierung interpretiere, sagte ÖVP- Generalsekretär Dr. Reinhold Lopatka am Donnerstag (17. 03.). Der Zugewinn des Wirtschaftsbundes auf bereits sehr hohem Niveau sei vielmehr ein Folgeauftrag an Wirtschaftsbund-Chef Christoph Leitl.

Selbst ein Berater des rot-grün regierten Deutschland, Bert Rürup, habe die österreichische Wirtschaftspolitik und ihr Steuermodell als "ausgesprochen wachstumsfreundlich und attraktiv" bezeichnet. "Im Schlafwagen, wie vor kurzem der deutsche Bundespräsident Horst Köhler gesagt hat, kommt man eben nicht an die Spitze, Herr Van der Bellen", so Lopatka abschließend.
     

Wir übernehmen hier Stellungnahmen aller vier im Parlament
vertretenen Parteien – sofern vorhanden! Die Redaktion

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