Infosäulen auf der Nibelungenbrücke  

erstellt am
08. 04. 05

Aktion des Kulturlandes Oberösterreich im Jubiläumsjahr 2005 als Erinnerung an die ehemalige Zonengrenze
Linz (lk) - 2,40 Meter hoch, mit einem dreieckigen Grundriss mit 80 Zentimeter Seitenlänge, bedruckt mit Infotexten und historischem Fotomaterial, so präsentieren sich seit Donnerstag (07. 04.) und in den nächsten Monaten zwei Infosäulen auf der Linzer Nibelungenbrücke als Erinnerung an die ehemaligen Kontrollposten an der sowjetischen und amerikanischen Zonengrenze.

"In einer Zeit, in der viele Oberösterreicherinnen und Oberösterreicher die Nibelungenbrücke hauptsächlich als staugefährliches Nadelöhr wahrnehmen, sollen zwei irritierende Installationen auf eine andere Sichtweise aufmerksam machen", so Landeshauptmann Dr. Josef Pühringer zu dieser Aktion des Kulturlandes Oberösterreich im Jubiläumsjahr 2005. "Wir wollen in Erinnerung rufen, dass Frieden und Freiheit in unserem Land keine Selbstverständlichkeit sind und dass die große Friedensidee, die die Politik der Jahre nach 1945 geprägt hat, immer wach gehalten werden muss", betont der Landeshauptmann.

In ihrer Darstellung klar und reduziert, erinnert anstatt des ehemaligen Grenzbalkens eine Bodenmarkierung - "Zonengrenze" - an die ehemals geteilte Stadt. Ein in die Säulen integriertes Zählwerk zeigt an, wieviele Passanten heute ungehindert die Brücke überqueren können, ohne die mühsamen und zeitraubenden Grenzkontrollen erdulden zu müssen.

Fast zehn Jahre lang bildete diese Brücke die Verbindung zwischen zwei weltumspannenden Machtblöcken, zwischen Westen (USA) und Osten (Sowjetunion). "Wir haben die längste Brücke der Welt - sie beginnt in Washington und endet in Sibirien!" sagte damals Landeshauptmann Dr. Heinrich Gleißner.

Die Kontrollposten an den beiden Brückenköpfen (bis 1947) bzw. am nördlichen Brückenkopf (beim "Bruckmüllerhaus"; bis 1953) erinnerten täglich daran, dass Österreich kein souveräner Staat war. Dominierend in der "öffentlichen" Erinnerung sind auf der Linzer Seite die Entlausungskabinen (DDT-Bestäubung) und auf der Urfahrer Seite die 'Stempelgläubigkeit' und Unberechenbarkeit der russischen Wachposten.

Kontrollen an der Zonengrenze Donau bis 8. Juni 1953
Im Alliierten Zonenabkommen vom 9. Juli wurde vereinbart, dass das gesamte Mühlviertel sowjetische und das gesamte Oberösterreich südlich der Donau amerikanische Besatzungszone werden sollte. Die Donau war nun Zonengrenze, Oberösterreich ein zweigeteiltes Land und Linz endgültig ? nachdem schon die Amerikaner Urfahr bis zum 9. Juni separat verwaltet hatten ? eine geteilte Stadt.

Bereits am 5. Juni 1945 war der Übergang über die Enns gesperrt worden; am 8. August sperrten die Sowjets auch die Nibelungenbrücke. Die Zonengrenzen konnten von der österreichischen Bevölkerung zunächst gar nicht, später nur mit Passierschein und schließlich mit einem viersprachigen Identitätsausweis überschritten werden. Täglich mussten an die 12.000 Menschen, die zwischen Linz und Urfahr pendelten, die Kontrollen über sich ergehen lassen. Greisen und Schwerkranken wurde es nach einiger Zeit erlaubt, in der Straßenbahn sitzen zu bleiben, während alle anderen Fahrgäste zweimal aus- und einsteigen mussten. Bei Großereignissen konnte es passieren, dass am Kontrollposten Wartezeiten bis zu einer Stunde entstanden.

Schon 1947 hatten die Westmächte - an der Nibelungenbrücke also die Amerikaner - einseitig die Kontrollen an ihren Zonengrenzen eingestellt. Erst sechs Jahre später, am 8. Juni 1953, hob auch die sowjetische Besatzungsmacht in Linz, Enns und bei den Posten entlang der Donau die permanente Kontrolle des Personen- und Lastenverkehrs auf.

Diese Maßnahme entfachte in Oberösterreich große Begeisterung. Auf der Nibelungenbrücke kam es zu einem regelrechten Volksfest; legendär ist der Tanz des Landeshauptmannes Gleißner mit der Frau des Linzer Bürgermeisters, Elvira Koref. Durch das freie Passieren der Linzer Nibelungenbrücke fühlte man sich nicht mehr eingesperrt, die Einheit des Landes war - zumindest gefühlsmäßig - wieder hergestellt und die Besatzung im Alltag kaum mehr präsent. Obwohl es noch fast zwei Jahre bis zum Abschluss des Staatsvertrages dauern sollte, verband sich in der Erinnerung der Bevölkerung schon bald diese Feier zur Aufhebung der Kontrollen am 8. Juni 1953 mit dem tatsächlichen Ende der Besatzungszeit durch den Staatsvertrag im Mai 1955.
     
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