Das intellektuelle Potenzial Europas wecken  

erstellt am
21. 04. 05

So können die Universitäten ihren vollen Beitrag zur Lissabonner Strategie leisten
Brüssel (europarl) - Die Europäische Kommission hat am Mittwoch (20. 04.) die Mitteilung „Das intellektuelle Potenzial Europas wecken: So können die Universitäten ihren vollen Beitrag zur Lissabonner Strategie leisten“ angenommen. Diese Mitteilung, der ein Arbeitsdokument der Kommission zum Thema „European Higher Education in a Worldwide Perspective“ beiliegt, ist ein Follow-up zur Mitteilung "Die Rolle der Universitäten im Europa des Wissens" und zur Konsultation der Betroffenen. Die neue Mitteilung verweist auf die zahlreichen Herausforderungen, vor denen Europas Universitäten stehen, und betont, dass sich – wenn nichts dagegen unternommen wird – der Abstand zu den wichtigsten Konkurrenten der EU in diesem Bereich weiter vergrößern wird.

„Die Antriebskräfte für nachhaltiges Wachstum in Europa sind heute Wissen und Innovation“ sagte Ján Figel’, Kommissar für allgemeine und berufliche Bildung, bei einer Pressekonferenz, „und die Universitäten tragen entscheidend zur Erreichung der vom Europäischen Rat bei seiner Frühjahrstagung festgelegten Ziele bei. Die heute angenommene Mitteilung macht jedoch deutlich, dass die Leistungen der europäischen Hochschuleinrichtungen im Vergleich zu unseren wichtigsten Konkurrenten, vor allem den USA, wesentliche Schwachpunkte aufweisen. Obwohl die Qualität der europäischen Universitäten im Schnitt relativ hoch ist, sind sie nicht in der Lage, ihr gesamtes Potenzial einzubringen, um das Wirtschaftswachstum anzukurbeln, den sozialen Zusammenhalt zu stärken und mehr und bessere Arbeitsplätze zu schaffen. Die Kommission fordert von den nationalen Entscheidungsträger/innen Maßnahmen, die es den Universitäten ermöglichen, im Rahmen der Lissabonner Strategie ihrer Rolle voll und ganz zu entsprechen.“

Mit lediglich 21% der EU-Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter, die eine Hochschulbildung absolvieren, schneidet die EU im Vergleich zu den USA (38%), Kanada (43%) oder Japan (36%) schlecht ab. Darüber hinaus pendelt sich derzeit die Zahl derjenigen, die ein Studium aufnehmen – von einigen wenigen Ländern abgesehen – auf einem vergleichsweise niedrigen Niveau ein. Nach Meinung der Kommission spiegelt dies die mangelnde Aufgeschlossenheit des Hochschulbereichs gegenüber gesellschaftlichen Veränderungen und dem Paradigma des lebenslangen Lernens wider.

Die geringere Leistungsfähigkeit Europas ist u. a. auf einen enormen Finanzierungsrückstand zurückzuführen. Die EU-Länder geben im Schnitt lediglich 1,1% des BIP für das Hochschulwesen aus und liegen damit gleichauf mit Japan, jedoch weit hinter Kanada (2,5%) und den USA (2,7%). Um denselben Prozentsatz wie die USA zu erreichen, müsste Europa jährlich zusätzlich 150 Milliarden Euro in das Hochschulwesen investieren. Diese Situation wirkt sich auf die Leistungen europäischer Universitäten in der Spitzenforschung aus: Sie „produzieren“ weniger wissenschaftliche Publikationen, Patente und Nobelpreisträger/innen als die USA. Ein wesentlicher Unterschied ist der Umstand, dass das europäische Hochschulwesen weiterhin fast ausschließlich auf (begrenzte) Mittel der öffentlichen Hand angewiesen ist, während die Konkurrenzländer eine wesentlich stärkere und dauerhaftere Ausweitung verzeichnen können – dank breiter gestreuter Finanzierungsquellen mit deutlich höheren Beiträgen der Industrie und privater Haushalte.

Die Mitteilung führt drei prioritäre Bereiche für die Reform der europäischen Universitäten an: (1) Steigerung der Qualität und Attraktivität der Universitäten in Europa, (2) Verbesserung der Steuerung und der Mechanismen sowie (3) Erhöhung und Diversifizierung der Finanzierung (mit oder ohne substanziellen Beitrag seitens der Studierenden).

Die Kommission fordert alle Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, dafür zu sorgen, dass ihre rechtlichen Rahmenbedingungen den Universitätsleitungen die Möglichkeit geben, echte Veränderungen einzuleiten und strategische Prioritäten zu verfolgen.

Die Universitäten müssen auch ganz entscheidend dazu beitragen, die Gesellschaft besser über ihre Wertschöpfung zu informieren, und mehr in ihre Präsenz und ihr Marketing im In- und Ausland investieren. Darüber hinaus müssen sie ihr Humanpotenzial sowohl qualitativ als auch quantitativ verbessern.

Die Kommission fordert den Rat auf, eine Entschließung anzunehmen, die ihre Forderung nach einer neuen Art von Partnerschaften zwischen der öffentlichen Hand und den Universitäten und nach ausreichenden Investitionen im Hochschulbereich unterstützt. Verstärkte Investitionen in die Modernisierung des Hochschulwesens und der Forschung in Europa sowie eine Steigerung ihrer Qualität sind eine direkte Investition in die Zukunft Europas und der Europäer/innen.
     
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