WTO-Zuckerurteil: Nicht zur Tagesordnung übergehen  

erstellt am
02. 05. 05

Wien (bmlfuw) - Das Zuckerurteil der Welthandelsorganisation (WTO), welches gestern veröffentlicht wurde, trifft Europa als Produktionsstandort der Lebensmittelindustrie empfindlich und muss jedenfalls auch zu einer verschärften Diskussion der WTO-Spielregeln führen. Bei der anstehenden Reform der EU-Zuckermarktordnung bedeutet dieses Urteil einen erhöhten Reformbedarf, der zu neuen Überlegungen über Alternativen wie insbesondere Energieproduktion führen muss, dies erklärte Landwirtschaftsminister Josef Pröll in Reaktion auf die Entscheidung des Berufungsorgans der WTO zum EU-Zuckerstreit mit Brasilien, Australien und Thailand.

Das WTO-Urteil bedeutet, dass für den Weltmarkt produzierter Zucker aus Europa und jene Mengen, die dem Import aus den Entwicklungsländern des afrikanischen, karibischen und pazifischen Raumes entsprechen, nicht mehr aus Europa exportiert werden dürfen. Dies trifft diese AKP-Länder ebenso wie Europa als Standort der Zuckerrübenproduktion massiv, vernichtet Arbeitsplätze und schädigt Regionen in ihrer Entwicklungsfähigkeit. Wenn dies das Ergebnis von WTO-Entscheidungen ist, dann muss man die „alten“ wirtschaftsliberalen Welthandelsregeln massiv in Frage stellen. Die Verankerung von non trade concerns wird angesichts dieser Entwicklungen umso notwendiger. Ziel von Welthandel kann nicht die Vernichtung von Arbeitsplätzen und die Schädigung von Regionen sein. Eine Überarbeitung des WTO-Regimes ist dringender notwendig denn je. Dass die WTO-Regeln Ziele wie Wohlstand und Wachstum zu fördern, nicht mehr erreichen, zeigt auch die aktuelle Situation im Welthandel mit Textilien.

Obwohl für Österreich die Produktion von C-Zucker (Zucker, der zu Weltmarktpreisen exportiert wird) kein Produktionsziel ist, und damit die direkte Betroffenheit wie in exportorientierten Staaten wie Frankreich nicht gegeben ist, sind die indirekten Auswirkungen der aktuellen WTO-Entscheidung dennoch gravierend. Durch die notwendig werdenden Quotenkürzungen aufgrund des Verbotes des AKP-Re-Exportes ist eine der drei österreichischen Zuckerfabriken vom Zusperren bedroht. Die europäische Antwort auf dieses Urteil kann daher nicht in einer weiteren Verschärfung der Produktionsreduktion liegen, sondern muss tragfähige Antworten für die von der Arbeitslosigkeit Betroffenen und für die von der Zuckerreform unter Druck gesetzten Bauern gleichermaßen geben. Die Lösung kann nicht mehr alleine im Rahmen der Agrarpolitik gelöst werden, sondern ist eine gesamteuropäische wirtschaftspolitische Herausforderung. Es geht um Arbeitsplätze und den Wirtschaftsstandort Europa und um das Ziel, nachhaltige Entwicklungen für Regionen zu ermöglichen und Europa gemäß der Lissabonstrategie auf den Wachstumspfad zu führen. Das darf durch das WTO-Regime nicht gefährdet werden.
     
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