Dritter Gentechnikbericht liegt vor  

erstellt am
26. 04. 05

Wieder mehr Anträge im Zeitraum von 2001 bis 2004
Wien (pk) - Der Dritte Gentechnikbericht (III-127 d.B.), der den Zeitraum vom 1. Juni 2001 bis 1. Juni 2004 umfasst, wurde dieser Tage dem Parlament zugeleitet. Er enthält eine zusammenfassende Darstellung der in Österreich durchgeführten Arbeiten mit gentechnisch veränderten Organismen (GVO) in geschlossenen Systemen, informiert über das Freisetzen von GVO, das Inverkehrbringen von Erzeugnissen sowie über durchgeführte Genanalysen und Gentherapien am Menschen. Der Bericht wurde im Auftrag der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen im Einvernehmen mit der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur von der Gentechnikkommission erstellt.

Aufgaben und Tätigkeit der Gentechnikkommission
Die Gentechnikkommission und ihre drei wissenschaftlichen Ausschüsse sind beim Bundesministerium für Gesundheit und Frauen zur Beratung der Behörde über grundsätzliche Fragen der Anwendung der Gentechnik eingerichtet. Des weiteren obliegt der Gentechnikkommission die Beschlussfassung über vorgeschlagene Abschnitte des Gentechnikbuches, in dem der Stand von Wissenschaft und Technik für alle gesetzlich vorgesehenen Bereiche des Einsatzes der Gentechnik in Österreich zu dokumentieren ist; für die laufenden Geschäfte ist beim Gesundheitsministerium eine Geschäftsstelle eingerichtet.

Anwendungen der Gentechnik in Österreich
Die Durchführung von Arbeiten mit GVO in geschlossenen Systemen ist anmelde- bzw. genehmigungspflichtig. Im Berichtszeitraum waren insgesamt 243 neue Anmeldungen bzw. Anträge auf Genehmigung von Arbeiten mit GVO zu verzeichnen (187 betreffend die Sicherheitsstufe 1, 53 betreffend die Sicherheitsstufe 3, 3 betreffend die Sicherheitsstufe 3). Was neue gentechnische Anlagen betrifft, so sah die Aufteilung folgendermaßen aus: 25 Anlagen in der Sicherheitsstufe 1, 9 Anlagen in der Sicherheitsstufe 2, 1 Anlage in der Sicherheitsstufe 3.

Zusammenfassend könne festgehalten werden, heißt es im Bericht, dass in den ersten beiden Jahren nach dem Inkrafttreten des Gentechnikgesetzes (1. Jänner 1995) eine große Anzahl an Anmeldungen und Anträgen zu bearbeiten war. In den folgenden Jahren war ein rückläufiger Trend zu beobachten. Im nun aufgezeigten Berichtszeitraum sei wiederum - bedingt durch die Neuansiedlung von Betrieben - ein Anstieg zu verzeichnen. Vor allem im privaten Sektor könne festgestellt werden, dass sich die Anzahl der angemeldeten Arbeiten in der Sicherheitsstufe 2 immer mehr an die der Sicherheitsstufe 1 annähert. Dies führen die Autoren des Berichts darauf zurück, dass weitere Arbeiten der Sicherheitsstufe 1 nicht anmeldepflichtig sind, andererseits aber auch darauf, dass die meisten neu angesiedelten Betriebe sich hauptsächlich mit medizinischen Forschungsthemen beschäftigen und daher zumeist mit humanpathogenen Organismen der Risikogruppe 2 arbeiten.

Österreich - EU: unterschiedliche Ansichten hinsichtlich Freisetzung
Jede Freisetzung von GVO sowie das Inverkehrbringen von Erzeugnissen, die aus GVO bestehen oder solche enthalten, bedarf der Genehmigung durch die Behörde. Im Berichtszeitraum wurde weder beim Gesundheitsministerium noch beim Wissenschaftsministerium ein Antrag auf Genehmigung gestellt. Was die Genehmigung durch andere EU-Behörden betrifft, die jenen durch österreichische Behörden gleichgestellt sind, so sind die Erzeugnisse im Gentechnikregister erfasst. Seit den letzten Zulassungen gentechnisch veränderter Nutzpflanzen im Jahren 1998 herrschte bezüglich der Neuzulassung eine Pattstellung ("De facto-Moratorium").

Nachdem nun aber die beiden EU-Verordnungen über genetisch veränderte Lebens- und Futtermittel sowie über die Rückverfolgbarkeit und Kennzeichnung von GVO fertig gestellt wurden, hat die Kommission einseitig das Moratorium beendet. Am 19. Mai 2004 wurde der Mais (Zuckermais) BT11 für den Import zu Nahrungsmittelzwecken zugelassen, obwohl sich eine Reihe von Mitgliedstaaten (darunter auch Österreich) dagegen aussprach. In einer von allen Parteien unterstützten Entschließung vom Juni 2004 bekräftigte das österreichische Parlament neuerlich seine Aufforderung an die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung, auf EU-Ebene weiterhin gegen die Neuzulassung von GVO einzutreten.

Genanalysen und Gentherapien am Menschen
Der wissenschaftliche Ausschuss für Genanalysen und Gentherapie am Menschen erstellte Gutachten zu insgesamt 20 Anträgen auf Zulassung von Einrichtungen zur Durchführung von Genanalysen. Dabei handelte es sich um 11 Neuanträge sowie um 9 Anträge auf Erweiterung einer bereits bestehenden Zulassung, wobei schließlich alle nach eingehender Prüfung zugelassen bzw. genehmigt wurden. Die zugelassenen Einrichtungen befassen sich sowohl mit einem weit reichenden Tätigkeitsgebiet (humangenetische Untersuchungen bezüglich zahlreicher genetisch determinierter Erkrankungen), als auch mit sehr speziellen Fachgebieten, z.B. der Kinder- und Jugendheilkunde, der Dermatologie, der medizinisch-chemischen Labordiagnostik und der internen Medizin. Diese Untersuchungen werden von acht Abteilungen von Krankenanstalten der Länder und Gemeinden durchgeführt, sieben Universitätskliniken der Medizinischen Uni Wien, zwei Universitätsinstituten (Wien und Graz) sowie drei privaten Einrichtungen.

Was die Gentherapie angeht, so wurde im Berichtszeitraum kein Antrag gestellt.

Entwicklungen auf EU-Ebene
Auf EU-Ebene wurde eine neue Freisetzungsrichtlinie beschlossen, die in Österreich im Rahmen einer weiteren Novelle des Gentechnikgesetzes, die am 23.10.2004 vom Nationalrat verabschiedet wurde, umgesetzt. Die wichtigsten Inhalte der Richtlinie können wie folgt zusammengefasst werden: Berücksichtigung des Vorsorgeprinzips, erstmalige Festlegung von einheitlichen Kriterien für die Risikobewertung, Befristung der Zulassung zum Inverkehrbringen auf längstens 10 Jahre, eindeutige Kennzeichnung und Maßnahmen zur Gewährleistung der Rückverfolgbarkeit, verpflichtendes Monitoring von in Verkehr gebrachten Produkten, Registerführung über die Orte der Freisetzung und des kommerziellen Anbaus von GVO-Pflanzen, Festlegung spezifischer Anwendungsbestimmungen in der schriftlichen Zustimmung, schrittweise Einstellung der Verwendung von bedenklichen Antibiotika-Resistenz-Markern in GVO Produkten bis 31.12.2004, verbesserte Transparenz und Öffentlichkeitsbeteiligung, Berichtspflichten der Kommission, Verpflichtung zur künftigen Übernahme der Bestimmungen des Cartagena-Protokolls über die biologische Sicherheit betreffend das Verfahren der vorherigen Zustimmung bei Exporten.

In den Berichtszeitraum fällt auch die Erlassung von EU-Verordnungen, mit denen ein neues umfassendes Zulassungsverfahren für alle Lebens- und Futtermittel, die aus GVO hergestellt wurden, sowie eine strenge Kennzeichnungspflicht und Rückverfolgbarkeitsanforderungen festgelegt wurden.

Das österreichische Genomforschungsprogramm "GEN-AU"
Das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur hat im September 2001 ein Genomforschungsprogramm ("GEN-AU") ausgeschrieben. Nur mit einem eigenständigen nationalen Genomforschungsprogramm könne Österreich nachhaltig seine Wettbewerbsfähigkeit auf einem Forschungsgebiet sichern, das weltweit in den nächsten Jahrzehnten die zentrale Leitwissenschaft darstelle, heißt es im Bericht. Die Ergebnisse der Genomforschung sollen zu einem neuen Bild und Verständnis über Ursachen und Abläufe von Lebensvorgängen verhelfen sowie zu einem besseren Verständnis der Ursachen menschlicher Erkrankungen und zur Entwicklung neuer Medikamente und Therapien beitragen. Aber auch die Bekämpfung von Tier- und Pflanzenkrankheiten könne durch Erkenntnisse aus der Genomforschung erhebliche Fortschritte machen (http://www.gen-au.at).

Sicherheitsforschung zur Gentechnik
Im Auftrag verschiedener Ministerien wurden im Berichtszeitraum zahlreiche Forschungsaufträge vergeben, die sich mit der Sicherheit in der Gentechnik befassten. Dabei wurden beispielsweise folgende Themenbereiche näher untersucht: Monitoring von mit gentechnisch verändertem Mais kontaminierte Maisfelder, GVO-freie Bewirtschaftungsgebiete, Concepts of Coexistence, Toxikologie und Allergologie von GVO-Produkten, Transgene Obstbäume.

Auch auf EU-Ebene wurden und werden im Zuge der Forschungs-Rahmenprogramme umfangreiche Untersuchungen von möglichen Risken und Sicherheitsmaßnahmen bei der Anwendung von gentechnisch veränderten Organismen finanziert, an denen sich auch österreichische Gruppen beteiligen.
     
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