erstellt am
06. 05. 05

 Bildungspolitik / Schulgipfel
 Grundsätze verfassungsrechtlich abgesichert
Mehr Flexibilität im Bildungsbereich geschaffe
Wien (övp-pk) - Bundeskanzler Wolfgang Schüssel begrüßte am Mittwoch (04. 05.) die erzielte Einigung im Unterrichtsausschuss. Damit sei der "Weg für die Schulreformen frei". Er gratulierte Elisabeth Gehrer zum erfolgreichen Ausgang der Verhandlungen und sprach von einem "schönen Geschenk" zum zehnten Jahrestag ihrer Ministerschaft.

Großer Wurf - Jahrhundertgesetz
Bildungsministerin Elisabeth Gehrer sieht durch die gemeinsam verabschiedete Regelung das differenzierte Schulsystem klar abgesichert. Den Kompromiss mit der SPÖ bezeichnete sie als "großen Wurf" und "Jahrhundertgesetz". Es sei sichergestellt, dass Gymnasien, Hauptschulen, HTLs und HAKs nicht von heute auf morgen abgeschafft werden könnten. Die ebenfalls in der Verfassung festgeschriebenen Punkte Schulgeldfreiheit, Schulpflicht, öffentliches Schulsystem und Konkordat inklusive Religionsunterricht seien ohnehin nie in Frage gestanden.

Bildungspolitische Grundsätze der ÖVP
Auch ÖVP-Klubobmann Wilhelm Molterer und ÖVP-Bildungssprecher Amon freuen sich über die erzielte Einigung zur Schulreform. "Das Ergebnis spiegelt die bildungspolitische Grundsätze der ÖVP wider - Die Prinzipien der Schule sind nicht disponibel, aber die Schulreform ist frei", so Molterer.

Differenzierung des Bildungssystems
"Es ist uns gelungen, das für uns Wesentliche, also die Differenzierung des Bildungssystems nach Inhalt in allgemein bildende und berufsbildende Schulen sowie nach Bildungshöhe verfassungsrechtlich abzusichern", sagte ÖVP-Bildungssprecher Amon in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit den Bildungssprechern von BZÖ und SPÖ nach der Einigung im Unterrichtsauschuss.

Grundsätze verfassungsrechtlich abgesichert
"Wir sind mit dem Ergebnis sehr zufrieden. Es ist ein sehr weiter Schritt gelungen; ein relativ breiter parteiübergreifender Konsens wurde hergestellt. Wesentliche Grundsätze konnten erhalten bleiben; unsere Grundsätze sind verfassungsrechtlich abgesichert. Erzielt werden konnte auch eine erhöhte Flexibilität in der künftigen Weiterentwicklung des Bildungssystems", so Amon.

 

Niederwieser: Einigung eröffnet Vielzahl an organisatorischer Möglichkeiten
Alle Vorschläge der Zukunftskommission können nun mit einfacher Mehrheit beschlossen werden
Wien (sk) - Als ein für beide Seiten sehr gutes Ergebnis beschreibt SPÖ-Bildungssprecher Erwin Niederwieser die gestrige Einigung im Unterrichtsausschuss, da der Hauptzweck erreicht wurde, Beschlüsse im Nationalrat in weitesten Bereichen künftig mit einfacher Mehrheit fassen zu können. "Praktisch alle 33 Punkte, die von der Zukunftskommission in ihrem Endbericht vorgeschlagen werden, können jetzt mit einfacher Mehrheit beschlossen werden, während sie ohne diese Einigung weitgehend nur mit 2/3-Mehrheit zu beschließen gewesen wären", so Niederwieser am Donnerstag (05. 05.) gegenüber dem SPÖ-Pressedienst.

Dem Gesetzgeber ermögliche die Einigung nun vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten, die im Interesse jeder Regierung gelegen sein müssen. Man könne das bisherige System beibehalten, man könne neue Schulformen vorsehen (z.B.die kooperative Mittelschule zu einer Regelschule machen, neue Formen berufsbildender Schulen schaffen oder den Berufsschulen neue Aufgaben Tätigkeitsfelder eröffnen, wie es im SPÖ-Bildungsprogramm vorgesehen ist), man könne die derzeitigen äußeren Formen der Differenzierung aber auch durch innere Differenzierungen ergänzen oder ersetzen, bei den einzelnen Schulformen neue Fächer oder Fächerkombinationen vorsehen oder eine echte modulare Oberstufe einrichten.

Für die SPÖ sei der Vorschlag der ÖVP nicht akzeptabel gewesen, die derzeitigen Schularten wie sie im Schulorganisationsgesetz stehen, für alle Zeiten festzuschreiben.

Die nach vielen Verhandlungsrunden gestern im Unterrichtsausschuss beschlossene Regelung enthalte nun alle von der SPÖ geforderten Punkte und für ein gegliedertes Schulsystem folgende Passage: "Der Gesetzgeber hat ein differenziertes Schulsystem vorzusehen, das zumindest nach Bildungsinhalten in allgemeinbildende und berufsbildende Schulen und nach Bildungshöhe in Primar- und Sekundarschulbereiche gegliedert ist, wobei bei den Sekundarschulen eine weitere angemessene Differenzierung vorzusehen ist."

"Unabhängig von den Gestaltungsmöglichkeiten gilt die gestern von SPÖ-Vorsitzenden Alfred Gusenbauer und mir neuerlich wiederholte Position der SPÖ, dass Strukturreformen vor allem unter dem Gesichtspunkt einer leistungsfähigen und chancengerechten Schule wichtig sind, dass diese aber gründlich beraten und vorbereitet werden müssen und dass dabei von der SPÖ jedenfalls ein breiter Konsens gesucht wird, um ein so umfangreiches Projekt auch erfolgreich realisieren zu können. Im Mittelstufenbereich sind Gemeinden, Städte, Länder und Bund in vielfacher Weise als Schulerhalter, Dienstgeber und Gesetzgeber betroffen sodass Gewaltakte nicht empfehlenswert sind", unterstrich Niederwieser.

"Wichtiger ist für uns aber, dass der Weg frei ist für eine ganze Palette an dringender Reformen ist. Das betrifft die Frühförderung vor allem im sprachlichen Bereich, die Vorschule, den Ausbau der ganztägigen Schulen als echtes flächendeckendes Angebot, den Ausbau der Förderung vor allem in Bereichen mit einem hohen Anteil an 'Risikoschülern' (lt. PISA vor allem in Berufsschulen und Polytechnischen Schulen), eine moderne LehrerInnenausbildung und Instrumente der Qualitätssicherung inkl. Bildungsstandards", sagte Niederwieser.

Abschließend wies der SPÖ-Bildungssprecher auf die Chronik der Ereignisse in dieser Frage hin: Die SPÖ habe als ihre Forderungen die Schulgeldfreiheit die Schulpflicht einschließlich der Berufsschulpflicht den Erhalt des öffentlichen Schulwesens als Aufgabe des Staates, eine moderne Zielbestimmung für die österreichische Schule und (als Wunsch der Kirchen) die Absicherung des Religionsunterrichts in die Verhandlungen eingebracht. Einige dieser Punkte waren von der ÖVP schon früher ebenfalls als "weiterhin abzusichern" bezeichnet worden, die im Parlament am 30. März 2005 eingebrachte Regierungsvorlage habe aber nur die komplette Abschaffung der 2/3-Materien enthalten. Die ÖVP sei in die Verhandlungsrunde am vergangenen Montag bei Bundeskanzler Schüssel mit einem Text gegangen, der die Schulgeldfreiheit, die Schulpflicht und den Religionsunterricht in einer Form vorgesehen hat, wie es für die SPÖ akzeptabel gewesen war.

 

 Strache: Schulreform kein "großer Wurf"!
NAbg. Barbara Rosenkranz hat Weitblick und Mut bewiesen - Schulreform offenbar Vorleistung für zukünftige SPÖ-Schulpolitik!
Wien (fpd) - Äußerst positiv wertete heute der Bundesobmann der FPÖ, LAbg. GR Heinz- Cchristian Strache, die Gegenstimme von NAbg. Barbara Rosenkranz zur "ausgepackelten" Schulreform von ÖVP, SPÖ und BZÖ. Rosenkranz habe damit bewiesen, dass sie den bildungspolitischen Auftrag ihres Mandats wesentlich ernster nehme, als dies die Vertreter von SPÖ, ÖVP und BZÖ tun.

Die schwammige Formulierung bezüglich der "angemessenen Differenzierung" sei in Wahrheit nichts anderes als die politische Hintertüre um schlussendlich doch noch die "Gesamtschule" nach sozialistischem Muster in Österreich zu etablieren. Ob es sich beim gestrigen Beschluss bereits um eine Vorleistung der ÖVP-BZÖ Koalition für eine zukünftige SPÖ Regierungsbeteiligung handle, könne nur vermutet werden. Fakt sei jedenfalls, dass die "Schulreform" mit Sicherheit nicht der "große Wurf" sei, den uns die Regierung jetzt als solchen verkaufen wolle, so Strache abschließend.

 

 Brosz: SPÖ dürfte sich bei 2/3-Mehrheit über den Tisch ziehen haben lassen
ÖVP gibt Handschlagsqualität zugunsten von Blockadementalität auf
Wien (grüne) - Erste Rückfragen bei Verfassungsrechtlern deuteten darauf hin, dass mit der gestern zwischen ÖVP und SPÖ vereinbarten Kompromissformel betreffend das differenzierte Schulsystem die Einführung einer gemeinsamen Schule nur schwer möglich sein dürfte. Es sei also zu befürchten, dass sich die SPÖ bei den gestrigen Verhandlungen über den Tisch ziehen hat lassen. Die Interpretation der SPÖ jedenfalls, dass damit die Einführung der gemeinsamen Schule möglich sei, stehe auf tönernen Füssen. "Unter diesen Voraussetzungen sollte es sich die SPÖ gut überlegen, ob sie diesem Kompromiss nächste Woche im Parlament wirklich zustimmen will. Damit würde sie völlig von ihrer bisherigen Linie abweichen, wonach die Schulstruktur nicht in der Verfassung festgeschrieben werden soll. Wenn mit dem Kompromiss tatsächlich die gemeinsam Schule unmöglich gemacht wird und die SPÖ dem zustimmt, dann hat sie ihre grundsätzliche Postion vollkommen über Bord geworfen", so Dieter Brosz, Bildungssprecher der Grünen.

"Bei der ÖVP zeigt sich, dass sie keine Handschlagsqualität hat. Ihre beim Reformdialog im Februar gegebene Zusage auf Blockademöglichkeiten zu verzichten, hat nicht einmal drei Monate gehalten. Taktisches Verdribbeln der SPÖ und die Blockadementalität der ÖVP haben eine gänzliche Abschaffung der Zwei-Drittel-Mehrheit verhindert", so Brosz.
     

Wir übernehmen hier Stellungnahmen aller im Parlament
vertretenen Parteien – sofern vorhanden! Die Redaktion

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