Reformdialog über Wachstum- und Beschäftigung  

erstellt am
03. 05. 05

Schüssel: "Eine Milliarde für die Forschung"
Wien (bpd) - Bundeskanzler Wolfgang Schüssel lud am Montag (02. 05.) zu einem Reformdialog über Wachstum- und Beschäftigung in die Wiener Hofburg ein. An den Gesprächen sind Sozialpartner, die Parteien, die Ländern, Vertreter der Universitäten und Wirtschaftsforscher beteiligt. Auch der renommierte Sozialexperte Bert Rürup und der Vizepräsident der Europäischen Kommission, Günter Verheugen, nehmen an dem Dialog teil. Wolfgang Schüssel in seinem Eingangsstatement: „Wir werden in den kommenden Monaten ein breite Diskussion über Wirtschaftswachstum und Beschäftigung führen und wollen im Herbst der Europäischen Union ein Ergebnis präsentieren. Die Frage, die uns beschäftigt, ist, wie wir Wettbewerbsfähigkeit und soziale Kohärenz vereinbaren können.“

Schüssel fasste in seinem Statement die neun wichtigsten Impulse zusammen, die den heutigen Reformdialog beschäftigen. „Die Forschung muss noch stärker gefördert werden“, so Schüssel. „Ich schlage eine Forschungsanleihe von einer Milliarde Euro vor.“ Ziel ist, bis 2010 eine Forschungsquote von drei Prozent zu erreichen.

Um die Arbeitsmarktsituation zu entschärfen, schlug Bundeskanzler Schüssel vor, die Planung von Energieprojekten zu beschleunigen: „Um die geplanten Projekte umzusetzen, wollen wir die Frist, die bald auslaufen wird, bis Ende 2007 ausdehnen.“ Der Impuls für den Arbeitsmarkt wäre groß: „Etwa 3000 Arbeitsplätze könnten wir dadurch schaffen“, so Schüssel. Weiters plant die Bundesregierung die Beschleunigung bei Betriebsgenehmigungen.

Um in einem erweiterten Europa bestehen zu können, sei eine funktionierende Infrastruktur von herausragender Bedeutung, so Schüssel. „Wir wollen die Brücken Richtung Mittel- und Osteuropa verstärken, da gerade diese Region ein großes Wirtschaftspotenzial in sich birgt.“ Auch die weitere Förderung von Breitband sprach Bundeskanzler Schüssel an: „in dieser Hinsicht könnten wir durch die zwingende Vorgabe von Förderungsrichtlinien sehr vieles bewegen.“

Impulse für Arbeitnehmer und Wirtschaft seien einerseits Arbeitszeitflexibilisierungen und anderseits die Weiterbildung vor allem älterer Arbeitnehmer. „Bei den Flexibilisierungen finden derzeit konstruktive Gespräche zwischen den Wirtschaftsministerium und den Sozialpartnern statt. Ich glaube, wir sind hier auf einem guten Weg.“ Auch den Sozial- und Wirtschaftsbetrug sagte der heutige Reformdialog den Kampf an. „Wir sind bereit, die Zahl der Kontrolleure zu verdoppeln“, so Schüssel.

Weitere Wirtschaftsimpulse erwartet sich die Bundesregierung durch die Weiterführung der Exportoffensive und eine Senkung der Sparquote. Schüssel erwähnte auch die Konjunktur- und Wachstumspakete in den letzten fünf Jahren. „Den größten Impuls gab die heurige Steuerreform, die vor allem für kleine und mittlere Einkommen eine spürbare Entlastung bringt, aber auch für den Wirtschaftsstandort ganz wesentlich ist. Die Voraussetzung für die Schaffung von Arbeitsplätzen ist Wirtschaftswachstum. Wir brauchen Impulse, um die Beschäftigtenquote zu erhöhen.“

 

 Broukal: Leeres PR-Gerede wird langsam peinlich
Kein Euro mehr für die Forschung als bisher, nur ein bisschen teurer
Wien (sk) - "Fünfhundert Millionen, eine Milliarde, wer bietet mehr? Die Regierung schafft es also nicht, aus Steuereinnahmen das Geld für ihr eigenes Forschungsziel aufzubringen (drei Prozent F&E-Quote im Jahr 2010). Dieses Eingeständnis verpackt sie in eine bombastische Ankündigung: "Wir nehmen einen Kredit auf!", erklärte SPÖ-Wissenschaftssprecher Josef Broukal am Montag (02. 05.) gegenüber dem Pressedienst der SPÖ. Interessant sei, dass mit der Forschungsanleihe nicht mehr Forschung gefördert werden soll, als die Regierung bisher auch schon versprochen hat. Sie habe gestern bloß eingestehen müssen, dass sie es mit ihrer Finanzpolitik aus eigener Kraft nicht schaffen wird.

Die "Forschungs-Milliarde" sei offenbar in letzter Sekunde von den PR-Beratern Schüssels erfunden worden. "Man fragt sich freilich, wie das Ganze ablaufen soll. Pro Jahr sollen ja, sagt Finanzminister Grasser, 150 Millionen Euro aus der Anleihe in die Forschung fließen. Nimmt der Bund 2005 wirklich eine Milliarde Euro auf und lässt den Großteil davon jahrelang herumliegen, während Zinsen bezahlt werden müssen? Nein, es handelt sich um ein unausgegorenes PR-Produkt. Um Aufklärung wird gebeten!"

Und wie geht es nach 2010 weiter?
Anleihen werden üblicher Weise aufgenommen, um Investitionen zu finanzieren, die dann Geld einspielen, mit dem man das Geborgte zurückzahlt: Eine mautpflichtige Autobahn, eine Bahnstrecke, die eine ganze Region beleben soll. Bei der Forschung aber sei ja mit dem Jahr 2010 nichts "fertig". Auch im Jahr 2011 ist wieder staatliches Fördergeld notwendig, um erneut auf drei Prozent Forschungsquote zu kommen. "Planen Schüssel und Gorbach für 2011 die nächste Milliarden-Anleihe?, frage Broukal.

 

 Grünewald: Forschungsmilliarde ist "Schwelgen in Superlativen"
Für stabiles Forschungsbudget mit mehr Nachhaltigkeit
Wien (grüne) - „Der Reformdialog zum Tag der Arbeit lässt sich wieder einmal unter der Überschrift 'Schwelgen in Superlativen' zusammenfassen“, kommentiert der Wissenschaftssprecher der Grünen, Kurt Grünewald, das PR-Ereignis der Bundesregierung. Kritik übt Grünewald vor allem an Minister Gorbach, der Österreich durch die Ankündigung einer Forschungsmilliarde bereits im Spitzenfeld Europas sehe, obwohl es dazu keine Beweise gebe. Das Gegenteil sei der Fall. "Das Forschungsbudget stagniert seit Jahren und das wichtigste Anliegen der Betroffenen in der Forschungslandschaft, nämlich stabile Regelbudgets mit mittelfristiger Planungssicherheit, ist durch die Ankündigung einer Forschungsmilliarde nach wie vor nicht umgesetzt“, so Grünewald.

Bestes Beispiel sei der Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF), der aufgrund niedrigster Regelbudgets immer wieder bis zum Jahresende darum kämpfen müsse, zusätzliche Mittel aus Forschungsmilliarden oder Offensivprogrammen zu erhalten, um zumindest 50 Prozent der vorliegenden Projekte finanzieren zu können. Grünewald fordert die Bundesregierung auf, endliche eine mittel- bis langfristige Planungssicherheit für die Forschungsförderung zu garantieren. „Wir müssen gerade in der Forschungsfinanzierung weg von einmaligen Offensivprogrammen und hin zu stabilen Regelbudgets. Wenn die Bundesregierung nun Anleihen aufnehmen muss, um die Forschung zu finanzieren, dann läuft finanzierungstechnisch einiges falsch. Von budgetärer Nachhaltigkeit ist hier jedenfalls nichts in Sicht“, so Grünewald abschließend.
     

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vertretenen Parteien – sofern vorhanden! Die Redaktion

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