Kommission fordert von den Mitgliedstaaten GAP-Gelder in Höhe von 277,25 Mio. EUR zurück  

erstellt am
03. 05. 05

Brüssel (europarl) - Die Kommission hat am Montag (02. 05.) beschlossen, EU-Agrargelder in Höhe von insgesamt 277,25 Mio. EUR, die von den Mitgliedstaaten vorschriftswidrig verwendet wurden, wieder einzuziehen. Begründet wird die Rückforderung mit unzureichenden Kontrollverfahren bzw. der Nichteinhaltung von EU-Vorschriften über die Agrarausgaben. Die Mitgliedstaaten sind für die Auszahlung und Prüfung praktisch aller Ausgaben im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) zuständig, während sich die Kommission vergewissern muss, dass die Mitgliedstaaten die Mittel vorschriftsmäßig verwendet haben.

Die für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung zuständige Kommissarin Mariann Fischer Boel erklärte: „Die Gelder der europäischen Steuerzahler müssen vorschriftsmäßig verwendet werden. Wie die heutige Entscheidung zeigt, ist die Kommission in dieser Frage zu keinen Kompromissen bereit und wird weiter unnachgiebig gegen Missbrauch und zu laxe Kontrollen vorgehen. Wir werden nicht zögern, von den Mitgliedstaaten vorschriftswidrig verwendete Gelder zurückzufordern.“

Dieses regelmäßige Prüfverfahren ist ein unverzichtbares Instrument zur Kontrolle der GAP-Ausgaben und ermöglicht die Rückforderung von Beträgen, die von den Mitgliedstaaten ohne ausreichende Gewähr hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Zahlungen oder der Zuverlässigkeit des Kontroll- und Überprüfungssystems ausgezahlt wurden.

Die wichtigsten finanziellen Berichtigungen
Nach der jüngsten Entscheidung werden von Belgien, Deutschland, Dänemark, Griechenland, Spanien, Frankreich, Italien, den Niederlanden, Portugal und dem Vereinigten Königreich Gelder wieder eingezogen. Die wichtigsten Berichtigungen im Einzelnen betreffen:

  • Spanien (113,40 Mio. EUR): erhebliche Mängel beim Kontrollsystem und allgemeiner Betrug (Berichtigung von 100%, d.h. Wiedereinziehung aller ausgezahlten Gelder) im Flachsektor für die Wirtschaftsjahre 1998/99 und 1999/2000;
  • Spanien (21,08 Mio. EUR): erhebliche Mängel beim Kontrollsystem im Flachssektor (Berichtigung von 25%) für die Wirtschaftsjahre 1996/97 und 1997/98 und im Hanfsektor (Berichtigung von 10% für die Wirtschaftsjahre 1996/97 und 1997/98 und von 25% für die Wirtschaftsjahre 1998/99 und 1999/2000);
  • Italien (68,71 Mio. EUR): vor allem wegen Überschreitung der Obergrenze für die tatsächliche Olivenölerzeugung in den Wirtschaftsjahren 1998/99 und 1999/2000;
  • Griechenland (25,36 Mio. EUR): vor allem wegen nicht ausreichendes Gewähr für die Ordnungsmäßigkeit der Anträge im Sektor landwirtschaftliche Kulturpflanzen.


Die Einzelheiten zu den Wiedereinziehungen, aufgeschlüsselt nach Mitgliedstaaten und Sektoren, sind den beigefügten Tabellen zu entnehmen (Anhänge I und II).

So funktioniert das Verfahren

Mitgliedstaaten sind zuständig für Zahlung und Wiedereinziehung
Die Mitgliedstaaten sind zuständig für praktisch alle Zahlungen, die Erhebung aller Abgaben und die Wiedereinziehung aller zu Unrecht gezahlten Beträge im Rahmen des EAGFL (Europäischer Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft), Abteilung Garantie.

Beim Rechnungsabschlussverfahren muss die Kommission insbesondere mittels Vor-Ort-Kontrollen sicherstellen, dass die Mitgliedstaaten die ihnen vom EAGFL bereitgestellten Finanzmittel vorschriftsmäßig verwendet haben. Die Kommission führt alljährlich über 200 solcher Kontrollen in den Mitgliedstaaten durch.

Einsatz von Luft- und Satellitenaufnahmen und von Datenbanken
Die Kommission arbeitet mit den Mitgliedstaaten zusammen, um sicherzustellen, dass die Zahlstellen alle Anträge vor der Auszahlung gründlich prüfen und die Rechnungen und Verfahren der Zahlstellen alljährlich nach den international anerkannten Standards kontrolliert werden. Außerdem unterstützt die Kommission alle Mitgliedstaaten aktiv bei der Einsetzung eines integrierten Kontrollsystems unter Einsatz modernster Technik, um die Anbauflächen durch Luft- oder Satellitenaufnahmen zu kontrollieren und mit den Anträgen in den elektronischen Datenbanken abzugleichen.

Wiedereinziehung der Finanzmittel
Kommt die Kommission trotz dieser Vorkehrungen zu dem Ergebnis, dass die Kontrollverfahren in einem Mitgliedstaat Mängel aufweisen oder nicht mit den EU-Vorschriften vereinbar sind, zieht sie den vorschriftswidrig gezahlten Betrag von dem betreffenden Mitgliedstaat wieder ein. Erweisen sich die von einem Mitgliedstaat angewandten Verfahren als nicht zufrieden stellend, so verweigert die Kommission die Finanzierung eines Teils oder der Gesamtheit des betreffenden Betrags.

Die Reform des Verfahrens zur Wiedereinziehung vorschriftswidrig ausgegebener Beträge von 1995
Dieses System wurde 1995 überarbeitet, um es effizienter zu machen. Jetzt baut es auf zwei verschiedenen Verfahren auf:

Das erste Verfahren ist rein finanzieller Art und stützt sich hauptsächlich auf Audits durch Kommissionsbedienstete (mittels Bescheinigung der von den unabhängigen Stellen vorgelegten Rechnungen) in Bezug auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der Rechnungen und die Einhaltung der EU-Vorschriften durch die Zahlstellen. Diese Arbeiten müssen zum 30. April eines jeden Jahres abgeschlossen sein.

Das zweite Verfahren bezieht sich auf Kontrollen durch die Kommission und betrifft die Wiedereinziehung der Gesamtheit oder eines Teils der für die vorangegangenen 24 Monate beantragten Ausgaben, wenn sich herausstellt, dass die Zahlungen nicht mit den EU-Vorschriften vereinbar sind.

Werden Unregelmäßigkeiten oder systematische Mängel festgestellt, so können Beträge wieder eingezogen werden. Lassen sich die Verluste für die Gemeinschaft nicht genau ermitteln, so kann der wieder eingezogene Betrag auf 2%, 5%, 10% oder 25% der betreffenden Ausgabe oder mehr festgesetzt werden. Die Mitgliedstaaten haben also einen starken Anreiz, die Qualität ihrer Überwachungs- und Prüfverfahren zu verbessern.

Das Recht der Mitgliedstaaten auf Stellungnahme und die Schlichtungsstelle
Die Mitgliedstaaten haben ein Recht auf Stellungnahme und Anhörung. Hierbei findet zunächst ein Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission statt, gefolgt von einem Gespräch und einem informellen bilateralen Treffen. Bevor die Entscheidung über den Rechnungsabschluss ergeht, müssen alle wichtigen Berichtigungen durch ein Gremium von unabhängigen Sachverständigen geprüft werden, damit auch der Standpunkt der Mitgliedstaaten berücksichtigt wird. Schließlich haben die Mitgliedstaaten das Recht, beim Europäischen Gerichtshof gegen die Entscheidung zu klagen.

Werden die erforderlichen Verbesserungen nicht vorgenommen, so wendet die Kommission alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel an, um die betreffenden Mitgliedstaaten zur Einhaltung der EU-Vorschriften zu veranlassen; in offenkundigen Fällen verweigert sie die vollständige Finanzierung der von den Mitgliedstaaten gemeldeten monatlichen Vorschüsse.

     
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