Bildungsreform – 2/3-Mehrheit  

erstellt am
13. 05. 05

 Amon: Wir schreiben heute ein schönes Stück Schulgeschichte
ÖVP-Bildungssprecher zur Aufhebung der Zweidrittelmehrheit in Schulfragen
Wien (övp-pk) - Wir schreiben ein schönes Stück Schulgeschichte, das unverrückbar mit Bildungsministerin Elisabeth Gehrer verbunden ist, sagte der Vorsitzende des Unterrichts- ausschusses und ÖVP-Bildungssprecher Werner Amon MBA am Donnerstag (12. 05.) zu Beginn der Bildungsdebatte im Plenum des Nationalrats.

"Seit 1962, also seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts, werden im österreichischen Parlament Bildungsgesetze mit Zweidrittelmehrheit beschlossen - unabhängig ob große Gesetzesvorlagen oder kleine Namensänderungen. Seit mehr als 40 Jahren besteht somit die Möglichkeit einer wechselseitigen Blockade. Wenn wir heute eine Veränderung der Verfassung vornehmen und künftig 95 Prozent aller Schulgesetze mit einfacher Parlamentsmehrheit beschlossen werden können, tritt ein interessanter und spannender Ideen-Wettbewerb in Kraft", sagte Amon und wies darauf hin, dass bereits wichtige Vorlagen wie die sprachliche Frühförderung, die Nachmittagsbetreuung auf freiwilliger Basis, die Weiterentwicklung der Pädagogischen Akademien in Hochschulen in Begutachtung gelangen. "Doch auch in den letzten Jahren sind uns wichtige Reformen geglückt", nannte der ÖVP-Bildungssprecher die Oberstufenreform, die Neugestaltung der Lehrpläne oder die Weiterentwicklung der Schulautonomie.

Viele hätten sich an der Diskussion und Vorbereitung der heutigen, grundlegenden Reform beteiligt und ihre Vorstellungen, Ängste und Sorgen artikuliert. "Wir haben die Stellungnahmen der Kirchen, der Lehrer-, Eltern- und Schülerorganisationen ernst genommen. Deren Betroffenheit sind wir mit der heute zum Beschluss stehenden Vorlage entgegengekommen, indem wir wesentliche Eckpunkte in der Bundesverfassung absichern", sagte Amon und nannte dabei etwa die klare Definition der Aufgaben der österreichischen Schule: den jungen Menschen Demokratie, humanitären Zugang, Solidarität, Offenheit für Frieden und Toleranz beizubringen. Darüber hinaus ist auch sichergestellt, dass in Österreich allen jungen Menschen unabhängig von Herkunft, sozialer Lage oder finanziellem Hintergrund die bestmögliche Ausbildung garantiert ist.

Es gehe auch darum, junge Menschen musisch-kreativ zu erziehen, ihnen soziale und religiöse Werte zu vermitteln und ihnen ein weltanschauliches Denken zu vermitteln, das ihnen die Möglichkeit gibt, sich am kulturellen Leben in Österreich, Europa und der Welt aktiv zu beteiligen, fuhr Amon fort. "Wir haben den Religionsunterricht abgesichert, das Verhältnis Schule - Kirche festgeschrieben, die Schulpflicht und Berufsschulpflicht verankert und die Schulgeldpflicht garantiert." Wichtig ist Amon auch der Hinweis auf die Verankerung des differenzierten Bildungswesens in Österreich - "Damit ist klar, dass in Hinkunft viel an Reformen und Neuem ermöglicht wird, gleichzeitig aber abgesichert bleibt, was am österreichischen Bildungssystem gut war und gut ist."

"Wir geben Sicherheit und stellen gleichzeitig die Offenheit für Neues sicher. Das Innenverhältnis der österreichischen Schulen wird flexibler. Dass all diese wesentlichen Fortschritte möglich wurden, ist das Ergebnis einer offenen, intensiven, guten und konstruktiven Diskussion", sagte Amon und ging in der Folge auf den Vorwurf ein, der Entscheidungsfindungsprozess sei im Zick-Zack-Kurs verlaufen. "Wenn man einen hohen Berg hinaufsteigt und ein hohes Ziel anstrebt, geht man nicht gerade, sondern in Serpentinen. Diese Diskussion war der Weg in Serpentinen, um unser wichtiges, hohes bildungspolitisches Ziel zu erreichen", schloss Amon, der als Zeichen des Dankes einen Blumenstrauß an Bildungsministerin Gehrer überreichte.

 

 Kuntzl fordert: Reformzeitalter in der Bildungspolitik einleiten
Kuntzl erfreut: Schule nach finnischem Vorbild möglich
Wien (sk) - "Leiten wir gemeinsam ein Reformzeitalter ein", forderte SPÖ-Familiensprecherin Andrea Kuntzl die Regierungsparteien am Donnerstag (12. 05.) im Nationalrat dazu auf, endlich den Stillstand in der Bildungspolitik zu beenden. Mit dem heutigen Beschluss sei ein richtiger Schritt in diese Richtung gesetzt worden. Kuntzl zeigte sich darüber erfreut, dass durch den gemeinsam gefundenen Kompromiss nunmehr eine "Gemeinsame Schule" nach finnischem Modell möglich sei. In Zukunft könne es Schulen mit einer inneren oder äußeren Differenzierung geben. Nun gelte es, diese neue Bewegungsfreiheit in der Bildungspolitik auch zu nutzen, betonte Kuntzl - und übergab der Regierungsbank als ersten Arbeitsangebot das SPÖ-Bildungsprogramm. Ein zentrales Anliegen der darin enthaltenen Forderungen sei, Kinder dort zu unterstützen, wo sie Schwächen haben, und dort zu fordern, wo sie Stärken haben.

In den zehn Jahren ihrer Amtszeit als Bildungsministerin habe Gehrer einen "Wendepunkt" in der Bildungspolitik eingeleitet, so die SPÖ-Familiensprecherin - "und zwar zum Schlechteren". So seien die Frühförderung und die Förderstunden in der Schule massiv gekürzt worden. Als "nicht fair" wertete Kuntzl die Aussagen von Ministerin Gehrer zum Thema Ganztagsschule. Gehrer hatte dabei auf die Eltern verwiesen, die sich besser um ihre Kinder kümmern sollten.

Sorgen bereiteten Kuntzl auch die "sinnlosen Ehrenrunden", welche die Kinder durch das Sitzenbleiben zu bewältigen haben. "Man sollte das den Kindern wirklich ersparen", so Kuntzl. Auch bei den Nachhilfekosten, die jährlich rund 100 Millionen Euro ausmachen, sah die SPÖ-Familiensprecherin massiven Handlungsbedarf: Es gelte diese Ausgaben der Eltern in absehbarer Zeit erheblich abzusenken.

 

 Scheibner: "Schule darf kein Spielball für Parteien sein"
Wien (fpd) - "Endlich nach fünf Jahren haben auch die SPÖ und Josef Cap eingestanden, daß mit dieser Regierung der Stillstand in der Bildungspolitik der Vergangenheit angehört. Das sollte man immerhin auch anerkennend bemerken", meinte der Obmann des freiheitlichen Parlamentsklubs, Herbert Scheibner, in seinem Debattenbeitrag am Donnerstag (12. 05.).

Wir hätten uns gewünscht, daß man ganz klar und deutlich gesagt hätte, diese Zwei-Drittel-Mehrheit habe im Schulbereich nichts mehr verloren. "Wir wollen das nicht mehr. Wir wollen einige Prinzipien im Verfassungstext in der österreichischen Bundesverfassung, das Recht auf Bildung selbstverständlich verankert haben. Alles andere - auch die Schulorganisation - hat nichts im Verfassungsrang zu suchen. Das ist ein erster richtiger Schritt, aber nicht der letzte, um endlich diesen Stillstand, diese Blockade, diese Reste des Proporzes auch wirklich abzuschaffen, damit in Österreich ein modernes Schulrecht eingeführt werden kann", stellte Scheibner fest.

"Wir werden nicht müde werden, daß diesem ersten Schritt weitere folgen werden, denn es ist wichtig, daß wir unser Schulsystem auch in Zukunft ausrichten. Nicht für sich selbst ist das System da, auch nicht für die Lehrer, sondern es geht darum, das Bildungssystem flexibel zu gestalten. Es geht uns um die Flexibilität aber auch um die Differenzierungen, daß man nicht ausschließt, daß es eine gemeinsame Schule der zehn bis 14 jährigen und daß es eine gemeinsame Schule der sechs bis 15 jährigen geben soll. Aber es darf nicht als die einzig mögliche Schulform für die Zukunft verordnet werden und dafür ist die Vorlage eine taugliche Regelung", erklärte Scheibner.

Gerade in Wien kann sich Scheibner keine Form der Gesamtschule oder gemeinsame Schule als einzig mögliche Schulform vorstellen. "Daß es eine Achse zwischen der SPÖ und katholische Kirche geben muß, um eine Regierungsvorlage um zu verhandeln, sei unverständlich. Die Schule darf kein Spielball weder für eine politische Partei noch für eine Religionsgemeinschaft, sondern soll die Bildungsstätte für die Zukunft unserer Jugend sein", schloß Scheibner.

 

 Rosenkranz warnt vor Einführung der Gesamtschule durch die Hintertür
Wien (fpd) - Die freiheitliche Abgeordnete Barbara Rosenkranz warnte heute vor einer Einführung der Gesamtschule durch die Hintertür. Sie zeigte sich überzeugt davon, daß der vorliegende Gesetzesbeschluß vor dem Verfassungsgerichtshof landen werde. Der sogenannte Kompromiß sei so formuliert, daß er in jede beliebige Richtung interpretierbar sei und damit dem gegliederten Schulwesen schon bald ein Ende bereiten könne. Die Gesamtschule könne aber keinesfalls eine Antwort auf das PISA-Debakel sein, auch wenn man sie euphemistisch als "gemeinsame Schule der Zehn- bis Vierzehnjährigen" bezeichne.
   
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