"Bräuche im Salzburger Land" nun interaktiv  

erstellt am
13. 05. 05

Eberle bei der Präsentation der 3. Bräuche CD-ROM "In Familie und Gesellschaft" / Dreiteilige Gesamtausgabe abgeschlossen
Salzburg (lk) - Mit der Präsentation der 3. CD-ROM „Bräuche im Salzburger Land“ unter dem Motto „In Familie und Gesellschaft“ werde ein ehrgeiziges und schon mit den ersten beiden Produktionen sehr erfolgreiches Projekt abgeschlossen, so Volkskulturreferentin Landesrätin Doraja Eberle am Mittwoch (11. 05.) bei der Präsentation der Bräuche CD-ROM in der Großen Aula der Universität Salzburg. Nach den beiden ersten Teilen „Im Winter und zur Weihnachtszeit“ und „Vom Frühling bis zum Herbst“ wird nun mit der dritten CD-ROM „In Familie und Gesellschaft“ diese umfangreiche und einzigartige Sammlung abgeschlossen. Das Standardwerk der Volkskultur auf drei CD-ROMs ist zum Preis von 54 Euro bei der Salzburger Volkskultur (Telefon: 0662/8042-2583, E-Mail: volkskultur@salzburg.gv.at, http://www.salzburger- volkskultur.at) erhältlich. Der Einzelpreis für die CD-ROM beträgt 18 Euro.

Die Inhalte der neuen CD-ROM zeigen deutlich, dass in allen Zeiten und Gesellschaftsgruppen das wesentliche Interesse aller Menschen die Sicherung der Lebensbedürfnisse und die Suche nach einem Stück Glück war, stellte die Volkskulturreferentin fest: „Bräuche können jene Mitte des Lebens sein, aus der wir handeln. Dazu brauchen sie aber auch jene Alternativen, die im Zeitgeist liegen, die Trends zulassen, ist Landesrätin Eberle überzeugt. Damit aber Heimat zur tiefen persönlichen Erfahrung und nicht zur Enge wird, liegt es an uns, so an die Tradition anzuknüpfen, dass Bräuche auch für die Gegenwart gültig bleiben und uns in die Zukunft führen.“

Bräuche seien nicht nur Handlungsmuster und Zeichen sondern auch erfahrene und erlernte Formen der Kommunikation, die die Menschen Gemeinschaft und Zugehörigkeit erleben lassen. „In einer modernen Gesellschaft der vielfältigen Lebensentwürfe, der Migration aus freiwilligen und unfreiwilligen Gründen, werden wir immer wieder auf Menschen stoßen, die sich anders verhalten, die andere Bräuche und Zeichen kennen als wir. Neugier, Offenheit und Toleranz sind daher die vorrangigen Forderungen unserer Zeit. Dann werden wir erkennen, dass alle Bräuche sich um grundmenschliche Bedürfnisse drehen“, so Eberle, die als Beispiele dafür das Bedürfnis das Leben schöner und einfacher zu gestalten, das Bedürfnis das soziale Lebensumfeld freundlich und lebenswert einzurichten und das Bemühen, mit den näher und ferner stehenden Menschen ein Miteinander der Menschlichkeit zu finden, anführte.

Mit der dreiteiligen CD-ROM-Serie „Bräuche im Salzburger Land“ werde ein wertvoller Beitrag zum bewussten Leben und Erleben der eigenen Kultur geleistet. Das gebe Halt und Sicherheit, aber vor allem auch Freiheit, sich mit anderen Kulturformen in unserem Land und mit Volkskulturen anderer Länder zu befassen. Dort, wo Volkskultur keine feste Basis hat, wo sie nicht lebendig ist, bestehen zumeist unbegründete Berührungsängste mit anderen Kulturen, führte Eberle aus: „Wer sich seiner eigenen kulturellen Wurzeln bewusst ist, wer diese schätzt und sie behutsam weiter zu entwickeln bereit ist, der ist auch imstande, auf andere Kulturen zuzugehen, sie kennen und schätzen zu lernen. In einem zusammenrückenden Europa kann also die Volkskultur einen enormen Beitrag leisten, dass sich Menschen und Regionen näher kommen, dass Brücken gebaut werden.“

Ein ehrgeiziges Projekt
Zeitgeist, Lebenskonzepte, Rituale, Trends und Alternativen – kurz „Bräuche im Salzburger Land“ – was versteht man darunter und was ist diesbezüglich in Salzburg „eigentlich los“? Diese Frage stellten sich vor fünf Jahren auch das Salzburger Landesinstitut für Volkskunde und das Referat Salzburger Volkskultur. Aus dem Wunsch heraus einer breiten Öffentlichkeit neueste Erkenntnisse und neue Perspektiven zu eröffnen, wurde gemeinsam mit interact!multime-dia das dreiteilige CD-ROM-Projekt „Bräuche im Salzburger Land“ geboren.

Bräuche – heute noch aktuell?
Unter dem alten Oberbegriff „Bräuche“ versteht die Volkskunde heute ein weites Feld von ritualisierten Verhaltensweisen. Der Bogen reicht von der Art des Grüßens und Bekleidens bis zu den großen Schaubräuchen. Bräuche sind und waren für die Menschen Ausdruck ihres Weltbildes, ihres Selbstverständnisses, ihrer örtlichen, regionalen und gesellschaftlichen Zugehörigkeit. Sie zeigen Werte und Normen auf und entstehen aus dem jeweiligen Handlungsrahmen für den Umgang mit Umwelt, Religion und Gemeinschaft. Sie sind Teile der Handlungsanleitungen für die Hervorhebung und Ausgestaltung von Festen, für das „richtige“ Verhalten in speziellen wie alltäglichen Situationen. Zu den Bräuchen gehören untrennbar auch allseits bekannte Symbole. Sie erleichtern, wie eine zusätzliche, nonverbale Sprache, den Umgang der Menschen miteinander. Daher werden Bräuche zu Identifikatoren für Zugehörigkeit, Heimat und Tradition. Ihre Erscheinungsformen sind ebenso wie die darin enthaltenen Kommunikationsstrukturen und dahinter stehenden Weltbilder Hilfen bei der Suche nach dem Sinn des Lebens und der eigenen Identität.

Einzigartige Zusammenarbeit von Wissenschaftern und Laien
Ziel dieser dreiteiligen Serie ist es, durch eine bisher einzigartige Zusammenarbeit von Wissenschaftern und Laien Salzburger Bräuche und Lebenswelten aus unterschiedlichen Blickwinkeln – einmal aus Sicht der Betroffenen und einmal auf reflexiv-wissenschaftlicher Ebene – einer breiten Öffentlichkeit zu erschließen. „Es geht um die Lebenswelt in Salzburg, um die Rituale, die den Menschen das Jahr hindurch begleiten“, so Dr. Lucia Luidold, Leiterin des Referats Salzburger Volkskultur und Herausgeberin der CD-ROM-Reihe. Die drei CD-ROMs „Im Winter und zur Weihnachtszeit“ (I/2002), „Vom Frühling bis zum Herbst“ (II/2003) und „In Familie und Gesellschaft“ (III/2005) führen den Nutzer auf einer spannenden Entdeckungsreise in unterschiedlichste Lebenswelten zu Kultus und Brauch, aber auch zu Trends, Klischees und Moden in der Region Salzburger Land. Dabei werden immer auch internationale kulturelle Gemeinsamkeiten aufgezeigt und ein europäischer Bogen gezogen. „Historische Entwicklungen und unterschiedliche Deutungen werden dabei ebenso aufgezeigt und kritisch hinterfragt wie zeitgenössische Perspektiven und neue Erkenntnisse“, so Dr. Ulrike Kammerhofer-Aggermann, Leiterin des Salzburger Landesinstitutes für Volkskunde und ebenfalls Herausgeberin der CD-ROM-Reihe. Das vielfältige Spektrum an Beiträgen reicht von Perchtenläufen und Maibaumaufstellen über den Stellenwert von Religion und Kirche bis hin zu Genderfragen, Medienwelten, Jugendkultur und Körperkult.

Speziell die CD-ROM III „In Familie und Gesellschaft“ zeigt vergangene und gegenwärtige Formen des privaten wie gesellschaftlichen Zusammenlebens auf. Im Sinne einer zeitgemäßen Europäischen Ethnologie geht sie weit über die Themen einer historischen Volkskunde und historisierenden „Brauchtumspflege“ hinaus. Damit wird die gesamte CD-ROM-Reihe auch zu einer Handreichung für Menschen in der Bildungs- und Pressearbeit, die wissen wollen, mit welchen Themen sich die heutige Volkskunde beschäftigt.

Diese CD-ROM-Reihe entstand aus der Zusammenarbeit von Wissenschaft, Praxis und Technik und sie richtet sich an ein ebenso breit gefächertes Publikum. Die Inhalte werden angefangen von volkskulturell Aktiven, über Studierende, Schüler und Lehrer, bis hin zu Wissenschaftern, für unterschiedlichste Zugänge erfahrbar und erlebbar gemacht. So wird die CD-ROM-Reihe im deutschsprachigen Raum auch als Unterrichtsmedium an Schulen und Universitäten eingesetzt. Das Medium CD-ROM ermöglicht zudem durch eine interaktive Verknüpfung audio- und visueller Elemente eine Vernetzung unterschiedlicher Ebenen. So sind auf dieser CD-ROM-Reihe neben 515 wissenschaftlichen Langtexten und 358 interaktiv gestalteten Kurztexten auch 132 Videos, 286 Audios und mehr als 2.000 Bilder sowie 1.500 Internetlinks zu finden, welche einerseits der Illustration dienen und andererseits Lust auf mehr machen, bzw. gezielt zu Homepages führen. Der Nutzer entscheidet, ob er eine illustrierte Kurzinformation, ein vertieftes Studium oder das Vergnügen einer weiterführenden Internet-Recherche wünscht.

Internationale Anerkennung
Dass dieses Projekt auch international einzigartig ist, davon zeugt die Auszeichnung mit der Comenius-Medaille 2003, einem europäischen Bildungsmedienpreis, der jedes Jahr von einer internationalen Jury der Gesellschaft für Pädagogik und Information (GPI) für didaktisch herausragende multimediale Produkte vergeben wird. Die Würdigung des Landes Salzburg erhielt das Projekt durch die Verleihung des Kulturgüterpreises 2004.
     
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