Regierung legt Fremdenrechtspaket 2005 vor  

erstellt am
24. 05. 05

Wien (pk) - Die Regierung will das gesamte Asylrecht und das Aufenthaltsrecht für Fremde neu regeln und hat dem Nationalrat ein ganzes Paket von Gesetzesänderungen vorgelegt. Ziel ist es unter anderem, Asylverfahren zu beschleunigen, zudem sollen das Aufenthalts- und Nieder- lassungsrecht mit dem Ausländerbeschäftigungsgesetz abgestimmt und die Familienzusammen- führung neu geregelt werden. Eine Änderung des Asylgesetzes ist nicht zuletzt deshalb erforderlich, weil der Verfassungsgerichtshof Teile der geltenden Bestimmungen aufgehoben hat.

Das neue Asylgesetz sieht wie die Vorgängerregelung ein zwanzigtägiges Zulassungsverfahren vor, innerhalb dessen eine erste Prüfung des Asylantrags vorgenommen wird. Bis zum Abschluss dieser Erstprüfung kann der Asylwerber nicht abgeschoben werden, ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht kommt ihm aber erst dann zu, wenn er zum eigentlichen Asylverfahren zugelassen wird. Im Rahmen dieses Verfahrens werden die vom Asylwerber vorgebrachten Fluchtgründe dann umfassend inhaltlich geprüft.

Eine Zurückweisung des Asylantrags ist unter anderem dann möglich, wenn der Asylwerber aus einem so genannten "sicheren Drittstaat" nach Österreich eingereist oder ein anderer europäischer Staat für das Asylverfahren zuständig ist (Dubliner Vereinbarung).

In Hinkunft nicht mehr zulässig ist die Abweisung eines Asylantrags als "offensichtlich unbegründet". Es muss immer eine volle inhaltliche Prüfung durchgeführt werden. Im Gegenzug kann aber die aufschiebende Wirkung einer Berufung in bestimmten Fällen aberkannt werden, zum Beispiel wenn der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat stammt, die vom Asylwerber vorgebrachte Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht oder der Asylwerber die Behörde über seine wahre Identität, seine Staatsangehörigkeit oder die Echtheit seiner Dokumente zu täuschen versucht hat. Asylanträge, die im Rahmen der Abschiebung über einen Flughafen gestellt werden, sind in längstens sechs Wochen durchzuführen.

Neu ist, dass Asylwerbern konkrete Mitwirkungspflichten am Asylverfahren auferlegt werden, die, wenn notwendig, auch durchgesetzt werden können. Unter anderem muss der Asylwerber Auskunft über den Reiseweg nach Österreich und über frühere Asylanträge geben und Angaben über familiäre Verhältnisse und den Verbleib nicht mehr vorhandener Dokumente machen. Mögliche Zwangsvorführungen sollen verhindern, dass Asylwerber Verfahren verzögern oder sich diesen entziehen. Darüber hinaus kann künftig unter bestimmten Umständen auch über traumatisierte Asylwerber eine Ausweisung verhängt werden.

Zuständig für Asylverfahren ist das Bundesasylamt, über Berufungen entscheidet der Unabhängige Bundesasylsenat (UBAS). Beide Asylbehörden sollen, geht es nach dem Gesetzentwurf, - zumindest vorübergehend - personell verstärkt werden. Zudem wird es dem UBAS ermöglicht, Leitentscheidungen zu treffen, um die Prüfung ähnlich gelagerter Fälle zu beschleunigen.

Im Berufungsverfahren kann der Asylwerber - im Gegensatz zum alten Asylgesetz - neue Beweismittel vorbringen, allerdings nur in genau umschriebenen Fällen, etwa wenn ihm die neuen Beweismittel zuvor nicht zugänglich waren.

Ebenfalls geändert werden die Bestimmungen für straffällig gewordene Asylwerber, wobei zwischen straffällig gewordenen Fremden, die kurz vor Ende ihrer Strafhaft einen Asylantrag stellen, und Asylwerbern, die während des Asylverfahrens eine strafbare Handlung begehen, unterschieden wird. Für beide Gruppen gilt, dass sie, wenn bestimmte Voraussetzungen vorliegen, in Schubhaft genommen werden dürfen und ihre Asylanträge innerhalb von drei Monaten pro Instanz zu entscheiden sind.

Um die Arbeit der Asylbehörden zu erleichtern, wird beim Bundesasylamt eine Länderdokumentation eingerichtet, auf die österreichische Behörden, Gerichte und gewisse ausländische Behörden kostenfrei, andere interessierte Personen gegen Entgelt zugreifen können.

Generell heißt es in den Erläuterungen zum Asylgesetz, dass Asylverfahren aus mehreren Gründen nicht mit anderen Verwaltungsverfahren vergleichbar und daher besondere Verfahrensregeln unbedingt erforderlich sind.

Fremdengesetz splittet sich künftig in ein Fremdenpolizeigesetz …
Alle fremdenpolizeilichen Bestimmungen sind, auch wenn diese Asylwerber betreffen, künftig im Fremdenpolizeigesetz verankert. Das betrifft etwa Festnahme- und Schubhaftbestimmungen zur Durchsetzung von Ausweisungen. Schubhaft kann etwa dann verhängt werden, wenn die Feststellung der Identität und der Staatsangehörigkeit eines Fremden nicht möglich ist oder dieser sich der Ausweisung widersetzt. Die Höchstdauer für Schubhaft in solchen Fällen ist grundsätzlich sechs Monate; läuft jedoch ein Asylverfahren oder trifft den Fremden ein Verschulden an einer Verfahrensverzögerung, kann sie auf bis zu zehn Monate innerhalb von zwei Jahren ausgedehnt werden. Die Schubhaftdauer muss jedoch in einem entsprechenden Verhältnis zum Haftgrund stehen und soll nach sechs Monaten regelmäßig von den Unabhängigen Verwaltungssenaten geprüft werden.

Neu im Gesetz verankert wird die Möglichkeit, Gebietsbeschränkungen zu verhängen. Fremde, gegen die eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot erlassen worden ist, die vorerst aber nicht abschiebbar sind, können - längstens für ein Jahr - angehalten werden, sich nur in einem bestimmten Gebiet, etwa innerhalb eines Bezirks, aufzuhalten.

Auf die vom Verfassungsgerichtshof aufgehobene Bestimmung, wonach die aufschiebende Wirkung einer Berufung gegen eine Ausweisung bei bestimmten Tatbeständen generell ausgeschlossen ist, wird hingegen künftig verzichtet. Darüber hinaus ist, um EU-Recht zu entsprechen, in Hinkunft vorgesehen, dass über Berufungen von EWR-Bürgern, Schweizern und so genannten begünstigen Drittstaatsanghörigen gegen fremdenpolizeiliche Entscheidungen die Unabhängigen Verwaltungssenate entscheiden und nicht wie grundsätzlich die Sicherheitsdirektionen. Innenminister und Sicherheitsdirektor können gegen UVS-Entscheidungen Amtsbeschwerde beim Verwaltungsgerichtshof erheben.

Deutlich erhöht werden die Strafen für Schlepperei sowie für Scheindadoptionen und für Scheinehen. So wird Schlepperei in Hinkunft jedenfalls mit einer Freiheitsstrafe geahndet, das Strafausmaß beträgt bis zu zehn Jahre. Für das Anbahnen einer Scheinehe drohen bis zu drei Jahre Haft. Außerdem macht sich künftig auch derjenige strafbar, der gegen Bezahlung oder aus Gefälligkeit eine Scheinehe eingeht, wobei er im ersten Fall mit bis zu einem Jahr Haft, im zweiten Fall mit einer Geldstrafe rechnen muss. Ähnliches gilt für Scheinadoptionen.

Für nur vorübergehend selbständig und unselbständig ausländische Erwerbstätige, die von der Zuständigkeit des Ausländerbeschäftigungsgesetzes ausgenommen sind, wird ein Visum D+C geschaffen.

… und ein Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz
Generelle Niederlassungs- und Aufenthaltsbestimmungen für Fremde sind in Hinkunft im Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz geregelt. Wie aus den Erläuterungen zum Gesetzentwurf hervorgeht, bedarf dieser Gesetzesbereich nicht zuletzt aufgrund entsprechender EU-Richtlinien einer grundlegenden Überarbeitung und Umstrukturierung.

Konkret werden etwa die Aufenthaltstitel für so genannte Drittstaatsangehörige, also Fremde, die nicht aus der EU bzw. aus EWR-Staaten stammen, vollkommen neu gestaltet. Personen, die langfristig in Österreich ansässig sind, wird etwa mehr Mobilität im EU-Binnenmarkt und ein verstärkter Ausweisungsschutz zugestanden. Zudem werden die Bestimmungen über Familienzusammenführungen adaptiert.

Bei den Niederlassungsbewilligungen wird künftig zwischen Bewilligungen für Schlüsselkräfte, beschränkten und unbeschränkten Niederlassungsbewilligungen und Bewilligungen ohne Erwerbstätigkeit unterschieden. Nach fünf Jahren berechtigter Niederlassung kann den Betroffenen, wenn sie gewisse Voraussetzungen wie die Integrationsvereinbarung erfüllt haben, der Aufenhaltstitel "Daueraufenthalt - EG" erteilt werden.

Für in Österreich niedergelassene EU- bzw. EWR-Bürger sind auf Wunsch Anmeldebescheinigungen, für deren Angehörige Daueraufenthaltskarten auszustellen.

Im Falle eines Familiennachzugs ist das Aufenthaltsrecht der nachgezogenen Familienangehörigen die ersten fünf Jahre grundsätzlich vom Zusammenführenden abhängig, es sind allerdings Ausnahmen vorgesehen. So kann der Familienangehörige schon früher ein eigenes Aufenthaltsrecht erhalten, wenn die Ehe ohne eigenes Verschulden zerbricht oder er Opfer von Gewalt in der Familie wurde. Neu ist außerdem, dass Familienangehörige einen Rechtsanspruch auf eine beschränkte Niederlassungsbewilligung erhalten, wenn es einen freien Quotenplatz gibt und der Zusammenführende bereits in Österreich aufenthaltsverfestigt ist bzw. die Integrationsvereinbarung erfüllt hat.

Ausgeweitet wird die so genannte Integrationsvereinbarung. Demnach soll künftig in den verpflichteten Deutschkursen für Ausländer nicht nur die deutsche Sprache vermittelt werden, sondern auch die "Befähigung zur Teilnahme am gesellschaftlichen, kulturellen und wirtschaftlichen Leben in Österreich". Überdies sind in Hinkunft nur noch Kinder, besonders alte Menschen sowie Schlüsselkräfte und deren Angehörige von der Integrationsvereinbarung ausgenommen. Die Anzahl der Kursstunden ist durch eine Verordnung des Innenministeriums festzulegen.

Aufenthaltsbewilligungen, also Bewilligungen für einen vorübergehenden befristeten Aufenthalt in Österreich zu einem bestimmten Zweck, sind unter anderem für Studierende, SchülerInnen, Selbständige, KünstlerInnen, ForscherInnen, Sozialdienstleistende ohne Erwerbsabsicht und Rotationsarbeitskräfte vorgesehen.

Weitere Punkte des Fremdenrechtspakets 2005 betreffen die mögliche Etablierung von Außenstellen des Unabhängigen Bundesasylsenats, die Aufhebung der meisten Bestimmungen des Fremdengesetzes und seine Umbenennung in Niederlassungsverordnungsgesetz, Gebührenerhöhungen für Aufenthalts- und Niederlassungsbewilligungen sowie Änderungen im Bundesbetreuungsgesetz. Darüber hinaus ist der Anspruch auf Familienbeihilfe und auf Kinderbetreuungsgeld von Personen, die nicht die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen, künftig an die rechtmäßige Niederlassung in Österreich geknüpft.

Novellierung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes
Parallel zum Fremdenrechtspaket schlägt die Regierung - in Anlehnung an diverse EU-Richtlinien - eine Novellierung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes vor ( 948 d.B.). Unter anderem in Aussicht genommen sind erweiterte Ausnahmeregelungen für Familienangehörige von EU-Bürgern, ein Rechtsanspruch auf Arbeitsmarktzugang für in Österreich niedergelassene Familienangehörige von Nicht-EU-Bürgern und eine EU-konforme Gestaltung der Bestimmungen betreffend die Betriebsentsendung von ausländischen Arbeitskräften durch Unternehmen mit Sitz in der Europäischen Union. Zudem wird Ausländern, die in einem anderen EU-Staat langfristig aufenthaltsberechtigt sind, ein freier Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt gewährt, sofern sie zuvor zwölf Monate in Österreich zu einer unselbständigen Beschäftigung zugelassen waren.

Weiters beabsichtigt die Regierung, die Dauer von Aufenthalts- und Beschäftigungsrechten besser aufeinander abzustimmen. So sollen künftig Konstellationen ausgeschlossen werden, denen zufolge ein Ausländer einen dauerhaften Arbeitsmarktzugang erwerben kann, ohne über ein dauerhaftes Niederlassungsrecht zu verfügen.

Was die Erweiterung der Ausnahmeregelung für Familienangehörige von EU-Bürgern betrifft, sind künftig nicht nur drittstaatsangehörige Ehegatten und Kinder bis zum 21. Lebensjahr vom Geltungsbereich des Ausländerbeschäftigungsgesetzes ausgenommen, sondern auch Eltern und Schwiegereltern des EU-Bürgers. Für drittstaatsangehörige Lebenspartner, mit denen Unionsbürger auf Grund einer rechtsgültig eingetragenen Partnerschaft zusammenleben, gilt, dass Österreich ihre Einreise und ihren Aufenthalt zwar erleichtern muss, aber nicht verpflichtet ist, ihnen uneingeschränkten Arbeitsmarktzugang zu gewähren. Sie können aber, wie es in den Erläuterungen heißt, nach Maßgabe des Ausländerbeschäftigungsgesetzes zu einer Beschäftigung zugelassen werden.

Nachgezogene Familienangehörige von Drittstaatsangehörigen erhalten in Hinkunft den gleichen Zugang zu einer unselbständigen oder selbständigen Erwerbstätigkeit wie ihre Bezugsperson. Allerdings ist es in den ersten zwölf Monaten ihres Aufenthalts zulässig, die Beschäftigungsbewilligung nur nach einer Arbeitsmarktprüfung zu erteilen, das heißt, dass ein arbeitslos vorgemerkter Inländer oder Ausländer bei Besetzung einer Stelle Vorrang hat.

Zur Verhinderung von "Scheinselbständigkeit" wird klar gestellt, dass auch der Besitz einer Gewerbe- oder sonstigen Berechtigung bei Verwendung in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis nicht zur Bewilligungsfreiheit nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz führt. Darüber hinaus ist das Arbeitsmarktservice künftig angehalten, den Fremdenbehörden das Ende einer befristeten Beschäftigung im Rahmen von Kontingenten zu melden, um die Kontrolle von Aufenthaltsberechtigungen zu erleichtern.

Aus dem Ausländerbeschäftigungsgesetz eliminiert wird die umstrittene Bestimmung, wonach bei der Verringerung von Arbeitsplätzen in einem Betrieb oder vor Einführung von Kurzarbeit Beschäftigungsverhältnisse von Ausländern vor jenen von Inländern zu lösen sind.

Jede von Ausländern ausgeübte wissenschaftliche Lehr- und Forschungstätigkeit, einschließlich des Kunst-Bereichs, ist vom Geltungsbereich des Ausländerbeschäftigungsgesetzes ausgenommen.
     
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