Wien schafft flexible Wohnformen für ältere Menschen  

erstellt am
09. 06. 05

Jeder 2. Mieter über 50 übersiedelt noch mindestens einmal
Wien (rk) - "Die Menschen werden immer älter und können heute wesentlich länger gesund und selbstbestimmt leben als noch vor 30 Jahren. Diese erfreuliche Tatsache ist für uns auch eine Herausforderung. Wir müssen bereits jetzt die Voraussetzungen dafür schaffen, dass die stetig ansteigende Zahl älterer Menschen in Wien auch in Zukunft eine hohe Lebensqualität vorfinden. Das bedeutet, dass neben der Aufrechterhaltung der bestmöglichen Gesundheitsvorsorge auch die Schaffung besonders auf die Bedürfnisse älterer Menschen zugeschnittener Wohnprojekte im Vordergrund steht. Schließlich werden im Jahr 2030 fast eine halbe Million Wienerinnen und Wiener über 60 sein", erklärten Wohnbaustadtrat Werner Faymann und Gesundheits- und Sozialstadträtin Maga. Renate Brauner am Mittwoch (08. 06.) im Rahmen der Medien- präsentation "Maßnahmen für's Wohnen im Alter".

Innerhalb von nur 12 Jahren ist in Österreich die durchschnittliche Lebenserwartung von Männern von 72 auf 76 Jahre angestiegen. Die Frauen werden im Jahr 2003 im Vergleich zu 1991 im Durchschnitt um gute drei Jahre älter und haben nunmehr eine Lebenserwartung von 82 Jahren. Das hat entsprechende Auswirkungen auf den Anteil älterer Menschen an der Gesamtbevölkerung. So lag 1991 der Anteil von Menschen über 60 Jahre noch bei 20,1 Prozent. Laut Statistik Austria wird dieser Anteil bis 2030 auf 32,1 Prozent wachsen.

"Studien zeigen, dass jeder zweite Mieter über 50 noch mindestens einmal in seinem Leben übersiedelt. Entgegen früherer Annahmen sind ältere Menschen also durchaus mobil, wenn das Angebot vorhanden ist und passt. Daher müssen einerseits im Bereich der geförderten Miet- und Eigentumswohnungen, andererseits beim betreuten Wohnen in der eigenen Wohnung ausreichende Kapazitäten geschaffen werden. In jenen Bereichen der Stadt, wo heute überdurchschnittlich viele Jungfamilien leben - das sind insbesondere die Bezirke Favoriten, Simmering, Rudolfsheim- Fünfhaus, Floridsdorf, Donaustadt und Liesing - wird es in 30 Jahren sehr viele ältere Menschen geben. Daher müssen rechtzeitig die entsprechenden infrastrukturelle Vorkehrungen wie Barrierefreiheit geschaffen werden, damit die Menschen möglichst lange in ihrer vertrauten Wohnumgebung bleiben können", so Faymann weiter.

"Wien ist eine Stadt für jedes Alter. In allen Bereichen der Kommunalpolitik wird auf die individuellen Bedürfnisse und Interessen der älteren Generation Rücksicht genommen. Unser Ziel ist, dass die Menschen möglichst lange zu Hause leben können. Dafür müssen auch entsprechende bauliche Maßnahmen im Wohnbereich gesetzt werden. Darüber hinaus ist es notwendig ältere Menschen je nach ihren persönlichen Anforderungen auch zu Hause zu betreuen und zu begleiten. Wenn das Wohnen in den eigenen vier Wänden allerdings nicht mehr möglich ist, bieten wir ein breites Angebot an Pflegeheimplätzen", meinte Renate Brauner.

"Alte" Singles im Vormarsch
Medienpräsentation 'Maßnahmen für's Wohnen im Alter' mit StR. Mag.a Renate Brauner und StR. Werner Faymann, Foto: Christian Fürthner - Klicken Sie auf das Bild und Sie erhalten das Foto in Druckqualität (490 kB) In Österreich lebten im Jahr 2000 26 Prozent der Bevölkerung in Einpersonenhaushalten. Vor hundert Jahren waren das lediglich sieben Prozent. Vor allem in der Stadt wird dieser Trend weiter anhalten. Für das Jahr 2020 wird der Anteil der in Singlehaushalten lebenden Menschen bereits auf 40 Prozent geschätzt. Die Zunahme an Einpersonenhaushalten - so die Studie "Heimservices als neue Herausforderung und Chance" - hängt stark mit der Verschiebung der Altersstruktur zusammen. Spezielle Wohnformen für ältere Menschen, die alleine in einem Haushalt leben, sind daher ein Zukunftsmarkt. Aber auch der Bedarf an Heimserviceleistungen - etwa im Bereich der Pflege, Hauswirtschaft oder Sicherheit - wird zunehmen.

Die Wohnung ist für ältere Menschen aus vielen Gründen besonders wichtig: mit zunehmendem Alter reduziert sich der persönliche Aktionsradius. Das hat körperliche aber auch soziale und psychische Ursachen. Betreute Personen verbringen im Durchschnitt 20,5 Stunden pro Tag in der eigenen Wohnung. Dennoch sind 65% aller Haushalte über 50 generell umzugsbereit. Die Gründe dafür sind vielfältig, liegen aber meist in veränderten Haushaltsgrößen, etwa wenn die Kinder ausgezogen sind, der Ehepartner verstorben ist oder nach Scheidungen. Dazu kommen aber auch wirtschaftliche Überlegungen, um mit der gegenüber dem Erwerbseinkommen geringeren Pension besser haushalten zu können.

Ideenreiches Seniorenwohnen in Wien
Die Stadt hat große Gestaltungsmöglichkeiten, da sie den Neubau von Wohnungen jährlich mit rund 250 Millionen Euro fördert. Dadurch ist das Mietenniveau in Wien im internationalen Vergleich sehr niedrig. Ein Gutteil der 5.500 Wohnungen, die mit Hilfe dieser Unterstützung pro Jahr errichtet werden, ist für Senioren geplant. Zum Beispiel das Projekt "Klostergarten" im 22. Wiener Gemeindebezirk. Die Appartements selbst als auch das Gebäude und die Zugänge sind zur Gänze barrierefrei. Die Zimmer sind mit Sicherheits- und Notrufeinrichtungen ausgestattet. Falls sich kurzfristig der Betreuungsbedarf erhöht, leistet das geschulte Pflegepersonal Hilfestellung im Alltag wie z.B. beim Anziehen, Essen und in der Pflege. Zahlreiche Serviceangebote wie Wäschedienst, Reinigung, Hilfestellung im Umgang mit Behörden und Ämtern oder kleinere Reparaturen in der Wohnung erleichtern das Leben.

Oder das Projekt Kornhäusl-Villa in Ottakring. 90 % der Wohnungen sind mit dem Rollstuhl erreichbar. Die Wohnungen sind so gestaltet, dass sie gut für Anforderungen von Menschen mit geringerer Mobilität adaptierbar sind. Bei den Sanitärräumen können im Bedarfsfall im Nachhinein WC und Badezimmer zusammengelegt werden, da die Trennwand ohne Probleme entfernbar ist. Die Stadt arbeitet hier eng mit Pflegeeinrichtungen sowie Behindertenorganisationen zusammen, damit die Wienerinnen und Wiener auch im Alter ein Wohnungsangebot haben, das ihren Wünschen möglichst nahe kommt.

Parallel dazu fördert die Stadt mit 200 Millionen Euro jährlich die Sanierung von Wohnhäusern. Pro Jahr werden dadurch Wohnhäuser mit insgesamt 10.000 Wohnungen gefördert saniert. Weiters werden pro Jahr 570 Aufzüge gefördert saniert und 200 Aufzüge gefördert neu errichtet. Und die vor einem Jahr beschlossene Novelle der Bauordnung sorgt dafür, dass alle neu errichteten Wohnhäuser barrierefrei gebaut werden müssen.

Darüber hinaus wurde in der Neubauverordnung mit Wirksamkeit 1. Dezember 2004 eine besondere Förderung für die behinderten- bzw. seniorengerechte Ausstattung von Wohnungen geschaffen. Diese ermöglicht bei der Errichtung von Wohnungen und Heimplätzen z.B. bei der Einrichtung eines Notruftelefons, einer Zutrittskontrolle über das Zylinderschloss, einer rutschsicheren Verfliesung, eines bodengleichen Duschbereichs und Anhaltegriffen oder Behindertenplätzen in der Tiefgarage eine Förderung von bis zu 75 Prozent.

Durch diese Lifteinbauten, Wohnungsverbesserungen und Schaffung barrierefreier Zugänge wird vor allem für ältere Mieter das tagtägliche Leben erleichtert.
     
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