Österreichs EU-Politik  

erstellt am
15. 06. 05

Bundeskanzler Schüssel: "Finanzmittel zielgerichtet investieren"
Wien (bpd) - Im Vorfeld des EU-Gipfels kommenden Donnerstag nahm Bundeskanzler Wolfgang Schüssel nach dem Ministerrat am Dienstag (14. 06.) zu aktuellen Europa-Themen Stellung. „Es geht beim EU-Gipfel um die Zukunft der Europäischen Union. Die gemeinsame politische Botschaft ist ein klares Bekenntnis zu einem sozialen und wirtschaftlichen Europa“, so Schüssel.

Ob es zu einer Einigung bei der Finanzvorschau kommen werde, sei noch nicht sicher, meinte der Bundeskanzler. „Derzeit gibt es innerhalb der Europäischen Union neun Nettozahler, zu denen auch Österreich zählt. Die Frage ist, ob alle Länder aufeinander zugehen und eine gemeinsame Lösung suchen. Dazu müssen die Briten und vor allem auch die Netto-Empfängerländer beitragen. Wir wollen darauf achten, dass unseren Anliegen beim Ausbau von transnationalen Netzen, bei der Förderung des ländlichen Raums und den Grenzregionen entsprochen wird“, so Schüssel. „Österreich wird flexibel und moderat in die Verhandlungen hineingehen. Wichtig ist uns ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den österreichischen Beitragszahlungen und den Rückflüssen aus den EU-Fördertöpfen.“

Schüssel betonte, dass auch innerhalb der Europäischen Union gespart werden müsse. „Wir brauchen eine genaue Ausgabenkontrolle. Die Mittel sollten zielgerichtet in die regionale Entwicklung und Infrastruktur investiert werden“, meinte der Bundeskanzler. „Wir müssen uns darauf konzentrieren, die europäischen Forschungsausgaben zu verdoppeln. Davon hängt viel ab für den Wirtschaftsstandort Europa und dessen Arbeitsmarktsituation.“

 

 Einem fordert klare Positionierung Schüssels
Schüssel muss sich im Interesse Österreichs für Kurswechsel in der EU stark machen
Wien (sk) - "Kanzler Schüssel soll im Interesse Österreich endlich klar Stellung beziehen und kund tun, mit welchen Vorstellungen er in den kommenden EU-Gipfel gehen will", verlangte SPÖ-Europasprecher Caspar Einem am Dienstag (14. 06.) gegenüber dem SPÖ- Pressedienst. Schüssel hatte heute nach dem Ministerrat nur lapidar mitgeteilt, dass er sich zur Position Österreichs nicht festlegen wolle. Wer ein zukunftsfähiges Projekt Europa wolle, "muss jedoch die Gunst der Stunde nutzen und vehement für einen Kurswechsel der Europäischen Union, vor allem ihrer Wirtschaftspolitik, eintreten", betonte der SPÖ-Europasprecher.

"Wer Europa wieder näher zu den Menschen bringen möchte, sollte nicht länger darauf vertrauen, dass sie sich mit leeren Sonntagsreden abspeisen lassen", erklärte der SPÖ-Europasprecher weiters in Richtung des Kanzlers. Es sei die seit Jahren fehlgeleitete Wirtschafts- und Sozialpolitik auf nationaler und europäischer Ebene, die sich negativ auf die Einwohner der EU-Länder auswirke. "Oberste Priorität müssen daher die Förderung des Wirtschaftswachstums und die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit haben", stellte Einem fest. Der SPÖ-Europasprecher erwartet sich außerdem von Schüssel unter anderem auch, dass dieser sich mit Nachdruck gegen Einsparungen in den Bereichen Forschung, Infrastruktur und Bildung ausspricht.

 

 Haider: Fischer-Unterzeichnung ist großer Fehler
Fischer setzt sich über Interessen und Willen der Bevölkerung hinweg - Mehr direkte Demokratie gefordert
Klagenfurt (bzö) - Als "großen Fehler" bezeichnete Bündnisobmann Jörg Haider die Unterzeichnung der Ratifikationsurkunde zur EU-Verfassung durch Bundespräsident Heinz Fischer am Dienstag (14. 06.).

Haider: "Der Bundespräsident hat sich damit über die Interessen und den Willen der Bevölkerung hinweggesetzt und mit seiner Unterschrift dem Ende der nationalstaatlichen Souveränität sowie der Neutralität Österreichs zugestimmt." Als Beispiel nannte der BZÖ-Obmann einen Austritt aus der Union, der mit dieser EU-Verfassung praktisch unmöglich gemacht werde.

Enttäuscht ist Haider auch darüber, dass Fischer auf seine schriftlichen Bedenken und der Aufforderung nicht zu unterzeichnen, nicht reagiert habe und die Österreicherinnen und Österreicher nun vor vollendete Tatsachen stelle.

"Der Bundespräsident ist der Hüter der österreichischen Verfassung. Dieser Verpflichtung ist er mit seiner heute geleisteten Unterschrift nicht nachgekommen." So teilt der Bündnisobmann die Sicht des Bundespräsidenten nicht, dass keine Gesamtänderung der Bundesverfassung vorliege. "Ein Großteil der Verfassungsexperten Österreichs stellt diese Gesamtänderung fest, leider nicht der Bundespräsident."

Haider fordert eine Entscheidung über den zukünftigen Weg Europas durch den Bürger: "Mehr direkte Demokratie in der Europäischen Union ist der einzige Ausweg aus der europäischen Sackgasse, in welche uns die Euro-Politiker geführt haben."

 

 Kickl zu Haider: "Absurder gehts nimmer"
BZÖ hat für EU-Verfassung gestimmt
Wien (fpd) - "Absurder gehts nimmer." Mit diesen Worten kritisierte FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl am Dienstag (14. 06.) die Kritik Jörg Haiders an der Unterzeichnung der Ratifikationsurkunde zur EU-Verfassung durch Bundespräsident Fischer.

"Ich darf Herrn Haider daran erinnern, daß seine BZÖ-Abgeordneten im Parlament der EU-Verfassung zugestimmt haben", sagte Kickl. Dies sei mit Wissen und Willen Haiders geschehen. Sich jetzt im Nachhinein zum Kämpfer gegen die EU-Verfassung hochzustilisieren sei nur mehr lächerlich. Es gebe nur eine Partei, die glaubwürdig und konsequent gegen die EU-Verfassung auftrete, und das sei die FPÖ, deren Abgeordnete Barbara Rosenkranz im Parlament als einzige gegen die Verfassung gestimmt habe. Was hingegen Haider mit seiner Orangentruppe aufführe, sei nur mehr grotesk.

 

 Pirklhuber: Nettozahlerposition gefährdet ländliche Entwicklung
Wien (grüne) - „Österreichs EU-Nettozahlerposition zur Kürzung der Mittel für die ländliche Entwicklung von 88,5 auf 73 Mrd. Euro führen würde, ist ruinös für jene Betriebe, die umweltorientiert arbeiten,“ meint der Landwirtschaftssprecher der Grünen, Wolfgang Pirklhuber, am Dienstag (14. 06.), der derzeit an der Konferenz des Europäischen Parlaments für die ländliche Entwicklung in Brüssel teilnimmt. Insbesondere beim österreichischen Agrarumweltprogramm (ÖPUL) und damit auch bei den Biobauern sowie bei der Bergbauernförderung müssten enorme Kürzungen hingenommen werden. Da künftig auch Natura 2000 vom Fonds für Ländliche Entwicklung finanziert werde, wäre auch die Finanzierung von Naturschutzmaßnahmen massiv gefährdet.

„Die Position der Bundesregierung ist völlig unverständlich, da die bäuerlichen Betriebe in Österreich bisher überproportional aus dem EU-Topf Ländliche Entwicklung profitieren konnten,“ so Pirklhuber. Fast zehn Prozent dieser EU-Mittel fließen derzeit nach Österreich, während Österreichs Bauern nur zwei Prozent der EU-Bauern ausmachen.

„Anstatt auf der kontraproduktiven Nettozahlerposition zu beharren, die zur Aushungerung der ländlichen Regionen führt, sollten BK Schüssel und BM Pröll dafür sorgen, dass der ländliche Raum nicht nationalen Egoismen zum Opfer fällt,“ fordert Pirklhuber. Die Grünen fordern Schüssel und Pröll auf, die Position der Europäischen Kommission und des Europäischen Parlaments, die deutlich über ein Prozent Deckelung des Bruttonationaleinkommens hinausreichen, anzuerkennen. „Insbesondere angesichts der aktuellen Situation in Europa ist es dringend geboten, die ländlichen Regionen als Lebens- und Arbeitsraum zu stärken und damit ein Signal für den Zusammenhalt Europas zu setzen,“ betont Pirklhuber.
     
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