Zusammenhängen zwischen Paradontitis und Herz-Kreislauferkrankungen auf der Spur  

erstellt am
22. 06. 05

Interdisziplinäres Witten/Herdecker Forschungsteam beteiligt sich am Genom-Forschungsprojekt zum Bakterium P.gingivalis
Witten/Herdecke (universität) - An der Universität Witten/Herdecke werden Zusammenhänge zwischen Paradontitis und Herz-Kreislauferkrankungen erforscht. Dabei spielt das Bakterium P.gingivalis eine Hauptrolle. Die beteiligten Forschungsteams um Prof. Dr. W.D. Grimm, Institut für Parodontologie, und Prof. Dr. C. Kaltschmidt, Institut für Neurobiochemie, können nachweisen, dass das Bakterium bei einer bestehenden Parodontitis möglicher Auslöser entzündungsbedingter Gefässverkalkungen mit einem hohen Risiko für die Ausbildung von Herz- Kreislauferkrankungen ist. Der Forschungsansatz wird durch das nationale Gesundheitsinstitut (NIH) der USA in Witten unterstützt.

Parodontitis ist eine Infektion in der Mundhöhle, die zu einer entzündlich bedingten Zerstörung des Zahnhalteapparates führt. Diese Zerstörung ist nach gegenwärtigen epidemiologischen Erkenntnissen nach dem 35. Lebensjahr die Hauptursache für Zahnverlust.

Die von der Entzündung ausgelöste Zerstörung des Zahnhalteapparates wird durch einen unterhalb des Zahnfleisches gebildeten bakteriellen Biofilm aus anaeroben Keimen ausgelöst. Anaerobe Keime sind Bakterien, die ohne Sauerstoff in der Lage sind, giftige Stoffwechselprodukte zu bilden, die den Hauptgewebestandteil des Zahnhalteapparats, das Bindegewebe, zerstören und damit zum Verlust des Zahnes führen.

Dabei spielt das Bakterium P.gingivalis eine Hauptrolle. Der Mikroorganismus hat die Fähigkeit, sich der körpereigenen Abwehr durch einen so genannten Maskierungseffekt zu entziehen. Tierversuche führten zu einem überraschenden Ergebnis. Die beteiligten Forschungsteams konnten nachweisen, dass bei einer bestehenden Parodontitis das Bakterium möglicher Auslöser entzündungsbedingter Gefässverkalkungen mit einem hohen Risiko für die Ausbildung von Herz- Kreislauferkrankungen sein kann. Die Forscher führten dafür spezifische Genom-Analysen an dem Bakterium durch. Sie untersuchten dabei unterschiedliche P.gingivalis-Stämme, die in Zahnfleischtasche von Parodontitis befallenen Patienten auftreten. Die Forscher versprechen sich davon neue Erkenntnisse darüber, wie einzelne Gene des Bakteriums P.gingivalis in Abhängigkeit vom Schweregrad der bestehenden Parodontitis aktiviert werden.

Um diesen Zusammenhängen auf den Grund zu gehen, verfügt die Universität Witten/Herdecke bereits über die passenden nanotechnologischen Werkzeuge, so genannten DNA-Mikroarrays. Mit deren Hilfe können auf einen Schlag tausende von Genen untersucht werden.

Nachdem die Wittener Teams unter Leitung von Prof. Grimm (Parodontologie) und Prof. Kaltschmidt (Neurobiochemie) in einer weltweiten Ausschreibung den Zuschlag erhalten hatten, dürfen sie nun spezielle, vom Institute for Genomic Research entwickelte P.gingivalis-spezifische DNA-Mikroarrays im eigenen Forschungsprojekt verwenden. Ein weiterer Grund für den Zuschlag: In Witten liegen Ergebnisse einer klinisch-kontrollierten Studie mit bakteriellen Patientenproben vor, die eine individuelle Bewertung der körpereigenen Abwehr auf der Grundlage entzündungsspezifischer Immunmodulatoren (biochemische Entzündungssignale) ermöglicht. Diese Immunmodulatoren sind in einer Kooperation mit dem Center of Oral Diseases der University of North Carolina at Chapel Hill mit Hilfe hoch sensibler Verfahren nachgewiesen worden.

Damit verfügt die Wittener Forschungsgruppe über einen Vorsprung bei der Untersuchung dieser Zusammenhänge. Die Wissenschaftler erhoffen sich noch weitere Hinweise auf die mögliche Verknüpfung von bakteriell bedingten Infekten der Mundhöhle und der Auslösung ateriosklerotischer Gefäßveränderungen im Organismus, die zu einem erhöhten Risiko der Ausbildung von Herz-Kreislauferkrankungen führen können.
     
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