Platter: Werden aus Eurofighter-Vertrag nicht aussteigen  

erstellt am
30. 06. 05

Eklat im RH-Ausschuss: SPÖ und Grüne ziehen aus Ausschuss aus
Wien (pk) - Nach einer Sitzungsunterbrechung, die auf Wunsch des G-Abgeordneten Peter Pilz erfolgte, verließen die SPÖ-Abgeordneten und die G-Mandatare Pilz und Werner Kogler am Mittwoch (29. 06.) die Beratungen des Rechnungshofausschusses, der dem Thema Eurofighter gewidmet war. Begründet wurde dieser Schritt damit, dass auf Fraktionsebene keine Einigung über die weitere Vorgangsweise, vor allem nicht über die Vorlage des Eurofighter-Kaufvertrages, erzielt wurde; auch seien die Regierungsparteien nicht gewillt gewesen, dieses Dokument in einer vertraulichen Beratung zu diskutieren.

Eingangs der Ausschusssitzung wurde ein S-Antrag auf Abhaltung einer medienöffentlichen Sitzung von den beiden Koalitionsparteien abgelehnt.

In seiner Wortmeldung verlangte S-Abgeordneter Günther Kräuter, dass der Kaufvertrag „auf den Tisch gelegt“ werde und wünschte Auskunft über bestehende Ausstiegsmöglichkeiten.

Abgeordneter Hermann Gahr (V) erinnerte daran, dass er sich bei der letzten Sitzung bemüht habe, Einigung über eine Ladungsliste zustande zu bringen, was aber nicht gelungen sei. Heute stünden der Minister und Experten aus dem Ressort für Antworten zur Verfügung. Im Zusammenhang mit der Beschaffung strich der Redner heraus, dass bei interner sowie externer Prüfung und im Rechnungshofprüfungsverfahren keine groben Mängel aufgetreten seien, welche die Beschaffung des Gerätes nicht rechtfertigen würden. Es gibt keine Alternative, was auch der RH festgestellt habe, so Gahr. Ebenso hielt er die Offenlegung des Vertrages für unverantwortlich.

Ausschussobmann Kogler merkte zum Bemühen Gahrs um eine Ladungsliste an, es sei nie eine „Rundlaufpräsidiale“ zustande gekommen.

Abgeordneter Markus Fauland (F) hinterfragte die im RH-Bericht festgeschriebene „eingeschränkte Luftraumüberwachung“. Er sprach davon, dass es sich beim Eurofighter um ein reines Luftraumüberwachungsflugzeug handle und dieser eingeschränkte Einsatzbereich gerechtfertigt sei; werden Aufrüstungsmaßnahmen ergriffen, dann könne das Gerät „für mehr“ eingesetzt werden. Er machte darauf aufmerksam, dass die Flugzeuge an einem Standort, in Zeltweg, stationiert sein werden. 3 Maschinen – davon eine in Reserve – werden zur Luftraumüberwachung in der Zeit zwischen 8 und 20 Uhr eingesetzt werden, bei einer Lageveränderung könne innerhalb von Stunden auf ein 24-Stunden-Betrieb umgestellt werden. Der Redner machte darauf aufmerksam, dass laut internationalen Vergleichen in den meisten Ländern das gleiche Szenario gefahren werde.

Abgeordneter Peter Pilz (G) wollte wissen, ob der Kaufvertrag vollständig dem RH übermittelt wurde, wer als Käufer bzw. als Verkäufer den Vertrag unterschrieben habe und ob der Minister bereit sei, den Kaufvertrag offenzulegen. Das Argument, es sei mit dem Verkäufer vereinbart worden, nicht offenzulegen, ist laut Pilz unzulässig und ein Freibrief für alle Verträge, die von österreichischen Gebietskörperschaften mit Privaten abgeschlossen werden. Das entspreche nicht den österreichischen Gesetzen und schon gar nicht der Geschäftsordnung, zumal der Nationalrat an der Wahrnehmung seiner Kontrollaufgaben gehindert werde und er und seine Einrichtungen umgangen werden sollen. Wenn den Abgeordneten des Ausschusses die Einsicht in den Kaufvertrag verweigert wird, müsse der Grund hiefür in den Vertragsbestimmungen liegen, mutmaßte Pilz und sagte wörtlich: "Solange der Kaufvertrag nicht auf dem Tisch ist, ist es sinnlos, über den Kaufvertrag zu sprechen."

Bundesminister Günther Platter leitete seine Wortmeldung mit dem Hinweis auf eine Sitzung in Salzburg ein, in der es um die Bewerbung für die Winterspiele 2014 gegangen sei und wo man vom Landesverteidigungsminister die Garantieerklärung verlangt habe, dass die Luftraumüberwachung bei diesem Großereignis gewährleistet sei. Der Salzburger Bürgermeister Schaden habe, so Platter, öffentlich darauf hingewiesen, wie er zu dieser Beschaffungsmaßnahme stehe und dass es notwendig sei, bei Großveranstaltungen solche Geräte zur Verfügung zu haben.

Einen Rücktritt vom Vertrag werde es nicht geben, unterstrich der Minister, außer es gebe keine Lieferung, was jedoch nicht eintreten werde. Es werde rechtzeitig geliefert, unterstrich er.

Die Beschaffung der Eurofighter wurde nach dem Prinzip der angemessenen Reaktion sowie den Prinzipien der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Zweckmäßigkeit durchgeführt. Für die Reduzierung gebe es ein „maßgeschneidertes Konzept“.

Es wird keine Vertragsoffenlegung geben, sagte der Ressortchef weiter. Man musste sich im Vertrag zur Geheimhaltung verpflichten. Noch nie sei ein Vertrag über Beschaffungsvorhaben mit Geheimhaltungsvereinbarung offengelegt worden. Dem RH wurde der Vertrag zur Verfügung gestellt.

Wir wollen und werden nicht aus dem Vertrag aussteigen, unterstrich Platter weiter. „Ich bin der Überzeugung, dass wir das beste Gerät gekauft haben“, so das Regierungsmitglied.

Unterfertigt wurde der Vertrag von „einem Angehörigen des Ministeriums und einem Angehörigen der Eurofighter GmbH“.

RH-Präsident Josef Moser verwies u.a. auf die Darstellung im Bericht zur operativ-taktischen Erfüllung und wies darauf hin, dass eine durchgehende Luftraumüberwachung gemäß dem operativ-taktischen Konzept nicht möglich sei, eine Anpassung des Konzeptes wäre hierfür erforderlich.

Der Vertrag wurde mit Ausnahme eines als geheim bezeichneten Teiles dem RH vorgelegt. Laut Verfassungslage lege der RH seinen Bericht, aber keine Dokumente vor; daher sei die Vorlage des Vertrages durch den RH nicht möglich, so Moser.

Abgeordneter Peter Pilz unterstrich in seiner Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung, der Minister lege den Vertrag deshalb nicht vor, weil eine Verpflichtung zur Geheimhaltung in technischen Spezifikationen bestehe. Um mit den anderen Fraktionen die Frage klären zu können, ob und wie die dem RH zur Verfügung gestellten Teile des Vertrages den Abgeordneten zugänglich gemacht werden können, ersuchte der Redner um eine Sitzungsunterbrechung. Diesem Begehren schloss sich S-Sprecher Günther Kräuter an.

Die Antworten des Ministers wolle die Opposition nicht zur Kenntnis nehmen, betonte V-Abgeordneter Gahr. Er sah keinen Anlass, die Ausschusssitzung zu unterbrechen.

Abgeordneter Detlev Neudeck (F) meinte, die Oppositionsparteien wollten offensichtlich den RH überprüfen. Der RH als Organ des Nationalrates habe die Prüfung ordentlich durchgeführt und dieses Ergebnis habe man zur Kenntnis zu nehmen. Der SPÖ und den Grünen warf er vor, keine Kontrolle ausüben, sondern „Populismus pur“ betreiben zu wollen.

Ausschussobmann Kogler gab nach der Sitzungsunterbrechung bekannt, man habe keine Einigung über die weitere Vorgangsweise erzielt. – Daraufhin verließen alle SPÖ-Abgeordneten, G-Abgeordneter Peter Pilz und Ausschussobmann Kogler die Beratungen des Ausschusses; Abgeordneter Gahr als Obmannstellvertreter leitete die weiteren Verhandlungen.
   

Abgeordneter Walter Murauer (V) warf den Oppositionsparteien vor, den Kaufvertrag nicht objektiv prüfen, sondern subjektiv bewerten zu wollen. Einer solchen vordergründigen Parteipolitik könne man nicht Rechnung tragen.

Seine Fraktion bekenne sich zur Luftraumüberwachung, die ein wichtiger Teil der österreichischen Landesverteidigung sei, unterstrich Abgeordneter Alfred Schöls (V). Er verurteilte die Vorgangsweise der Opposition, weil dadurch auch die Integrität der Institution Rechnungshof in Frage gestellt werde. Was die Entscheidung für die Eurofighter angeht, so konnte sich die Bevölkerung bei der Airpower-Show 2005, die letzte Woche in Zweltweg durchgeführt wurde, von der Leistungsfähigkeit dieser Flugzeuge und ihrer Piloten überzeugen. Schöls erkundigte sich beim Bundesminister, wie viele Luftraumverletzungen in den letzten Jahren stattgefunden haben und welche Unterschiede zwischen dem Eurofighter und anderen vergleichbaren Angeboten bestanden.

Auch Abgeordneter Johann Ledolter (V) kritisierte das Verhalten der Oppositionsparteien, das seiner Meinung nach "unglaublich und ungeheuerlich" sei und als klares Misstrauensvotum gegenüber dem Rechnungshof gewertet werden könne. Es handle sich um keinen Untersuchungsausschuss, gab Ledolter zu bedenken, daher müssen sich SPÖ und Grüne an die Spielregeln halten und akzeptieren, dass militärische Beschaffungen der Vertraulichkeit unterliegen. Ledolter wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass auch beim Drakenankauf keine Verträge offen gelegt wurden.

Abgeordneter Markus Fauland (F) sprach von einem "schwarzen Tag für die Demokratie", da es Parteien gebe, die sich wie kleine Kinder verhalten und aus dem Ausschuss ausziehen, nur weil sie etwas nicht bekommen haben. Dies sei beschämend, vor allem im Hinblick auf die gute Arbeit des Rechnungshofes, die damit auch in Frage gestellt wird. SPÖ und Grüne würden vergessen, dass es hier um die wichtige Frage der österreichischen Sicherheit geht. Die Sicherheit höre aber nicht am Boden auf, sondern beginne eigentlich erst in der Luft, wie die Entwicklungen in den letzten Jahren gezeigt haben. Seine Fragen betrafen die Pilotenausbildung, das Angebot der Firma SAAB sowie die zusätzlichen Investitionskosten.

Abgeordneter Konrad Steindl (V) gab zu bedenken, dass ohne die Anschaffung der Eurofighter die Durchführung von Großveranstaltungen (zum Beispiel die Fußball-EM 2008) nicht möglich wäre. Hinsichtlich der Kosten merkte er an, dass jeder Österreicher umgerechnet circa 250 Euro für die Luftraumüberwachung zu zahlen hat. Es sei aber davon auszugehen, dass der Erlös aus den Gegengeschäften um ein Vielfaches höher sei als dieser Betrag. Abgeordneter Hannes Missethon (V) warf den Oppositionsparteien vor, dass sie bis dato keine Alternativkonzepte vorgelegt haben. Weitere Fragen betrafen folgende Themen: Betriebskosten (V-Abgeordnete Astrid Stadler und F-Abgeordneter Detlev Neudeck), die Ausrüstung der Eurofighter und die Liefertermine (Abgeordneter Roderich Regler, V).

Bundesminister Günther Platter wies darauf hin, dass gesamte Vertrag der Geheimhaltungs- pflicht unterliege. Im Interesse und zum Schutz jener Personen, die den Vertrag unterzeichnet haben, könne er auch nicht deren Namen nennen. Er versicherte jedoch den Abgeordneten, dass er und sein Ressort es sich nicht leicht gemacht hätten bei diesem großen Beschaffungsvorhaben und sich alle Experten bemüht hätten, einen rechtmäßigen Vertrag zu erstellen. Grundsätzlich stellte Platter fest, dass eine Luftraumüberwachung ohne aktive Komponente nicht funktioniere. Aufgrund der Bundesverfassung sei man zum Wahrung der österreichischen Lufthoheit verpflichtet. Dies solle auch nicht anderen Staaten überlassen werden, war er überzeugt, sondern österreichische Piloten sollen in österreichischen Flugzeugen unter österreichischer Befehlsgewalt stehen.

Sodann ging der Ressortchef auf die einzelnen Fragen ein und teilte dem Abgeordneten Schöls mit, dass es in den letzten Jahren durchschnittlich zu 120 Luftraumverletzungen gekommen ist. Als Beispiel führte Platter an, dass beim Besuch des israelischen Staatspräsidenten im Oktober letzten Jahres ein unbekanntes Flugobjekt, das sich auf Kollisionskurs befand, abgedrängt werden musste. Solche Situationen müsse man einfach im Griff haben, betonte der Minister. Was die Sorgen der Bevölkerung in Zeltweg bezüglich des Fluglärms angeht, so nehme man diese natürlich sehr ernst und es werde alles unternommen, um auf die Interessen der Anrainer Rücksicht zu nehmen, versicherte Platter. Den Mitarbeitern vor Ort, die hochqualifizierte Jobs bekommen, könne man eine Arbeitsplatzgarantie für die nächsten 30 bis 40 Jahre geben.

Mit den Eurofightern werden dem Bundesheer Luftraumüberwachungsflugzeuge der vierten Generation zur Verfügung stehen. Sogar der Oberbefehlshaber der US-Luftstreitkräfte, General Jumper, war positiv überrascht von der Qualität der Flugzeuge und meinte, dass sie dem amerikanischen Standard entsprechen. Es wurden auch bereits Erprobungen bei extremer Kälte (bei minus 32 Grad) in Schweden durchgeführt und es seien keinerlei Probleme aufgetreten, berichtete der Minister. Es sei auch nicht richtig, dass sich die Flugzeuge nicht lange in der Luft halten können. Platter wies darauf hin, dass zwei Eurofighter von Großbritannien nach Singapur überstellt wurden und damit 26.000 Kilometer (hin und retour) zurückgelegt haben. Da die Flugzeuge erst 2007 nach Österreich geliefert werden, könne man noch zusätzlich von den Erfahrungen anderer Länder, die in der Zwischenzeit gemacht werden, profitieren. Mit heutigem Datum wurden insgesamt 49 Eurofighter an Großbritannien, Deutschland, Italien und Spanien übergeben, informierte Platter. Somit befinden sich über 32 % der Flugzeuge der ersten Tranche in Truppenerprobung. Hinsichtlich der Zwischenlösung berichtete der Minister, dass Österreich ab 2007 mit den ersten Eurofightern beliefert werde, eine lückenlose Luftraumüberwachung sei damit gewährleistet. Sollte die Tranche 2 nicht rechtzeitig fertig sein, dann werden Flugzeuge der Tranche 1 ausgeliefert, die jedoch - ohne zusätzliche Kosten - nachgerüstet werden. Von den 18 Eurofightern sind sechs mit Zusatzfunktionen ausgerüstet (z.B. Selbstschutzsystem). Aus Gründen der Sparsamkeit und der Wirtschaftlichkeit habe man sich zu dieser Lösung entschlossen, da immer nur 6 Flugzeuge in im Einsatz sein werden. Platter unterstrich jedoch, dass natürlich alle 18 Flugzeuge voll einsatzfähig sind.

Zum Thema Pilotenausbildung führte Platter aus, dass ein Vertrag mit der deutschen Bundeswehr wahrscheinlich im Herbst abgeschlossen werden kann. Die Ausbildung und Schulung der Techniker sei bereits angelaufen. Die angesprochenen Zusatzinvestitionen belaufen sich auf 463 Mill. Euro, also durchschnittlich 46 Mill. Euro pro Jahr. Diese Kosten seien unabhängig von der Typenentscheidung zu betrachten und umfassen z.B. Radarsysteme, die Einsatzausbildung der Piloten, die Zwischenlösung etc. Hinsichtlich der Betriebskosten, die 50 Mill. Euro betragen, wurde mit dem Finanzministerium vereinbart, dass jener Betrag, der über die Betriebskosten der Draken hinausgeht, vom BMF zur Verfügung gestellt wird.

Rechungshofpräsident Josef Moser verwies auf ein juristisches Gutachten, in dem klar zum Ausdruck komme, dass keine gesetzliche Verpflichtung bestehe, die dem Rechnungshof im Rahmen der Prüfung zur Verfügung stehenden Unterlagen vorzulegen. Was die Vergleichsangebote angeht, so stellte Moser fest, dass die Firma Eurofighter trotz der Reduktion der Stückzahl der Flugzeuge kein Bietersturz zugunsten des Angebots der Firma SAAB bei der Zahlungsvariante mit 18 Halbjahresraten eingetreten ist. Moser gab jedoch zu bedenken, dass die Veränderungen im kommerziellen Bereich nicht berücksichtigt werden konnten, da die firmeninternen Kalkulationen der einzelnen Bieter nicht zugänglich waren.
     
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