NR-Präsident Khol zog Bilanz  

erstellt am
11. 07. 05

Große Gesetze, mehr Ausschusssitzungen, mehr Ordnungsrufe im Geschäftsjahr des Parlaments
Wien (pk) - Bevor Nationalratspräsident Andreas Khol am Freitag (08. 07.) die letzte Sitzung vor der Sommerpause schloss, zog er Bilanz über die Arbeit des Nationalrates. „Große Gesetzeswerke, aber weniger Konsens und mehr Ordnungsrufe“, so der Präsident.

Arbeitsintensives Parlamentsjahr 2004/2005
Im vergangenen Arbeitsjahr wurden wichtige und umfangreiche Gesetze beschlossen. Darunter etwa die Abschaffung der Zweidrittelmehrheit im Schulbereich, das Fremdenrechtspaket, die Zivildienstreform, die Verkürzung des Grundwehrdienstes auf 6 Monate, die Ratifizierung der EU-Verfassung, das Anerkennungspaket im Zuge des 50-Jahr-Jubiläums des Staatsvertrages, das Wirtschafts- und Beschäftigungsgesetz 2005, das Behindertengleichstellungsgesetz, die verfassungsrechtliche Verankerung der Gebärdensprache, das Dienstleistungsscheckgesetz, die Biotechnologie-Richtlinie, das Budget für 2006 und das Bundes-Umgebungslärmschutzgesetz.

Das Plenum ist im vergangenen Jahr zu 43 Sitzungen zusammen gekommen. Insgesamt können 135 Ausschusssitzungen verzeichnet werden. Von den (bis 8. Juli) 136 beschlossenen Gesetzen erfolgten 58 einstimmig (entspricht 42,65 %) und 78 mehrstimmig (entspricht 57,35 %). In der ganzen Gesetzgebungsperiode beträgt die Konsensrate 53 %. In diesem Halbjahr war die Konsensdecke also dünner.

Zahl der Ordnungsrufe gestiegen
Die Zahl der Ordnungsrufe ist in diesem Jahr stark gestiegen. Waren es in der Tagung 2003/2004 noch 10, so wurde 2004/2005 gleich 21 Mal zur Ordnung gemahnt. „Ich möchte besonders im Zusammenhang mit der gestiegenen Zahl der Ordnungsrufe ausdrücklich darauf hinweisen, dass das Klima in diesem Haus grundsätzlich sehr sachlich und parlamentarisch ist. Allerdings kann es bei Diskussionen oder Kontroversen mitunter emotional werden, dann sind Ordnungsrufe einfach unerlässlich“, so Khol.

Künftig mehr Europa im Parlament
„Ich habe mich sehr dafür eingesetzt, dass wir eine Geschäftsordnungsänderung beschließen, EU-Fragen werden künftig mehr Gewicht im österreichischen Parlament erhalten. Ich freue mich auch, dass diese Änderung der Geschäftsordnung - betreffend ‚Einführung von Europatagen’ - einstimmig beschlossen wurde.“ Bei diesen Sitzungen sollen das Arbeitsprogramm der jeweiligen EU-Präsidentschaft besprochen und andere aktuelle EU-Vorhaben diskutiert werden. Damit will der Nationalrat nicht nur seine Mitwirkung in EU-Angelegenheiten verstärken, sondern auch die Öffentlichkeit besser über EU-Projekte informieren und Europapolitik für die Bevölkerung greifbar machen. Die „Europatage“ sollen viermal im Jahr stattfinden, der erste Termin ist der 29. September 2005. „Auch im Hinblick auf die bevorstehende österreichische EU-Präsidentschaft im ersten Halbjahr 2006 halte ich diese Sitzungen für außerordentlich wichtig“, erklärte der NR-Präsident.

Veranstaltungen öffnen das Hohe Haus
„Die Veranstaltungen, welche die drei Präsidenten des Nationalrates, der Präsident des Bundesrates und die parlamentarischen Klubs hier im Haus durchführen, erfreuen sich immer größerer Beliebtheit“, so Khol. Die Veranstaltungen finden in einem breiten und umfassenden Spektrum zu unterschiedlichsten Themen statt: Von Buchpräsentationen, Fachveranstaltungen (z.B. Fachtagung „50 Jahre Familienlastenausgleich“), Diskussionen (z. B. „Österreich: Jelinek. Eine Auseinandersetzung“), Ausstellungen in der Säulenhalle bis hin zur großen Gedenkveranstaltung gegen Gewalt und Rassismus im Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus, die heuer am 4. Mai 2005 dem Thema „10 Jahre Nationalfonds“ gewidmet war, reicht die Palette. Von den Klubs wurden etwa durchgeführt: Enquete des ÖVP-Klubs „Österreich>nachhaltig>erfolgreich“, vom SPÖ-Klub die Veranstaltung „Startklar für die neue Schule“, vom FPÖ-Klub eine Enquete anlässlich des Internationalen Frauentages, vom Grünen Klub die Buchpräsentation „Projekt Österreich – In welcher Verfassung ist die Republik?“. „Die Veranstaltungen, die wir durchführen, sollen neben den unzähligen Parlamentsführungen dazu beitragen, einem interessierten Publikum das Haus noch mehr zu öffnen“, unterstrich Khol.

Über 70.000 Besucher
Im Jahr 2004/2005 kamen 58.930 Besucherinnen und Besucher anlässlich einer Parlamentsführung ins Haus. 11.781 Menschen besuchten die im vergangenen Jahr durchgeführten Veranstaltungen. Insgesamt konnte das Parlament also 70.711 Besucherinnen und Besucher begrüßen.

Am 26. Oktober wird das umgebaute Hohe Haus der Öffentlichkeit präsentiert
„Planungsgemäß werden die Umbauarbeiten rechtzeitig fertig gestellt sein, sodass wir am 26. Oktober 2005 das Parlament im Zuge des ‚Tages der offenen Tür’ für die Österreicherinnen und Österreicher öffnen können“, meinte der Präsident. Dann wird die Sanierung der Rampe und auch die Renovierung der Pallas Athene vor dem Parlament, die derzeit noch verhängt ist, abgeschlossen sein. Im Inneren präsentiert sich das neue Besucherzentrum, das über einen neuen Zentraleingang erreichbar sein wird. Die Besucherinnen und Besucher werden bei einem Info-Pult und Shop-Bereich mit angegliederter Garderobe empfangen. Auch der ORF wird einen permanenten Sitz im Parlament haben, vom 250 m² großen, auf zwei Ebenen aufgeteilten Stadtstudio aus wird erstmals direkt aus dem Parlament berichtet werden können. Das Palais Epstein, dessen Renovierung ebenfalls planungsgemäß verläuft und in Zukunft auch für Veranstaltungen genutzt werden wird, kann am 26. Oktober 2005 ebenfalls besichtigt werden. „Ich freue mich, dass es gelungen ist, den lange schwelenden Konflikt zwischen dem Bürgermeister der Stadt Wien und Leon Zelman einerseits und dem Parlament über die Nutzung des Palais Epstein in einem guten Kompromiss zu lösen.“ In einer Dauerausstellung im Erdgeschoß des Palais Epstein wird die Geschichte des Hauses, der Beitrag der Juden zur österreichischen Kultur und das Epstein als Sitz der sowjetischen Kommandantur nach 1945 dokumentiert werden. Das Palais Epstein als Haus mit Geschichte wird allen offen stehen.

Auch im Parlament werden Lehrlinge beschäftigt
Auch das Parlament trägt seinen Beitrag zur Lehrlingsbeschäftigung. Ab September werden 4 Lehrlinge im Hohen Haus tätig sein.

Zeitgenössische Kunst im Parlament
Der Kurator des Landesmuseums Joanneum Graz und Kunstkurator des Hauses, Peter Pakesch, konzipierte Anfang dieses Jahres das Ausstellungskonzept „Zeitgenössische Kunst im Parlament“ und ist als Kurator für die laufenden Ausstellungen zuständig. In mehreren Ausschusslokalen werden verschiedene Künstlerinnen und Künstler in einem Rhythmus von etwa einem halben Jahr gezeigt. Die Auswahl der Künstlerinnen und Künstler hängt primär von ihrer Positionierung im augenblicklichen österreichischen Kunstgeschehen ab. „Wir freuen uns, ab August die zweite Reihe des Ausstellungszykluses zeigen zu können. Dann werden nämlich Werke von Eva Schlegel, Johanna Kandl, Manfred Willmann, Erwin Bohatsch und Michael Kienzer zu sehen sein.“

Der Präsident des Nationalrates wünschte allen einen schönen Sommer und schloss die Sitzung.
     
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