Deutsche Finanzpolitiker: Wie machend das die Österreicher?  

erstellt am
06. 07. 05

Ausschussobmann Stummvoll: Wir sind bei den Reformen gut unterwegs
Wien (pk) - Eine Delegation aus dem Finanzausschuss des Baden-Württembergischen Landtages besuchte am Dienstag (05. 07.) das Parlament und traf mit österreichischen Fachkollegen zu einem Informationsaustausch über finanzpolitische Themen zusammen. Der Obmann des Finanzausschusses Günter Stummvoll begrüßte die Landtagsabgeordneten und leitete die Unterredung, an der auch der Obmann der österreichisch-deutschen parlamentarischen Freundschaftsgruppe Kurt Eder (S) und Abgeordneter Maximilian Hofmann (F) teilnahmen.

"Wie machen das die Österreicher?", lautete die einleitende Frage der deutschen Gäste, die auf immer positivere Medienberichte über den Wirtschaftsstandort Österreich hinwiesen.

Abgeordneter Stummvoll (V) erläuterte zunächst das "strategische Dreieck der österreichischen Finanzpolitik" seit der politischen Wende im Jahr 2000: 1.) Stabilität im Staatshaushalt im Sinne eines ausgeglichenen Haushalts über den Konjunkturzyklus hinweg, 2.) Entlastung von Bürgern und Betrieben sowie 3.) Investitionen in die Zukunft. Diese drei Ziele seien gleichwertig, sagte Stummvoll, der im Konkreten an das Nulldefizit der Jahre 2001 und 2003, an die Steuerentlastung durch die jüngste Steuerreform und an Investitionen in Forschung und Entwicklung erinnerte. "Wir sind gut unterwegs", fasste Stummvoll die bisherige Entwicklung in einem Satz zusammen.

Angesichts der konjunkturellen Entwicklung seit 2001 habe sich die Regierung in jedem Jahr veranlasst gesehen, ein Konjunkturpaket zu verabschieden. Dabei habe sie nicht einfach Geld in die Wirtschaft gepumpt, sondern Konjunkturpolitik mittels Investitionen in die Infrastruktur betrieben. Er kenne keine Regierung, die innerhalb von vier Jahren so viel für die Wirtschaft getan habe, sagte Stummvoll. Das Motiv dieser Politik sei das Schaffen von Arbeitsplätzen: Es gehe darum, Produktionen in Österreich zu halten - denn viele Unternehmen stünden vor der Entscheidung, Betriebe in eines der neuen EU-Mitgliedsländer zu verlagern.

Abgeordneter Kurt Eder (S) erinnerte aus der Sicht der Opposition daran, dass Einschnitte in das Sozialsystem – Stichwort: Pensionsreform - zu einer Verschlechterung der politischen Stimmung im Land geführt haben. "Es geht der österreichischen Wirtschaft gut", räumte Eder ein, "den Arbeitnehmern aber nicht mehr so gut wie früher". Auf Fragen der deutschen Gäste eingehend, schilderte der Vorsitzende des Verkehrsausschusses die Ausgliederung des hochrangigen Straßennetzes in Form der ASFINAG aus der staatlichen Verwaltung, wobei er darauf aufmerksam machte, dass das Eigentum an den Straßen staatlich blieb. Wie die ebenfalls verselbständigten ÖBB kann auch die ASFINAG Schulden aufnehmen und Einnahmen einheben, wobei die Höhe der Straßenmaut politisch festgelegt werde, führte Eder aus.

Als ein spezielles Problem des EU-Nettozahlers Österreich bezeichnete Eder die Schieflage auf dem Arbeitsmarkt an den Grenzen zu den neuen EU-Ländern. Besorgt zeigte sich Eder auch darüber, dass die Zahl der Arbeitslosen steige, obwohl Arbeitsplätze geschaffen werden. Die Ursache dafür sah der Abgeordnete in der Rationalisierung der Produktion.

In diesem Zusammenhang machte Abgeordneter Maximilian Hofmann (F) darauf aufmerksam, dass Deutschland 3 % und Österreich 3,5 % Wachstum bräuchten, um die Arbeitslosigkeit reduzieren zu können. Mit Genugtuung äußerte Hofmann über die Umsetzung der Pensionsreform, die schon lange, auch von SPÖ-Politikern, gefordert wurde. Die Harmonisierung der Pensionen habe das Pensionssystem insgesamt gerechter gemacht. Erfolge der Regierung sah Hofmann auch in der Privatisierungspolitik, durch die es gelungen sei, die ÖIAG-Schulden abzubauen.

Auf Detailfragen erfuhren die Gäste aus Baden-Württemberg von Ausschussobmann Stummvoll, dass die Methode der österreichischen Budgetsanierung auf der Ausgabenseite liege und die jüngste Steuerreform unter anderem auch dazu geführt habe, dass 40 % der Einkommensteuerpflichtigen keine Steuern zahlen. Beim Thema Pensionsreform, deren Härten die SPÖ zurücknehmen würde, merkte Abgeordneter Eder an, das Problem der Alterung der Gesellschaft werde eine der zentralen Fragen der kommenden Jahre werden.
     
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