Auslandstöchter: erstmals höherer Jahresgewinn als heimische Betriebe unter ausländischem Einfluss  

erstellt am
18. 07. 05

Ergebnisse der Direktinvestitionsbefragung 2003 der Oesterreichischen Nationalbank
Wien (oenb) - Nach einem jahrelangen Aufholprozess haben österreichische Unternehmen zu Jahresbeginn 2004 erstmals mehr Kapital im Ausland investiert als ausländische Investoren in Österreich. In 2.586 ausländischen Betrieben unter österreichischem Einfluss arbeiten 327.700 Menschen. Mit einem Jahresertrag von 3,3 Mrd Euro. haben die österreichischen Auslandstöchter 2003 erstmals auch höhere Gewinne erzielt als umgekehrt. Österreich festigte 2003 seine wirtschaftliche Position in Zentral- und Osteuropa, das zu Jahresbeginn 2004 zum ersten Mal die EU-15 als Standort österreichischer Direktinvestitionen übertroffen hat. In den Boomregionen Asiens sind österreichische Unternehmen aber nach wie vor kaum vertreten.

Österreich liegt vorne
Nach den Ergebnissen der jüngsten Direktinvestitionsbefragung der OeNB belief sich der Wert strategischer Firmenbeteiligungen von Österreichern im Ausland, also die aktiven Direktinvestitionen, zum Jahreswechsel 2003/04 auf 44,3 Mrd Euro. Dies ist eine Zunahme des Bestands an aktiven Direktinvestitionen um 9,4% und bedeutet, dass die Internationalisierung der österreichischen Wirtschaft weiter deutlich zugenommen hat. Gestiegen ist nicht nur das investierte Kapital, auch die Zahl der österreichischen Investoren, die sich im Ausland unternehmerisch engagieren, hat von 955 auf 969 zugenommen. Darüber hinaus ist auch die Zahl der ausländischen Tochterunternehmen um 144 auf 2.586 gestiegen. Das Plus von 9,6% bei den Beschäftigten bedeutet, dass etwa 327.700 Personen im Ausland für österreichische Unternehmen arbeiteten, bzw. dass bereits etwa jeder zehnte Arbeitsplatz im Ausland liegt. Im Durchschnitt hat jeder österreichische Auslandsinvestor 45,7 Mio Euro im Ausland veranlagt.

Das Wachstum der passiven Direktinvestitionen im Verlauf des Jahres 2003 betrug etwa 2,8%, womit das Unternehmensvermögen ausländischer Investoren in Österreich zu Jahresbeginn 2004 einen Wert von 42,6 Mrd Euro erreichte. Damit verzeichnet die seit mehr als 30 Jahren bestehende Erhebung der Oesterreichischen Nationalbank erstmals mehr aktive als passive Direktinvestitionen. Die Zunahme des Bestandes um 1,1 Mrd Euro ist deutlich geringer als die entsprechenden Flüsse in der Kapitalbilanz des Jahres 2003. Solche Abweichungen treten immer wieder als Folge der unterschiedlichen Bewertungen (Buchwerte, Marktwerte, Wechselkursänderungen etc.) und der unterschiedlichen Erhebungstechniken (Befragung bzw. Auslandszahlungsverkehr) auf. Wichtigste Ursache im Jahr 2003 waren „Großmutter­zuschüsse“, die vom ausländischen Investor an der inländischen Tochter vorbei direkt an eine österreichische Enkelgesellschaft geleistet werden. Da sich die Direktinvestitions­erhebung nur an unmittelbar ausländisch beeinflusste Unternehmen richtet, scheinen solche Beträge dann nicht in der Bestandsrechnung auf, wenn sie in der Bilanz des befragten Tochterunternehmens nicht abgebildet werden.

Dass sich die ausländischen Investoren aber trotz der geringen Zunahme keinesfalls vom Standort Österreich verabschiedet haben, erkennt man daran, dass sowohl die Zahl der Investoren (um 81 auf 3.159) als auch die Zahl der direkt abhängigen Unternehmen (um 46 auf 2.679) zugenommen haben. Gewachsen ist schließlich auch die Zahl der Arbeitsplätze in ausländisch beeinflussten Unternehmen in Österreich (um 7.000 auf 251.900).

Regionale Aspekte
Österreich hat sich seit der Ostöffnung als wichtiger Investor in den Trans­formationsländern Zentral- und Osteuropas positionieren können. Auch im Jahr 2003 war die Zunahme an Direktinvestitionsbeständen in dieser Region stark (1,6 von insgesamt 3,8 Mrd Euro). Innerhalb der Länder Zentral- und Osteuropas war die Ausweitung der Bestände in Bulgarien, Polen, Russland und Kroatien am stärksten. Auch in der Slowakei und in Serbien-Montenegro betrug die Zunahme jeweils mehr als 100 Mio Euro, während die Tschechische Republik ein deutliches Minus aufweist. Die Direktinvestitionen in der EU-15 haben sich gegenüber dem 1.1. 2003 kaum verändert. Zum Jahresbeginn 2004, unmittelbar vor der Erweiterung der EU, haben die 19 zentral- und osteuropäischen Länder mit einem Anteil von 36,8 % die alte EU mit 34,5% erstmals überholt. Per 1. Mai 2004 sind allerdings acht dieser Länder der EU zuzurechnen, die somit nach der Erweiterung auf einen Anteil von 63% kommt. Außerhalb Euro.pas ergab die Erhebung der OeNB in Summe keine Bestandszunahmen. Den Rückgängen in Nordamerika um 380 Mio Euro stehen Zuwächse in Lateinamerika, Afrika und Ozeanien gegenüber. In den wichtigen Boomregionen Asiens sind Österreichs Unternehmen nach wie vor nur unzureichend vertreten: nur 1,7% aller österreichischen Direktinvestitionen entfallen auf diesen Raum.

Noch ausgeprägter ist die Rolle Zentral- und Osteuropas, wenn man die Zahl der Beteiligungen bzw. die Beschäftigtenzahlen ins Auge fasst. Zum Jahreswechsel 2003/04 arbeiten 233.400 von 327.700 Auslandbeschäftigten in Zentral- und Osteuropa (davon 61.100 in der Tschechischen Republik, 55.300 in Ungarn, 28.500 in der Slowakischen Republik und 26.300 in Polen). In der EU-15 befanden sich zum selben Zeitpunkt nur 64.000 Arbeitsplätze, also ein knappes Fünftel. Außerhalb Euro.pas sind österreichische Unternehmen mit 25.700 Beschäftigten nur wenig aktiv: Nach den USA und Australien folgt China mit 2.000 Beschäftigten in „österreichischen“ Unternehmen an dritter Stelle.

Die passiven Direktinvestitionen konzentrieren sich traditionellerweise auf die EU und in besonderer Weise auf Deutschland. Mit einem Zuwachs von 650 Mio Euro sind auch im Jahresverlauf 2003 die Unternehmensanteile in deutschem Besitz besonders stark gewachsen, was sich allein aus der Akkumulation nicht ausgeschütteter Gewinne erklären lässt. Übertroffen wurden die deutschen Werte nur von Dänemark, wo Konzern­umstrukturierungen für den Zuwachs um 920 Mio Euro ausschlaggebend waren. Den dritten Rang erreichte die Schweiz mit einem Plus von 550 Mio Euro. Dabei handelt es sich um tatsächliche Zuflüsse frischen Kapitals von außen. Die italienischen, französischen, belgischen und schwedischen Direktinvestitionsbestände in Österreich haben dagegen – bei annähernd konstanter Anzahl von Beteiligungen – deutlich abgenommen. Es dominieren weiterhin EU-Investoren: 73% der passiven Direktinvestitionen befanden sich zu Jahresbeginn 2004 in deren Händen, davon allein 40 Prozentpunkte in deutschem Besitz. Auf das übrige Euro.pa kommen weitere 10%, darunter vor allem die Schweiz und Liechtenstein. Wichtigste außereuropäische Unternehmenseigentümer in Österreich sind die USA mit 10%, während Geldgeber aus Japan oder den Golfstaaten nur noch 2% bzw. 1% halten.

Erträge
Die Erträge österreichischer Beteiligungsunternehmen im Ausland beliefen sich 2003 auf 3,3 Mrd Euro: Sie übertrafen damit erstmals den Ertrag der passiven Direktinvestitions­unternehmen von 3,2 Mrd Euro.. Im Vergleich zum Vorjahr haben erstere um ½ Mrd oder 20% zugelegt, während letztere einen Gewinnrückgang in der gleichen Größenordnung erlitten. Die Eigenkapitalrentabilität österreichischer Direkt­investitionen, die in den frühen neunziger Jahren gelegentlich negativ gewesen war, erreichte mit 8,5% einen Höchststand, lag aber immer noch unter der Rendite österreichscher Unternehmen unter Auslandseinfluss mit 9,4%. Besonders erfolgreich waren einmal mehr die Beteiligungen in Zentral- und Osteuropa, wobei die acht Beitrittsländer 1,2 Mrd Euro und die übrigen elf zentral- und osteuropäischen Länder 700 Mio Euro zum positiven Jahresergebnis beitrugen.
     
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