Bildungspolitik / Universitäten  

erstellt am
28. 07. 05

 Cap, Broukal: Verfassungsklage angekündigt
Für Cap ist Chaos in Hochschulpolitik ein "bodenloser Skandal" - Gehrer muss zurücktreten
Wien (sk) - Immer mehr Verfassungsjuristen seien der Ansicht, dass der derzeitige Zustand im Hochschulwesen, nach dem Spruch des Europäischen Gerichtshofes, dass auch ausländische Studierende an den österreichischen Universitäten ohne Zugangsbeschränkung studieren können, ungesetzlich ist, unterstrich SPÖ-Wissenschaftssprecher Josef Broukal Donnerstag (28. 07.) während einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem geschäftsführenden SPÖ-Klubobmann Josef Cap. Die am 8. Juli beschlossene Gesetzesänderung, die wiederum den Zugang für acht Fakultäten regeln soll, sei bis gestern immer noch nicht kundgemacht gewesen, man befinde sich daher im rechtsfreien Raum, so Broukal. Er empfahl daher jedem Inskriptionswilligen, der auf den Universitäten nicht angenommen wurde, sich dies mit einem Bescheid bestätigen zu lassen. Diesen Bescheid könne man dann bis hinauf zum Verwaltungsgerichtshof beeinspruchen lassen. Zur Hilfestellung im Schriftverkehr mit den Behörden empfiehlt Broukal die Internetadresse http://www.ichwillstudieren.at.

Es gelte nach wie vor die alte Rechtslage, so Broukal. Daher hätte die Med-Uni-Wien Studierende aus dem Ausland nur annehmen dürfen, wenn diese wie bisher einen Studienplatz im Heimatland nachgewiesen hätten. Die SPÖ werde den Gang zum Verfassungsgerichtshof beschreiten, kündigten Broukal und Cap in dieser Causa an, denn das Gesetz sei völlig vage und unbestimmt und überlasse jeder Universität selbst, wie sie mit dem Ansturm der Studierenden fertig wird. Man werde mit einer Verfassungsklage jedoch noch zuwarten, da die Aufnahmekriterien, wie sie von den Universitäten angekündigt wurden, erst in Kraft treten müssen. So habe die Medizinuniversität Innsbruck vor, die literarische Qualität der Bewerbungsschreiben als Kriterium für die Zulassung einzuführen. "Das ist doch nur noch grotesk", so Broukal. Die Universitäten müssten jedenfalls einen Bescheid ausstellen, wenn sie Inskriptionswillige ablehnen. Dazu seien sie gesetzlich verpflichtet, so Broukal.

"Wir orten hinter diesem Spruch des Europäischen Gerichtshofes nicht nur eine Kompetenzproblematik - ob der Gerichtshof überhaupt berufen ist, diesen Spruch festzustellen -, sondern wir orten auch seitens der Ministerin Gehrer eine Untätigkeit gegenüber den Institutionen in der europäischen Union", kritisierte Cap. Diese Säumigkeit müssten nun die österreichischen Studierenden ausbaden, für Cap eine "empörende Situation". Auch die weitere Untätigkeit der Bundesregierung, der Ministerin Gehrer und des Bundeskanzlers zeige nur, dass Bildungs- und Hochschulpolitik in der Prioritätenliste dieser Regierung ganz weit hinten angesiedelt sei, so Cap.

Es sei jedenfalls ein "bodenloser Skandal", dass Bundeskanzler Schüssel erst jetzt auf den Spruch des EuGH reagiert, nachdem man schon sehr lange vorher wusste, wie er entscheiden wird, so Cap. Noch vor drei Wochen freute sich Schüssel über den Wettbewerb, den es nun an den Inskriptionsstellen geben würde. Gestern habe Schüssel in der "Tiroler Tageszeitung" erstmals selbst die Kompetenz des EuGH in Frage gestellt und eine europäische Regelung für diesen Fall gefordert. "Das ist die Umsetzung des Chaos in der Bundesregierung auf den Hochschulbereich", kritisierte der gf. SPÖ-Klubobmann. Die SPÖ habe jedenfalls seit langem vor dieser Situation gewarnt, so Broukal, doch man habe nur Häme geerntet. "Vor zwei Jahren, oder vor einigen Monaten hätte ich mir solche Sätze von Schüssel und Gehrer erwartet, dass eine europäische Regelung für diesen nun eingetretenen Fall gefunden werden müssen. Jetzt ist alles zu spät", sagte Broukal.

Für Cap steht außer Frage, dass Bildungsministerin Gehrer zurücktreten müsse, da sie sich um die Probleme im Hochschulbereich überhaupt nicht gekümmert habe. "Sie hatte wahrscheinlich keine Zeit für die Universitäten, da sie dauernd mit der Verteidigung des Direktors des Kunsthistorischen Museums, Seipel, beschäftigt war. Gehrer ist in der Kultur- und in der Bildungspolitik gescheitert", so Cap.

"Wir wollen der Anwalt der österreichischen Maturantinnen und Maturanten sein, wir wollen der Anwalt der österreichischen Universitäten sein, gegenüber dieser Bundesregierung", unterstrich Broukal. "Wir verlangen eine Zukunftsdiskussion über die Universitäten", forderte Broukal. Es müsse endlich offiziell und durch Beschluss festgestellt werden, wie viele Akademiker sich Österreich wünsche, es müsse sachlich und wertfrei festgestellt werden, wie viel Geld die Universitäten brauchen und "was die Bundesregierung tun muss, um die seit 2003 andauernde Unikrise zu beenden", so Broukal abschließend.

 

 Brinek: SPÖ-Verunsicherer werden an Universitäten erfolglos bleiben
Wer bei Uni-Zugang Chaos herbeireden will, beweist Inkompetenz
Wien (övp-pk) - "Die Rechnung der Verunsicherer Cap und Broukal wird nicht aufgehen. Die Inskription an den Universitäten läuft in geordneten Bahnen. Von einem Chaos kann keine Rede sein, vielmehr haben sich die Universitäten gut vorbereitet. Dies ist durch Beispiele wie die virtuellen Vorlesungen der Medizinuniversität Graz oder die Informationen an alle Schülerinnen und Schüler durch die Medizinuniversität Wien gut nachvollziehbar", erklärte ÖVP-Wissenschaftssprecherin Getrude Brinek am Donnerstag (28. 07.). Auch mit dem Versuch, über die Gültigkeit der Änderung des Universitätsgesetzes 2002 Zweifel zu säen, wird Broukal nicht weit kommen. Angehende Juristen lernen bereits im ersten Studienabschnitt, dass Gesetze mit Ausnahme von Strafgesetzen selbstverständlich auch rückwirkend beschlossen werden können.

Offensichtlich kenne sich Broukal in Rechtsangelegenheiten nicht besonders gut aus, sonst müsste er wissen, dass ein Gesetzesbeschluss, dessen Inhalt besagt, dass er ab dem 7. Juli gültig ist, tatsächlich auch ab dem 7. Juli gilt. "Wenn Broukal sich weiterhin als Verunsicherer versuchen will, ist es ihm natürlich unbenommen, sich an den VfGH zu wenden. Er darf sich aber dann nicht beklagen, wenn das Ergebnis den Eindruck seiner geringen Sachkompetenz weiter vertieft", so Brinek abschließend.

 

 Grünewald: Regierung setzt auf Beton statt auf Bildung
Wien (grüne) - Der Wissenschaftssprecher der Grünen, Kurt Grünewald, fordert die Regierung angesichts der anhaltenden prekären finanziellen Situation an den Universitäten dazu auf, neue Prioritäten in ihrer Budgetpolitik zu setzen. "Das Universitätsbudget stagniert seit 1999 auf international vergleichbar unterdurchschnittlichem Niveau. Im Gegensatz dazu stiegen etwa die Ausgaben für den Neubau von Autobahnen im gleichen Zeitraum um über dreihundert Prozent, ganz zu schweigen von den exponentiell gestiegenen Kosten für deren Erhalt", so Grünewald.

Die langjährige Budgetnot wirkte sich negativ auf die Besetzung offener Professorenstellen aus. Nachdem sich die Zahl der Studierenden in den letzen 40 Jahren vervierfacht habe, die Anzahl der HochschullehrerInnen jedoch nur um den Faktor 1,9 gestiegen sei, habe sich das Betreuungsverhältnis massiv verschlechtert. So kämen in Österreich 20 Studierende auf einen Lehrenden, während es im OECD-Schnitt 15,5, in Finnland und Deutschland 12,6, in Japan 11,2 und in Schweden 9,1 seien.

Unter den aktuellen Umständen würden sich junge Menschen gut überlegen ein Studium zu beginnen. In Österreich beginnen nur 33 Prozent eines Maturajahrgangs ein Studium, in Finnland seien es 71 Prozent. Dabei müsse es dringlichstes Ziel sein, die AbsolventInnenquote endlich zu erhöhen. "Österreichs AkademikerInnenquote liegt mit 14 Prozent im letzten Drittel und weit unter dem OECD-Durchschnitt. Das sind alarmierende Zahlen, die zeigen, wie viel in der österreichischen Universitätspolitik noch zu tun ist, um den internationalen Anschluss zu erreichen", warnt Grünewald. Es müssten daher dringend Maßnahmen getroffen werden, um mehr junge Menschen in Österreich zum Studium zu bewegen. Einem reichen Land wie Österreich müsse die Bildung seiner Jugend etwas wert sein. "Wenn die Regierung ihre Scheuklappen nicht endlich abnimmt und das Universitätsbudget nicht aufstockt, rückt das Ziel der Weltklasse-Unis in weite Ferne", so Grünewald abschließend.
     

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