Bartenstein: Familienhospizkarenz bewährt sich  

erstellt am
04. 08. 05

Verlängerung für Betreuung schwerst erkrankter Kinder und Erhöhung der finanziellen Unterstützung in Überlegung - Mit Kurzfassung der Studie
Wien (bmwa) - "Die Familienhospizkarenz zur Betreuung sterbender oder schwerst erkrankter Familienangehöriger hat sich für die Betroffenen bewährt. Sie ist vor allem auch bei Arbeitgebern und Arbeitskollegen auf großes Verständnis gestoßen, wird aber noch nicht in dem Maß in Anspruch genommen, das wir erwartet haben", erklärte Wirtschafts- und Arbeitsminister Dr. Martin Bartenstein zu den Ergebnissen einer vom Ministerium in Auftrag gegebenen Evaluierung der dazu erlassenen gesetzlichen Regelungen. Verstärkte Informationstätigkeit solle die darüber bestehenden Informationsdefizite beseitigen.

Die Familienhospizkarenz (FHK) wurde mit 1. Juli 2002 eingeführt und schafft die Möglichkeit, für die Sterbebegleitung bzw. die Betreuung schwerst erkrankter Familienangehöriger bis zu längstens sechs Monate vom Arbeitgeber frei zu bekommen und dann an den Arbeitsplatz zurückkehren zu können. Im Sommer des Vorjahres hat das BMWA das Soziale Förderungs- und Forschungsinstitut (SOFFI) in Innsbruck mit der Evaluierung der dazu erlassenen gesetzlichen Regelungen beauftragt.

Eckpunkte der bestehenden Regelungen
Arbeitnehmer haben einen Rechtsanspruch auf Herabsetzung der Normalarbeitszeit, auf Änderung der Lage der Normalarbeitszeit sowie auf Freistellung von der Arbeitsleistung für die Sterbebegleitung naher Angehöriger, und zwar auf die Dauer von drei Monten mit einer Verlängerungsmöglichkeit bis zu insgesamt sechs Monaten. Eine schriftliche Mitteilung an den Arbeitgeber ist erforderlich, die FHK kann frühestens fünf Arbeitstage (eine Verlängerung frühestens zehn Arbeitstage) nach Zustellung dieser Mitteilung angetreten werden. Ab Bekanntgabe der FHK bis vier Wochen nach deren Ende besteht Kündigungs- und Entlassungsschutz. Der Arbeitgeber kann dagegen Klage beim Arbeits- und Sozialgericht einbringen.

Für Arbeitnehmer/innen, die wegen einer FHK kein oder nur ein unter der Geringfügigkeitsgrenze liegendes Entgelt beziehen, erfolgt eine Sachleistungsversicherung in der Krankenversicherung und eine zum Erwerb von Beitragszeiten führende Pensionsversicherung. Für finanzielle Notfälle steht im Sozialministerium ein Härtefonds zur Verfügung, bei dem - ohne Rechtsanspruch - eine Überbrückungshilfe beantragt werden kann.

Vom Start der FHK bis Ende 2004 haben 1.159 Personen dieses Angebot angenommen (erwartet waren ursprünglich 15.000 pro Jahr).

Ergebnisse der Evaluierung
Im Durchschnitt wird die FHK für eine Dauer von vier Monaten in Anspruch genommen. Das gesetzliche Limit von sechs Monaten hat sich in der Praxis daher als ausreichend erwiesen. Für die Betreuung von Kindern - rund 20% der FHK-Fälle - würde jedoch öfter der Bedarf für mehr als 6 Monate bestehen. In diesen Fällen würde eine Verlängerung Härten beseitigen, da zum Beispiel bestimmte Therapieformen in der Tumorbehandlung länger als ein halbes Jahr dauern. Für Bartenstein ist der Wunsch nach einer Verlängerung auf insgesamt neun Monate "absolut nachvollziehbar", und er rechnet auch mit einer Zustimmung der Sozialpartner dazu.

Wahl- und Pflegeeltern sollten als Angehörige gelten: Derzeit ist die FHK für in gerader auf- und absteigender Linie Verwandte sowie für Geschwister, Ehegatten, Lebensgefährten, Schwiegereltern, Schwiegerkinder sowie Adoptiv- und Pflegekinder möglich, für den zuletzt genannten Personenkreis ist die umgekehrte Richtung derzeit nicht vorgesehen.

Für Zuschüsse aus dem FHK-Härteausgleich möchte Sozialministerin Ursula Haubner jetzt zudem den festgelegten Grenzwert des Haushaltseinkommens (gewichtet pro Person) von 500 Euro auf 700 Euro erhöhen. Die dafür notwendigen Mittel sind vorhanden.

„Damit bekommen mehr Menschen, mehr finanzielle Unterstützung für ihre Pflegeleistung. Zwei Drittel der jetzigen Ablehnungen könnten so positiv entschieden werden," erklärt Sozialministerin Ursula Haubner.

84% der Nutzer sind Frauen
FHK wird zu 84% von Frauen in Anspruch genommen, am intensivsten in der Altersgruppe 41-50. Vollkarenz wird von 97% gewählt. Fast ein Drittel kommt aus Sozial- oder Gesundheitsberufen. Rund ein Viertel hatte vor der Vollkarenz bereits - außerhalb der FHK-Regelungen - in der Dauer von durchschnittlich 7 Monaten die Arbeitszeit bereits zum Teil drastisch reduziert, um den/die Angehörige/n besser betreuen zu können.

In den weitaus meisten Fällen (92%) gab es wegen des FHK-Antrages keine Komplikationen, allerdings war diese Möglichkeit in einem Drittel der Betriebe vorher nicht bekannt. 7,5% der Karenznehmer/innen hatten bei der Rückkehr aus der FHK mit Schwierigkeiten im Betrieb zu kämpfen, dies führte bei insgesamt 3,9% in weiterer Folge zur Kündigung bzw. Entlassung. Die Betriebsgröße hatte dabei keinen Einfluss.

60% empfanden die zeitlich ausgeprägte Betreuung als psychisch stark oder ziemlich belastend, 47 % der Karenznehmer/innen gaben an, mit der begleiteten Person stärker allein geblieben zu sein, als ursprünglich angenommen. Verdienstentgang und der fehlende Rechtsanspruch auf existenzsichernde Leistungen waren für 48% ziemlich oder sehr belastend) die Sorge um mögliche Nachteile oder Verschlechterungen am Arbeitsplatz nach Ende der Familienhospizkarenz für 18%.

Für die Evaluierung wurden an 775 Personen, die eine FHK in Anspruch genommen haben, Fragebögen ausgesendet und mit 40 Personen vertiefende Interviews geführt. Parallel dazu wurden pflegende/begleitende Personen befragt, die keine FHK in Anspruch genommen haben sowie Gespräche mit Vertretern/innen von sozialen Diensten und Einrichtungen geführt.
     
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