Deutschunterricht in Brasiliens Colônia Tirol  

erstellt am
22. 08. 05

Innsbruck (rms) - Einen Besuch aus weiter Ferne erhielt Bürgermeisterin Hilde Zach am Donnerstag (18. 08.) in ihrem Büro im Rathaus. Die St.-Pöltner Schriftstellerin Dr. Doris Kloimstein mit Innsbrucker Wurzeln (und verwandt mit der Bürgermeisterin) leitet derzeit ein Sprachprojekt in der Colônia Tirol (Santa Leopoldina) in Espirito Santo in Brasilien. Dr. Kloimstein ist Literaturpreisträgerin des Landes Niederösterreich. Einen Innsbruck-Aufenthalt nütze sie, um gemeinsam mit ihrem Ehemann der Bürgermeisterin Grüße aus der Colônia Tirol zu überbringen und sie mit einem bunten, von Frauen im Dorf in Handarbeit hergestellten, kleinen Teppich zu überraschen.

Die Stoffreste bekommen die Frauen von einer Kleiderfirma. Sie machen daraus in mühevoller Arbeit Teppiche, Polster etc. mit verschiedenen Motiven, die dann auf Märkten an Touristen verkauft werden.

Obwohl nur 70km von der Hafenstadt Vitoria entfernt, liegt die Colônia Tirol im brasilianischen Bundesstaat Espirito Santo im Atlantischen Urwald mit bis zu 1000 Meter hohen Bergen. Typisch für die Region ist der Anbau des Arabico Kaffees, von Bananen, Maniok, Bohnen und seit kurzem Ingwer. Aber auch Rinder, Hühner und Schweine werden von den Nachfahren jener Tiroler, die 1857 hierher kamen, um das Land urbar zu machen, gehalten.

Aufgrund der späten Anbindung an das 20. Jahrhundert - elektrischen Strom gibt es erst seit ca. 10 Jahren - und die abgeschiedene Lage hat sich Deutsch als Sprache erhalten. Seit mehr als 10 Jahren betreibt das Land Tirol Entwicklungshilfe und ist bemüht, dass die brasilianischen Tiroler in der alten Heimat nicht vergessen werden. Das Dorf Tirol gehört übrigens zur Gemeinde Santa Leopoldina, nach Leopoldina von Habsburg, der Tochter von Kaiser Franz II / I, die mit dem ersten brasilianischen Kaiser verehelicht war, benannt.

Der Tiroler Dialekt, der von den älteren Leuten noch fließend gesprochen wird, ist nun, am Beginn des 21. Jhs. für die Jugend bereits eine Fremdsprache. Man besinnt sich aber wieder auf die Geschichte und möchte den Deutschunterricht erhalten und intensivieren. Vor dreieinhalb Jahren, als die österreichische Schriftstellerin Doris Kloimstein erstmals die Colônia Tirol besuchte, gab es für den Deutschunterricht keine Finanzierung mehr, weshalb sich der einheimische Deutschlehrer, der seinen Job los war, um Hilfe an die Autorin wandte. "Mir war sofort klar, dass ich helfen muss", erzählt die Autorin.

Von April bis Ende Juli leitete Doris Kloimstein ein Sprachprojekt. Es ist bereits der 4. Aufenthalt der Autorin. "Als Schriftstellerin mit Tiroler Wurzeln liegt mir daran die Tiroler Tradition und das Tiroler Kulturgut, die ja untrennbar mit der Sprache verbunden sind, zu erhalten. Darum war es mir wichtig, dass Deutsch in den brasilianischen Regelunterricht integriert wird und den einheimischen Deutschlehrer, José Schäfer, didaktisch für den Unterreicht auszubilden", meint Doris Kloimstein. José Schäfer, bei der Bevölkerung angesehen und bei den Schülern beliebt, ist über die Kooperation zwischen Tirol da Áustria und Tirol do Brasil sehr glücklich. Die Schriftstellerin hat das brasilianische Tirol und seine Bevölkerung inzwischen so ins Herz geschlossen, dass sie stets ein wenig Heimweh ins ferne Tirol hat.
     
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