Der Kardinal und die Schöpfung: "Mein Herz funktioniert"  

erstellt am
22. 08. 05

Kardinal Schönborn beim Weltjugendtag im lockeren Talk mit Jugendlichen über Schöpfung und Evolution. KATH.NET war mit dabei. Ein Bericht von Petra Biermeier.
Köln (kath.net) - Er ist im „Eu-Stress“, im „guten Stress“, sagt Kardinal Christoph Schönborn. Der Wiener Erzbischof ist in Eile, wie viele in diesen Tagen, aber seine Augen leuchten fröhlich und ganz jung, als ich ihm in der Nähe der Köln-Messe Deutz zufällig über den Weg laufe. „Ich erlebe den Weltjugendtag mit ganz großer Freude, weil er in Deutschland ist“, sagt der Erzbischof von Wien zu KATH.NET.

Das große Fest hier in Köln widerlege „so viele Vorurteile“, zum Beispiel dass „so etwas in Deutschland nicht möglich sein“ könne wie in Frankreich, in Italien oder auf den Philippinen. „Aber wir sehen: Es ist möglich. Da kann ich den Herrn nur loben“, freut sich der Kardinal. Er muss gleich weitereilen, zum nächsten Interview. Davor nimmt er sich aber Zeit für eine internationale Jugendgruppe, die ihn begleitet, und er lädt mich ein zum Zuhören.

Kurzerhand setzen wir uns alle auf den harten Asphaltboden, zwischen Autos und vorbeipilgernde Jugendliche. Die jungen Leute sind von einem Kerygma-Team von „Jugend mit einer Mission“. Diskutiert wird auf Englisch. Was interessiert den Bischof, was die Jugendlichen?

Für einen Bischof sei es die größte Freude zu sehen, „wie der Herr wirkt“, bekennt der Wiener Erzbischof. Besonders freue ihn das „Aufblühen neuer Gemeinschaften“. In jedem Jahrhundert würden neue Gemeinschaften entstehen. Das sei ein Zeichen dafür, dass „das Aufblühen von Leben das wahre Prinzip der Schöpfung ist“.

Und schon ist die Brücke geschlagen zu einer aktuellen Debatte, jener über Schöpfung und Evolution. Dieses Aufblühen habe mit einer „ideologischen Evolution“, nach der der Stärkste überlebt, nichts zu tun. Das habe er schon als Student in Regensburg beim Studieren des Katechismus mit Joseph Ratzinger gelernt, für den die Schöpfung immer ein zentrales Anliegen gewesen ist.

„Joseph Ratzinger war einer der wenigen katholischen Theologen, die erkannt haben, dass ohne eine Lehre über die Schöpfung die moralischen Grundlagen der Lehre der Kirche zusammenbrechen würden.“ Die Schöpfung ist die „erste Sprache Gottes“, erklärte Schönborn. Wer die Sprache nicht verstehe, dem könne Gott sich nicht offenbaren.

Der 60-jährige Wiener Erzbischof lud seine jugendlichen Zuhörer ein, die Bedeutung der Schöpfung am eigenen Körper nachzuvollziehen, die „Millionen von Reaktionen“ zu betrachten und darüber zu staunen, wie wunderbar das alles funktioniere. „Wenn es irgendeine Störung gibt, dann bemerkt man es sofort, der Körper wird krank“, meinte er.

Und wurde zum Amusement der Jugendlichen ganz konkret. „Meine Verdauung funktioniert ziemlich gut“, meinte Schönborn. „Mein Herz funktioniert, die Lunge, das Gehirn, die Augen“. In jedem Augenblick könne der Mensch eine Erfahrung des „intelligent Designs“ machen, welcher der Körper sei. Das Wissen um die Natur sei die Basis für ein Leben aus der Gnade. Sie stelle die gefallene Schöpfung wieder her, erläuterte er. „Geht man immer gleich von der Erlösung aus, dann fehlt einem die Verankerung im Evangelium.“ Der Herr selbst gehe immer davon aus, was in der Schöpfung geschieht: Schöpfung und Natur seien „sozusagen der Eingang zum Evangelium“.

Damit rührte Schönborn an das Thema der Bekehrung, über die es lange Passagen im Katechismus gebe. „Bekehrung der Herzen bleibt Intelligenz“, heiße es dort. „Wir sollen mit der Bekehrung der Herzen beginnen und dann mit der Bekehrung der Intelligenz“. Verstand und Herz gingen Hand in Hand. „Wenn ich das Herz für die Gnade öffne, dann wird die Intelligenz erleuchtet“, sagte der Kardinal. „Wenn die Intelligenz erleuchtet wird, dann kann die Gnade noch viel tiefer eindringen.“
     
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