Wirtschaftspolitik / Arbeitsmarkt / Steuerreform  

erstellt am
18. 08. 05

 Bures: Regierung will mit AMS-Privatisierung Verantwortung für Rekordarbeitslosigkeit abschieben
Spitzenmedizin vor Kollaps, aber Rauch-Kallat weiterhin untätig
Wien (sk) - "Schönreden, Wegreden und Abputzen, das ist der Zugang der Regierung zur höchsten Arbeitslosigkeit der Zweiten Republik", kritisierte am Freitag (19. 08.) in einer Pressekonferenz SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Doris Bures. Eindringlich warnte Bures vor der im Wirtschaftsprogramm der ÖVP festgehaltenen Idee, das AMS zu privatisieren. Dies würde die Situation zusätzlich verschärfen. "Ich halte das für einen Skandal. Private Unternehmen arbeiten gewinnorientiert, aber ein AMS soll zielorientiert tätig werden." Mit einer solchen Maßnahme würde die Regierung nicht nur die Verantwortung für die nie gekannte Arbeitslosenrate abschieben, sondern auch "Gewinne auf dem Rücken der arbeitsloser Menschen gemacht". Im Gesundheitsbereich fordert Bures einen Kassasturz, ein Durchleuchten des Einsparungspotentials, die Feststellung des Finanzbedarfs gemeinsam mit Experten und eine solidarische Finanzierung des Bedarfs. "Bisher hat die Regierung nur zusätzliche Selbstbehalte zustande gebracht", so Bures.

Von 2000 bis 2005 ist die Arbeitslosigkeit um 43 Prozent gestiegen, die Jugendarbeitslosigkeit um 87 Prozent. "Das sind 50.000 junge Menschen, die in Österreich keinen Job finden." Als Verantwortliche dafür sind für Bures eindeutig ÖVP-Kanzler Schüssel und Arbeitsminister Bartenstein auszumachen. "Der Handlungsbedarf ist gegeben, aber Schüssel und Bartenstein versuchen seit Jahren, die Problematik wegzureden." So habe Schüssel 2002 erklärt, die Beschäftigungslage sei "praktisch stabil". Im selben Jahr vermeinte der Kanzler gar eine "Trendumkehr am Arbeitsmarkt" zu erkennen, "hin zu einem positiven Bild". Bartenstein stehe diesen Schönredereien und Verharmlosungen nicht nach, so Bures. Er sprach davon, die Situation "nicht unnötig zu dramatisieren", die Talsohle sei erreicht, der Anstieg schwäche sich ab. Fakt sei aber, dass "860.000 Menschen ein oder mehrmals im Jahr von Arbeitslosigkeit bedroht sind".

Die Regierung setze aber keine Taten, kritisierte Bures, außer im ÖVP-Wirtschaftsprogramm, in dem gefordert wird, die Arbeitsmarktverwaltung zu privatisieren. Bures skizzierte die Folgen: Das Nachsehen hätten weniger Qualifizierte Arbeitskräfte, jüngere Arbeitslose, ältere Arbeitslose, es würde kein Geld für Qualifizierungs- und Weiterbildungsmaßnahmen geben. Leiharbeitskräfte würden vermehrt angeboten und der Druck, minderqualifizierte und schlecht bezahlte Jobs anzunehmen würde steigen. "Das Problem wird prolongiert, die Situation wird verschärft und die Regierung putzt sich ab", so Bures.

Bures fordert "Einsparung der untätigen Gesundheitsministerin"
"Wir hatten das beste und solidarisch finanzierte Gesundheitssystem der Welt. Jetzt herrscht Stillstand, es gibt keine Reformen, aber eine Belastungs- und Kürzungspolitik", beklagte Bures. Gesetzt wurden lediglich punktuelle Maßnahmen, die die Patienten mit Selbstbehalten zur Kassa bitten oder in peinlichem Chaos endeten, wie die Ambulanzgebühr, die Chefarztpflicht oder die E-Card. Seit Jahren warnen Ärzte vor einem Kollaps in der Spitzenmedizin, aber die Gesundheitsministerin tut nichts", sagte Bures. Kein nachhaltiges Gesundheitskonzept, aber krasse Mängel in der medizinischen und ärztlichen Versorgung: Namhafte Ärzte schlagen Alarm.

So erklärt der Internist Guntram Schernthaner von der Rudolfstiftung ("News"): "Wir sind das einzige Land in der EU, in dem neue Diabetesmittel nicht von der Kasse bezahlt werden." Reinhard Krepler, ärztlicher Leiter des Wiener AKH ("News"): "Jetzt sind wir am Limit." Robert Hawlicek, Krebsspezialist am SMZ Ost ("News"): "Die Situation ist eine Katastrophe." Reiner Brettenthaler, Präsident der Ärztekammer (APA 316, 18.8.2005): "Es kracht an allen Ecken und Enden." Werner Vogt, Pflegeombudsmann ("News"): "Wenn ein Kassenpatient auf einen OP-Termin wartet, dauert das Monate, bei Privatpatienten nur Tage."

Die einzige Aussage Rauch-Kallats zum Finanzkollaps in der Spitzenmedizin stammt vom 10. August. Sie verwies lapidar auf die Zuständigkeit der Länder. "Es stellt sich die Frage: Wozu hat man eine Gesundheitsministerin, wenn die Ministerin sagt, das geht mich alles nichts an, dann ist es das Beste, wir sparen uns diese Gesundheitsministerin ein!", erklärte Bures. Folgende drei Punkte seien sofort umzusetzen, so Bures. Einen Kassasturz machen, also die Finanzsituation offen auf den Tisch legen. Etwaige Finanzlücken und Rationalisierungspotentiale aufzeigen. Und gemeinsam mit Experten qualitative und quantitativ messbare Gesundheitsziele festlegen. Gemeinsam mit den Ländern müsse hier vorgegangen werden und solidarische Modelle überlegt werden. Denn: "Die Spitzenmedizin muss allen Menschen zur Verfügung gestellt werden, unabhängig vom Einkommen, Ersparten oder einer privaten Zusatzversicherung."

 

 Lopatka: So wird SPÖ nie regierungsfähig
Bekämpfung der Arbeitslosigkeit hat oberste Priorität - Entlastung kleiner Einkommen bereits umgesetzt
Wien (övp-pk) - Es sei eine ungeheuerliche Behauptung, dass die Regierung bewusst Arbeitslosigkeit in Kauf nehme. "Ich weiße das auf das Schärfste zurück. Gusenbauers schrilles Sprachrohr Doris Bures hat sich damit völlig im Ton vergriffen", sagte ÖVP-Generalsekretär Dr. Reinhold Lopatka am Freitag (19. 08.). Die SPÖ entfernt sich so immer weiter davon, Regierungsfähigkeit zu gewinnen. Mit inhaltlich falschen Aussagen wird versucht, Österreich schlecht zu reden und in der Bevölkerung Panikmache zu betreiben." In der ÖVP wird bedauert, "dass die seriösen politischen Verhandlungen zwischen Regierung und SPÖ beim Fremdenpaket eine Einzelerscheinung geblieben sind. Offensichtlich will sich die Gusenbauer-SPÖ weiter lieber mit untergriffiger Fundamentalopposition profilieren", so Lopatka.

Die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit habe in der Bundesregierung oberste Priorität. Der Anstieg sei auf die internationale konjunkturelle Entwicklung zurückzuführen. Die Bundesregierung tue alles, um dem entgegenzusteuern. "Mit Erfolg, wie der EU-Vergleich zeigt. Österreich gehört zu den Ländern mit den niedrigsten Arbeitslosenraten der Europäischen Union." Besonders erfolgreich sei die Bundesregierung bei der Eindämmung der Langzeitarbeitslosigkeit. Die Zahl der Beschäftigungslosen mit einer Vormerkdauer von über einem Jahr sei Ende Juli 2005 um 46,7 Prozent auf 10.800 kräftig zurückgegangen.

Ein "ganz wesentlicher Schwerpunkt" sei auch die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit. Lopatka erinnert etwa an den Blum-Bonus, den Betriebe erhalten, die zusätzliche Lehrlinge ausbilden. Sollten junge Leute keine Lehrstelle finden, werde von der Bundesregierung ein Ausbildungsplatz garantiert. Von dort aus können die Jugendlichen später auf einen regulären Lehrplatz wechseln. Der ÖVP-Generalsekretär strich auch die hohe Beschäftigungsquote hervor. Ende Juli 2005 habe es in Österreich mehr als 3,3 Millionen unselbstständig Beschäftigte gegeben, um 32.000 mehr als im Vorjahr. Diese "hervorragenden Werte" führt Lopatka auf die Wirtschafts- und Standortpolitik der Regierung Schüssel zurück.

Die SPÖ-Panikmache in Sachen Gesundheitssystem wies Lopatka zurück. "Österreich ist ein Musterland bei der Gesundheitsversorgung. Bei uns gibt es keine Zweiklassenmedizin, ob arm oder reich, jeder bekommt die Versorgung, die er braucht. Höhere Beiträge stehen derzeit nicht zur Diskussion." Vielmehr gelte es, sinnvolle Einsparungsmöglichkeiten wie etwa bei den Generika zu nützen. "Genau das macht Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat."

Den Vorschlag von ÖVP-Klubobmann Wilhelm Molterer, nach der Wahl über eine Steuerreform zu verhandeln, unterstützte der ÖVP- Generalsekretär. "Eine Steuersenkung kommt natürlich erst dann, wenn wir es uns leisten können. Einen Rückfall in die Zeit der SPÖ- Schuldenpolitik wird es mit der ÖVP nicht geben." Die Forderung der Grünen, die kleinen Einkommen steuerlich zu entlasten, sei von der Regierung bereits umgesetzt worden. 45 Prozent aller Lohnsteuerpflichtigen seien bereits jetzt von der Steuer befreit, schloss der ÖVP-Generalsekretär.

 

Gorbach fordert Diskussion über Steuerreform auf Regierungsebene
ÖVP hat Handlungsbedarf erkannt
Wien (bpb) - "Die Tatsache, dass nun die ÖVP-Spitze rund um Klubobmann Molterer die Vorschläge des BZÖ über Maßnahmen zur Entlastung des Mittelstandes und zur Stärkung der Kaufkraft diskutiert, ist erfreulich. Diese Entwicklung sollten wir sofort nutzen, um in Anbetracht der aktuellen Situation am Arbeitsmarkt und zur Sicherung der guten Position des Wirtschaftsstandortes Österreich die Eckpfeiler der nächsten Steuerreform in den nächsten Wochen auf höchster Ebene anzusprechen", stellte der geschäftsführende BZÖ- Bündnisobmann Vizekanzler Hubert Gorbach fest.

Mit den Konjunkturpaketen vom 1. Mai und vom 8. August dieses Jahres könne man mittelfristige Impulse geben und damit für mehr Wirtschaftswachstum und für eine Stärkung des Arbeitsplatzes sorgen. Um aber die Konjunktur und den Arbeitsmarkt langfristig und möglichst nachhaltig positiv beeinflussen zu können, wäre ein umfassendes Entlastungspaket mit einer Vereinfachung der Steuersätze und mit steuerlichen Erleichterungen für Familien notwendig, erklärte der geschäftsführende BZÖ-Bündnisobmann und meinte weiter: "Die Absetzbarkeit der Kinderbetreuungskosten wäre zum Beispiel ein wichtiger Schritt, mit dem wir das verfügbare Einkommen von Familien anheben und so den Konsum fördern könnten. Einen weiteren Stein im Mosaik der konjunkturrelevanten Möglichkeit sehe ich in der Anpassung des Kilometergeldes, was den Pendlern zugute kommen und zusätzlich zur Stärkung der Wirtschaftskraft der Mittelschicht beitragen würde!"

"Mit den Mehreinnahmen aus der Mehrwertsteuer auf Treibstoffe und durch die Veräußerung von nicht betriebsnotwendigen Beteiligungen der Nationalbank wie der Münze Österreich mit ihren Casino-Anteilen würde es nicht nur gelingen, bei staatsnahen Institutionen schlankere Strukturen zu schaffen, sondern man könnte im Sinne der österreichischen Steuerzahler auch ein umfangreiches Entlastungspaket für den Mittelstand schnüren", führte der Vizekanzler aus. Man sollte die Meinung der Bevölkerung respektieren, nach der laut einer Umfrage 85 Prozent jetzt oder zu einem späteren Zeitpunkt eine Steuerreform fordern, so Gorbach.

"Nachdem das BZÖ die Diskussion begonnen hatte, fordern nun viele Stimmen in der ÖVP einen offenen Dialog über Mittel und Wege eines steuerlichen Maßnahmenpakets. Erfolgreiche Wirtschaftspolitik ist ja ein dynamischer Prozess, bei dem man Bestehendes ständig hinterfragen und zu verbessern suchen sollte. Ich bin daher guter Dinge, dass wir mit einer Allianz für den Arbeitsplatz und Wirtschaftsstandort Österreich diese konstruktiven Kräfte parteiübergreifend und vorurteilsfrei bündeln können und uns - mithilfe steuerlicher Maßnahmen - gemeinsam den Herausforderungen des Arbeitsmarktes und der Konjunktur stellen werden", meinte der geschäftsführende BZÖ-Bündnisobmann Vizekanzler Hubert Gorbach abschließend.

 

 Kickl: Chaos pur in ÖVP und Regierung
Angeblich "größte Steuerreform der Zweiten Republik" war offenbar doch nicht so gewaltig
Wien (fpd) - "Die Linke weiß in der ÖVP nicht, was die Rechte tut, und umgekehrt", sagte FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl zu den Aussagen von Wirtschaftskammerpräsident Leitl. "Molterer stellt eine Forderung auf, Leitl weist die Forderung zurück, und Amon rügt wiederum Leitl. Dazu kommt wieder das BZÖ und reklamiert alle ÖVP-Aussagen für sich, egal wie widersprüchlich diese auch sein mögen. Chaos pur!" Von einer Regierung, die laut Eigendefinition ja nur aus "konstruktiven Kräften" bestehe, hätte man sich eigentlich erwarten können, daß sie sich zum Thema Steuerreform zuerst an einen Tisch setze und gemeinsam eine Lösung suche, bevor jeden Tag ein neuer nicht akkordierter Hüftschuß komme, meinte Kickl, den es überhaupt seltsam anmutet, daß die Regierung nach der letzten Steuerreform, die ja angeblich so ein großer "Jahrhundert-, wenn nicht sogar Jahrtausendwurf" gewesen sei, jetzt plötzlich wieder Handlungsbedarf sehe. So gewaltig und weltweit einzigartig dürfte die angeblich "größte Steuerreform der Zweiten Republik" also offenbar doch nicht gewesen sein. Möglicherweise sei die Steuerreformdebatte auch nur ein Ablenkungsmanöver von anderen drängenden Problemen, die nach Lösung heischten, vermutete Kickl. "Arbeitsmarktmisere, Bildungschaos, Sicherheitsprobleme, Afghanistan-Einsatz, Benzinpreis - man könnte die Liste beliebig lang fortsetzen. Auf diese aktuellen Fragen vermissen wir Antworten."

 

 Sburny: Verwundert über SPÖ-Reaktion zu Steuerreformgeplänkel der Regierungsparteien
Wien (grüne) - „Einigermassen verwundert“ zeigt sich die Wirtschaftssprecherin der Grünen, Michaela Sburny, über Reaktion und Vorschlag seitens der SPÖ zum neuesten Geplänkel in Sachen Steuerreform. „Molterers Wortmeldung zur Spitzensteuersatzsenkung fiel noch in den sommerlichen Wettbewerb der Regierungsfraktionen, wer welchen Partei- oder RegierungskollegInnen öfter widerspricht. Die SPÖ mit ihrer Reaktion, die innerhalb eines Tages von einem strikten Nein über ein Jein zum Vielleicht-Ja samt Kommissionsgründung mutierte, kann bei diesem Wettrennen locker mithalten. Offenkundig werden wie schon beim Fremden- und Asylpaket bis vor kurzem geltende Prinzipien von der SPÖ aufgeweicht und auf ÖVP-Verträglichkeit getrimmt.“

Für die Grünen hält Sburny fest, dass eine Entlastung der BezieherInnen von Niedrigeinkommen Priorität habe, da genau diese durch die erst kürzlich durchgezogene Steuerreform nicht nur nicht profitiert hätten, sondern sogar in den vergangenen Jahren noch zusätzlich belastet worden wären. Darüber hinaus sei eine ökologische Steuerreform nach wie vor ein dringendes Gebot der Stunde.
     
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