Nationalrat debattiert Arbeitsmarktlage  

erstellt am
12. 08. 05

Dringlicher Antrag der SPÖ bei Sondersitzung
Wien (pk) - Auf Antrag der Sozialdemokraten ist der Nationalrat am Donnerstag (11. 08.) zu einer Sondersitzung zusammengetreten. In einem Dringlichen Antrag der SPÖ wurde "die katastrophale Arbeitsmarktsituation in Österreich" thematisiert. Der SP-Antrag fand keine Mehrheit. Angenommen wurde hingegen ein Entschließungsantrag der Regierungsfraktionen "betreffend Maßnahmen der Bundesregierung für Wachstum und Beschäftigung".

SPÖ-Vorsitzender Dr. GUSENBAUER wies im Rahmen der Begründung des Dringlichen Antrags darauf hin, dass es im Juli 2005 um 75.000 bzw. um 43 % mehr Arbeitslose gegeben habe als im Juli 2000. Im gleichen Zeitraum sei die Jugendarbeitslosigkeit um 87 % gestiegen. Dieser Umstand dürfe nicht bagatellisiert werden, mahnte er.

Man könne über unterschiedliche Konzepte zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit diskutieren, sagte Gusenbauer, am Ende zähle aber nur das Ergebnis. Die Politik der Regierung sei jedenfalls nicht erfolgreich gewesen, im Gegenteil, sie sei in dieser Frage "gescheitert". Trotz wiederholter Ankündigungen, die Talsohle sei nun durchschritten, gebe es bis heute keine Trendwende am Arbeitsmarkt.

Die "Hauptausrede" der Regierung, die hohe Arbeitslosigkeit sei ein internationales Phänomen, gegen das man nichts unternehmen könne, stimme, so Gusenbauer, nur zum Teil. Es gebe zwischen den einzelnen EU-Ländern durchaus große Unterschiede, betonte er.

Nach Meinung von Gusenbauer muss die Regierung ihr bisheriges Konzept überdenken. Die Idee, Unternehmen durch Steuersenkungen zusätzliches Geld in die Hand zu geben, damit diese es in neue Arbeitsplätze investieren, habe nicht zum gewünschten Effekt geführt. Die Gewinne seien heute höher als jemals zuvor und würden so niedrig besteuert wie noch nie, skizzierte der SPÖ-Vorsitzende, trotzdem sei die Arbeitslosigkeit auf einem Höchststand.

Gusenbauer räumte ein, dass zwar auch die Zahl der Arbeitsplätze gestiegen sei, er gab aber zu bedenken, dass die Zunahme vorwiegend Teilzeitarbeitsplätze betreffe. Zudem fragte er sich, warum die Regierung mit einer Erhöhung des Saisonier-Kontingents das Arbeitskräftepotenzial trotz der angespannten Situation am Arbeitsmarkt weiter erhöht habe.

Im vorgelegten Dringlichen Antrag fordert die SPÖ u.a. mehr Mittel für aktive Arbeitsmarktpolitik, eine Reparatur der Steuerreform, eine kurzfristige steuerliche Entlastung vor allem für BezieherInnen niedriger Einkommen, zusätzliche Investitionen in die Infrastruktur, mehr Mittel für die Arbeitsintegration von Frauen, die Reduktion der Saisonier-Kontingente und ein gebührenfreies Nachholen des Hauptschulabschlusses. Arbeitslosigkeit sei kein alleiniges Problem der Unterschicht, bekräftigte Gusenbauer, in der Zwischenzeit habe sie auch den österreichischen Mittelstand erreicht.

Bundeskanzler Dr. SCHÜSSEL zeigte sich von der Rede Gusenbauers enttäuscht und meinte, dessen Vorschläge hätten eine Sondersitzung des Nationalrates nicht gerechtfertigt. Ein kleines Land wie Österreich könne die internationale Konjunktur nicht beeinflussen, bekräftigte er, das Wachstum in der Euro-Zone von zuletzt 0,2 % sei bei weitem zu wenig, um neue Beschäftigungsimpulse zu setzen. Auch auf den steigenden Ölpreis habe Österreich keinen Einfluss.

Schüssel gab jedoch zu bedenken, dass die Regierung zahlreiche Reformen im Sozial-, Bildungs- und Gesundheitsbereich umgesetzt habe. Zudem habe sie in den letzten Jahren bewusst in Infrastruktur und Forschung investiert und nicht gespart, unterstrich er. Durch eine Exportoffensive habe man die Exporte von 60 Mrd. € auf 90 Mrd. € erhöhen können. "Das ist noch nicht perfekt", erklärte Schüssel, aber die Regierung befinde sich auf dem richtigen Weg.

Die Kritik Gusenbauers an den wiederholten Arbeitsmarktgipfeln wies Schüssel zurück. Er machte geltend, dass die von der Regierung gesetzten Maßnahmen dazu beigetragen hätten, zuletzt 31.500 neue Arbeitsplätze zu schaffen, auch in den Jahren zuvor seien zusätzliche Arbeitsplätze entstanden. Vom nunmehr mit den Bundesländern vereinbarten Beschäftigungspaket im Ausmaß von 1,2 Mrd. € erwartet er sich zusätzliche Investitionen in der Höhe von 3 Mrd. €.

Besonderer Schwerpunkt dieses Pakets ist Schüssel zufolge die Jugend- und Lehrlingsbeschäftigung. So soll das "Job-for-you-Programm", ein Pilotversuch, der sich laut Schüssel "erstklassig bewährt" hat, verlängert werden, zudem wolle die öffentliche Hand 1.800 zusätzliche Lehrlinge aufnehmen. Auch die Ausbildungsplätze im Pflegebereich würden aufgestockt.

Die ständige Kritik der Opposition trage dazu bei, die negative Stimmung zu verstärken, klagte Schüssel. "Machen Sie den Menschen nicht Angst, geben Sie Hoffnung", forderte er SPÖ-Chef Gusenbauer auf. Der Bundeskanzler verwies in diesem Zusammenhang auf einen Bericht des Internationalen Währungsfonds, wonach Österreich zu den besten Ländern der Euro-Zone gehöre.

Abgeordneter VERZETNIZSCH (S) hielt fest, von der hohen Arbeitslosigkeit in Österreich seien nicht nur die Arbeitslosen selbst betroffen, sondern auch deren Familien. Wenn man bedenke, dass eine Person in Österreich 1.400 € zum Leben brauche, das Arbeitslosengeld durchschnittlich aber lediglich 750 € betrage, dann könne man sehr deutlich sehen, was es heiße, arbeitslos zu sein, skizzierte er. Zudem habe die hohe Arbeitslosigkeit zur Folge, dass Österreich bei der Kaufkraft "nachhinkt".

Kritisch äußerte sich Verzetnitsch zum kürzlich vereinbarten Wachstums- und Beschäftigungspaket. Ihm zufolge wird dafür nur 200 Mill. € "neues" Geld in die Hand genommen. Um die Konjunktur anzukurbeln, ist es seiner Meinung nach unbedingt erforderlich, die Nachfrage zu fördern, etwa durch eine Verdoppelung der Negativsteuer von 110 € auf 220 €. Zudem muss die öffentliche Hand seiner Meinung nach für jeden Lehrstellensuchenden einen Ausbildungsplatz anbieten, wenn die Wirtschaft dazu nicht in der Lage ist.

Skeptisch zeigte sich Verzetnitsch in Bezug auf die von Wirtschaftsminister Barteinstein vorgeschlagenen Kombilöhne. Ein solches Modell könne vielleicht dem einen oder anderen helfen, meinte er, insgesamt wäre es aber besser, gezielte Qualifizierungsprogramme für die Betroffenen anzubieten.

Abgeordneter NEUGEBAUER (V) wertete die Vereinbarung zwischen der Regierung und den Bundesländern, insgesamt 1,2 Mrd. € an Förderungen und Haftungen "aufzustellen", als wichtigen und notwendigen Schritt. Damit könnten nach bisherigen Erfahrungen 3 Mrd. € an zusätzlichen Investitionen bewirkt werden, ohne dass neue Schulden gemacht würden, betonte er. Gleichzeitig habe man ein deutliches Signal an junge Menschen gesetzt.

Dass Österreich, wie es im Dringlichen Antrag heißt, eine "katastrophale Arbeitsmarktsituation" hat, wies Neugebauer strikt zurück. Im internationalen Vergleich stehe Österreich immer noch gut da, betonte er. Immerhin gebe es 3,3 Millionen Beschäftigte in Österreich. Ohne die Konjunkturpakete I, II und III und die Steuerreformen I und II wären Neugebauer zufolge 200.000 weitere Menschen arbeitslos.

Neugebauer brachte namens seiner Fraktion und der Freiheitlichen einen Entschließungsantrag betreffend Maßnahmen der Bundesregierung für Wachstum und Beschäftigung ein. Unter anderem geht es den Koalitionsparteien darum, die am Montag mit den Bundesländern beschlossene Vereinbarung so rasch wie möglich umzusetzen, das Ziel einer Forschungsquote von 2,5 % bzw. 3 % konsequent weiterzuverfolgen und das vom Regierungsbeauftragten Egon Blum vorgeschlagene Lehrlingspaket auf 1. September 2005 vorzuziehen.

Abgeordneter Mag. HAUPT (F) wies darauf hin, dass es vor allem in Wien die größten Probleme gibt, zumal dort ein Rückgang von fast 9.000 Arbeitsplätzen festzustellen ist. In den anderen acht Bundesländern sei hingegen ein Zuwachs bei der Beschäftigung zu verzeichnen.

Im Jahr 2004 habe die Regierung mehr für die aktive Arbeitsmarktpolitik aufgewendet als jemals zuvor, führte der Redner weiter aus. Die dafür vorgesehenen Mittel wurden allein seit dem Jahr 1999 um mehr als 50 % aufgestockt. Außerdem konnte die Qualität der Ausbildungsmaßnahmen deutlich verbessert werden. Eine große Chance für Arbeitslose biete sich im Bereich der Heil- und Pflegeberufe, war Haupt überzeugt, wo mit Hilfe von Beschäftigungsprogrammen mehr als 5.000 Menschen einen sinnvollen Job finden können. Es müssen auch gemeinsame Anstrengungen dahingehend unternommen werden, dass mehr Jugendliche zukunftsträchtige Berufe ergreifen. Was den Kombilohn angeht, so könne dieses Instrumentarium, wenn es "mit Herz und Hirn" eingesetzt wird, durchaus Beschäftigung und Arbeit bringen.

Nach Auffassung des Abgeordneten Dr. VAN DER BELLEN (G) gehe es bei der Debatte darum, die Problemfelder zu erkennen und entsprechende Lösungen zu entwickeln. Klar sei jedenfalls, dass das Risiko arbeitslos zu werden, ganz stark mit dem Grad der Ausbildung korreliere. Für die Frauen sei es vor allem wichtig, dass das Angebot an Ganztagsschulen sowie die Kinderbetreuungsplätze ausgebaut werden. Die Maßnahmen im Bereich der Arbeitsmarktpolitik können jedoch nur dann erfolgreich sein, wenn ein ausreichendes Wirtschaftswachstum garantiert werden kann. Er bezweifle, dass das von der Regierung präsentierte "Päckchen" ausreichen wird, um Österreich "auf einen höheren Wachstumspfad als bisher zu bringen". Van der Bellen plädierte dafür, die Lissabon-Ziele ernst zu nehmen und umzusetzen. Zahlreiche Maßnahmen hätten durchaus auch einen kurzfristigen Effekt, meinte der G-Redner, z.B. den Ausbau der thermischen Gebäudesanierung.
   

Vizekanzler GORBACH kam auf eine aktuelle IMD-Studie zu sprechen, in der insgesamt 60 Wirtschaftsstandorte genauer untersucht wurden. Die Autoren kamen zu dem Ergebnis, dass Österreich mittlerweile die Schweiz überholt hat, was u.a. auf die gute Wirtschafts- und Steuerpolitik zurückgeführt wird. Er glaube auch, dass es sich beim am Montag präsentierten Maßnahmenpaket in der Höhe von 250 Mill. € um kein "Päckchen" handelt, sondern um ein weiteres wirkungsvolles Instrument, das die Wirtschaft ankurbeln wird. Gorbach erinnerte weiters daran, dass die Regierung schon vieles getan hat, wie die Erhöhung der Forschungsquote, die zahlreichen Fördermaßnahmen im Bereich der Bildung und die zusätzlichen 6 Mrd. € für die Infrastruktur.

Sie sei zutiefst bestürzt darüber, wenn der Bundeskanzler meint, dass die hohe Arbeitslosenrate in Österreich eine Sondersitzung nicht rechtfertigen würde, konstatierte Abgeordnete SILHAVY (S). Bereits jeder dritte Österreicher habe Angst davor, arbeitslos zu werden. Die Bevölkerung erwarte sich daher rasche Maßnahmen von der Bundesregierung, die tatsächlich dazu beitragen, dass es weniger Arbeitslose gibt. Es sei bedauerlich, dass die konstruktiven Vorschläge der Opposition, z.B. hinsichtlich der Durchführung einer sinnvollen Steuerreform oder einer effizienten Bekämpfung der Schwarzarbeit, abgewürgt werden. Die Menschen brauchen Jobs, von denen sie auch leben können, forderte Silhavy. Es gebe nämlich bereits viele Personen in Österreich, die arbeiten gehen und gleichzeitig Sozialhilfe beziehen, weil sie sonst nicht existieren könnten.

Diese Sondersitzung, die von der Opposition verlangt wurde, schaffe keinen einzigen Arbeitsplatz, gab Abgeordneter Dr. STUMMVOLL (V) zu bedenken. Beim Gipfelgespräch am Montag hingegen wurden ganz konkrete Maßnahmen zur Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen vereinbart, die auch von den sozialdemokratischen Landeshauptleuten mitgetragen werden. Die Regierung sei jederzeit bereit, mit der Opposition über deren Vorschläge zu diskutieren, erklärte Stummvoll. Wenn es sich dabei allerdings um Forderungen handelt, z.B. nach einer höheren Besteuerung der Betriebe, einer Reduktion der Einnahmen der Gemeinden aus der Kommunalabgabe um ein Drittel oder einer höheren Staatsverschuldung, dann gebe es keine Zustimmung der Bundesregierung. Zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit seien seiner Meinung nach folgende Faktoren entscheidend: Wirtschaftswachstum, Qualifikation, Arbeitsbereitschaft und Flexibilität. Außerdem müssen noch die behördlichen Genehmigungsverfahren vereinfacht und beschleunigt werden. Trotz einer hohen Arbeitslosigkeit schneide Österreich im EU-Vergleich aber recht gut ab. So ist etwa die Jugendarbeitslosigkeit nur halb so hoch wie im EU-Durchschnitt, zeigte Stummvoll auf. Es sei nachweisbar, dass die Regierung in den letzten Jahren mehr für den Wirtschafts- und Arbeitsstandort Österreich getan hat als jede andere Regierung zuvor, unterstrich der Redner.

Abgeordneter WALCH (F) machte darauf aufmerksam, dass während der Beteiligung der SPÖ an der Regierung in den Jahren 1989 bis 1993 die Arbeitslosenzahl von 149.000 auf 222.000 gestiegen ist. Trotz eines BIP-Zuwachses von 13,2 % hat es 1993 um 49 % mehr arbeitslose Menschen gegeben. Von 2000 bis 2004 hingegen sei die Arbeitslosenrate nur um 25 % gestiegen, während das BIP um 7,2 % gewachsen ist. Auch das aktuelle Wirtschaftsprogramm der SPÖ würde nicht dazu beitragen, die Probleme zu lösen, war Walch überzeugt. Die Bundesregierung beschreite einen erfolgreicheren Weg, sie habe nämlich Entlastungen vorgenommen, die Investitionen angekurbelt und mehr Mittel für Bildung und Forschung ausgegeben.

Die Opposition habe nicht deshalb eine Sondersitzung beantragt, damit Debattenbeiträge ausgetauscht werden, sondern damit ein konkretes Maßnahmenpaket geschnürt wird, erklärte Abgeordnete Dr. GLAWISCHNIG-PIESCZEK (G). Auch sie war der Auffassung, dass das Paket vom Montag nicht dazu geeignet sei, den 300.000 arbeitslosen Menschen in Österreich eine Perspektive zu geben. Mit keinem einzigen Wort wurde auf die Vorschläge der Opposition eingegangen, die seit Tagen auf dem Tisch liegen, kritisierte sie. So fänden sich weder ein Frauenwiedereinstiegspaket noch spezielle Förderungen für die Jugendlichen zwischen 15 und 24 Jahren. In einem Land wie Österreich sei es am wichtigsten, dass vor allem in die Ausbildung, die Qualifikation, die Forschung und Entwicklung investiert wird.

Bundesminister Dr. BARTENSTEIN verteidigte das 1,2-Milliarden-Euro-Paket der Bundesregierung, das konkret etwas bringe, nämlich die Sicherung und Schaffung von bis zu 20.000 Arbeitsplätzen in den nächsten eineinhalb Jahren. Es sei auch nicht richtig, dass nichts gegen die Jugendarbeitslosigkeit getan wird. So gebe es zum Beispiel das Programm "Jobs for You(th)", an dem allein im heurigen Jahr über 10.000 Jugendliche teilnehmen werden. Seit dem Jahr 1999 wurden auch die Mittel für die aktive Arbeitsmarktpolitik mehr als verdoppelt, hob der Minister hervor.

Abgeordneter Mag. MOSER (S) meinte, die Situation der Arbeitslosen werde sich durch diese „Mogelpackung“ nicht verbessern, weil das vorliegende Konjunkturprogramm von keinem ernst zu nehmenden Ökonomen in seiner Auswirkung bestätigt wird. Diese Zahlen sind nicht nachvollziehbar, sie sind aus der Luft gegriffen, unterstrich Moser und fuhr fort: Glaubt Schüssel wirklich, dass er mit diesem Paket 3 Mrd. zusätzliche Investitionen auslösen kann? Wissen Sie überhaupt, wie viel das ist? - Das ist ein Achtel der gesamten Ausrüstungsinvestition der österreichischen Wirtschaft in einem Jahr, und Sie wollen das in eineinhalb Jahren auslösen! Bartenstein sei, so Moser, ein erfolgreicher Unternehmer, aber als Wirtschafts- und Arbeitsminister habe er versagt.

Abgeordnete MAREK (V) bemängelte, dass in dieser Sondersitzung seitens der Opposition keine konstruktiven kreativen Vorschläge vorgelegt werden, vielmehr gebe es ein kreatives und wirkungsvolles Maßnahmenpaket, das der Bundeskanzler und die Mitglieder der Bundesregierung gemeinsam mit den Landeshauptleuten für die Arbeitslosen in diesem Land geschnürt haben. Weiters hob sie die erfolgreiche Unterstützung der Frauen durch die Arbeitsmarktpolitik hervor; Frauen werden nämlich vom AMS überdurchschnittlich stark in aktive Maßnahmen einbezogen; obwohl der Anteil der arbeitslosen Frauen an der Gesamtarbeitslosigkeit im letzten Jahr nur 42,5 % betragen habe, seien mit 54,1 % der AMS-Mittel insgesamt viel mehr Frauen als Männer unterstützt worden. Insgesamt sei der Mitteleinsatz für Frauen von 2001 bis 2004 um 60,7 % gestiegen.

Abgeordneter Dr. BÖHMDORFER (F) merkte kritisch an, dass der Gipfel vor dem Hintergrund der großen Fusion T-Mobile – tele.ring stattgefunden habe und man sich nicht Sand in die Augen streuen lassen sollte, denn es werden dadurch Arbeitsplätze gefährdet und vernichtet und man schädige zudem die KMU in bedeutendem Ausmaß. Zudem schwäche noch ein Landeshauptmann den einzigen Konkurrenten A1 mit einer Steuer, die im ungünstigsten Zeitpunkt kommt. Dem Vizekanzler oder der BZÖ-Mannschaft vorzuhalten, dass sie das nicht verhindert haben, hielt Böhmdorfer für ungerecht, weil verhindert hätte das nur über die parteipolitische Schiene der ÖVP werden können, und das sei nicht geschehen.

Abgeordnete MANDAK (G) beleuchtete das Problem der Jugendarbeitslosigkeit am Beispiel der Polytechnischen Schule in Feldkirch. Dort haben von 160 Schülerinnen 12 die Sparte Handel und Büro besucht, von diesen 12 haben heuer lediglich 2 eine Lehrstelle gefunden. An dieser Schule absolviert bereits ein Viertel der Schüler das zehnte Schuljahr, aber nicht, weil es so schlecht ist; das bedeutet aus ihrer Sicht ein enorm hoher Anteil an versteckter Jugendarbeitslosigkeit; diese versteckte Jugendarbeitslosigkeit gebe es auch in all jenen Bereichen, in denen Jugendliche keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld haben oder ihn nicht wahrnehmen; de facto habe man es mit einer weit höheren Jugendarbeitslosigkeit zu tun. Dem Kanzler warf sie vor, die Realität nicht sehen zu wollen und sich hinter EU-Statistiken zu verstecken.

Abgeordneter Dr. MATZNETTER (S) riet Vizekanzler Gorbach, die wahren Fakten im Auge zu behalten. Bei der Inflation sei Österreich von Platz 1 im Jahr 1999 auf den 13. Rang zurückgefallen. Laut EU-Statistik war Österreich beim Beschäftigungswachstum 1999 auf Platz 15, nun findet sich Österreich auf Platz 23 wieder; Österreich sei damit das drittletzte Land. Im Hinblick auf die Reallohnsteigerung sei das Land vom 11. Platz auf den 21. zurückgefallen und bei den öffentlichen Investitionen vom 19. auf den letzten Rang. Bei einer solchen Politik könne es nur ein Arbeitslosenproblem geben, konstatierte der Redner.

Abgeordneter Dr. LOPATKA (V) meinte, wenn man nur das fordert, was gut und teuer ist, dann ist das uralte sozialistische Politik und nichts Zukunftsweisendes. Gefordert werde seitens der SPÖ auf Kosten Dritter, nämlich der Steuerzahler, die von der Regierung vor der SPÖ geschützt werden müssen. „Den rot-grünen Goldesel, der sich streckt und Geld quillt hervor“, habe die Regierung noch nicht gefunden; man würde ihn brauchen, wollte man nur annähernd das umsetzen, was heute von der SPÖ und den Grünen an Forderungen präsentiert wurde. Was heute die SPÖ geboten habe, sei zu wenig für eine Partei, die behauptet, regierungsfähig zu sein.

Abgeordnete Dr. PARTIK-PABLE (F) vertrat die Ansicht, die SPÖ möchte die Sondersitzung dazu nutzen, um politisches Kleingeld zu machen, denn sie wisse ganz genau, dass man mit einer Sondersitzung keine Arbeitsmarktprobleme lösen kann, dass es kein Patentrezept gegen die Arbeitslosigkeit gibt, und dass Vorschläge, die gut sind, schon verwirklicht wurden. Außerdem seien die Arbeitsmarktlage, die Konjunktur und das Wirtschaftswachstum in Gesamteuropa sehr diffizil. Auch stellen die Sozialdemokraten die Probleme so dar, als ob sie nur ein nationales Problem Österreichs seien und Österreich eine Arbeitsmarktpolitik unabhängig vom gesamteuropäischen Raum machen könnte.

Abgeordneter ÖLLINGER (G) meinte, die vorgetragene „Schulter klopfende Selbstverliebtheit“ der Regierung, man habe alles getan, was möglich war, glaube doch angesichts steigender Arbeitslosenzahlen niemand mehr in diesem Land, und verwies darauf, dass es manchen Ländern sehr wohl gelungen sei, die Arbeitslosigkeit zu senken; zu diesen Ländern zähle Österreich seit fünf Jahren nicht mehr. Das sei zum großen Teil hausgemacht, betonte Öllinger in Richtung Partik-Pable. Wir brauchen mehr Qualität bei den Kursen des AMS, mehr Mittel für das AMS und auch mehr Rechte für die Arbeitslosen, forderte er. Weiters machte er darauf aufmerksam, dass die vorgebrachten Zahlen über die Arbeitslosigkeit von jungen Menschen mit der Realität „aber schon gar nichts“ zu tun haben.

Der Dringliche Antrag der SPÖ fand keine Mehrheit. Mit Mehrheit angenommen wurde hingegen ein Entschließungsantrag der Regierungsfraktionen "betreffend Maßnahmen der Bundesregierung für Wachstum und Beschäftigung".
     
zurück