Exportdynamik lässt nach  

erstellt am
12. 08. 05

Wien (wifo) - Der Warenexport als Konjunkturmotor verliert an Schwung, und die positiven Effekte der Steuerreform auf den privaten Konsum sind noch nicht voll eingetreten. Der deutliche Rückgang der Inflationsrate stärkt jedoch neben der Steuerreform die Kaufkraft und lässt im 2. Halbjahr höhere Zuwächse des privaten Konsums erwarten. Seit zwei Monaten machen auch die Unternehmensumfragen im Euro-Raum Hoffnung auf eine leichte Belebung der derzeit flauen Konjunktur. In Österreich zeigen die jüngsten Befragungen keinen eindeutigen Trend.

Hatten die Exporte im letzten Jahr das Wirtschaftswachstum getragen, so büßten sie nun deutlich an Dynamik ein. In den ersten fünf Monaten 2005 stiegen sie nominell nur 3% gegenüber dem Vorjahr. Darin spiegeln sich vor allem die neuerliche Schwäche der europäischen Konjunktur, die Verlangsamung des Welthandelswachstums und der relativ hohe Euro-Kurs. Die jüngste Verbesserung der Unternehmenserwartungen im Euro-Raum – insbesondere in Deutschland – nährt jedoch die Hoffnung auf eine Konjunkturerholung im 2. Halbjahr.

In Österreich zeigt sich in den Industrieumfragen im III. Quartal keine Aufwärtstendenz der Auftrags- und Geschäftslage. Die Kapazitäten der Betriebe sind nur durchschnittlich ausgelastet, es fehlt an entsprechender Nachfrage. In den nächsten Monaten erwarten die Unternehmen eine mäßige Ausweitung der Produktion.

Die Bauwirtschaft beurteilt die Geschäftslage relativ günstig. Dies gilt vor allem für den Tiefbau, der hohe Auftragszuwächse verzeichnet. Im Wohnbau stagnieren die Aufträge.

Die Einzelhandelsumsätze steigen trotz der deutlichen Nettoeinkommenszuwächse durch die Steuerreform schwächer als 2004. In den ersten fünf Monaten 2005 lagen sie real um nur rund 1% über dem Vorjahreswert. Die Unsicherheit auf dem Arbeitsmarkt dämpft die Konsumneigung. Die verzögerten Effekte der Steuerreform sollten im 2. Halbjahr höhere Konsumzuwächse auslösen – sofern nicht weitere Energiepreissteigerungen die Kaufkraft der privaten Haushalte schmälern.

In den letzten Monaten ließ der Preisauftrieb merklich nach. Im Mai und Juni war die Inflationsrate mit 2,3% um ½ Prozentpunkt niedriger als in den Vormonaten, insbesondere weil sich Nahrungsmittel weniger verteuerten. Fast die Hälfte der Inflationsrate geht auf den Anstieg der Energie- und Wohnungskosten zurück.

Die Arbeitslosigkeit steigt trotz einer Zunahme der Beschäftigung. Trotz mäßiger Konjunktur erhöhte sich die Zahl der aktiv Beschäftigten im Juli um 29.200 (+0,9%). Dies geht vor allem auf die zunehmende Flexibilisierung des Arbeitsmarktes zurück. Die Produktivität (BIP je Beschäftigungsverhältnis) nahm in den letzten Monaten infolge der Ausweitung der Teilzeitarbeit nur etwa ½% zu. Die zusätzlichen Arbeitsplätze kamen zu rund 70% Frauen zugute.

Die Zahl der Arbeitslosen nimmt trotz der kräftigen Beschäftigungsexpansion weiter zu. Im Juli waren beim Arbeitsmarktservice 210.900 Arbeitsuchende gemeldet, um 10.000 mehr als vor einem Jahr. Der Großteil der Arbeitslosen strebt eine Vollzeitbeschäftigung an, doch stehen zu wenige Vollzeitarbeitsplätze zur Verfügung. Langzeitarbeitslose konkurrieren um die begrenzte Zahl freier Vollzeitarbeitsplätze mit Neueintretenden, Personen aus der stillen Reserve und Arbeitsuchenden aus dem Ausland. Dabei sind sie oft wenig wettbewerbsfähig. Verstärkte Anreize für Unternehmen, Langzeitarbeitslose einzustellen, sowie Anreize für Arbeitslose, einen schlechter bezahlten Arbeitsplatz anzunehmen, sind ein Gebot der Stunde. Langzeitarbeitslose büßen an Qualifikation ein und benötigen deshalb besonders intensives On-the-Job-Training.

Quelle: wifo, Autor: Ewald Walterskirchen
     
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