Stephansdom symbolisiert "Jerusalem in Wien"  

erstellt am
13. 10. 05

Symposion des Religionspädagogischen Instituts (RPI) der Erzdiözese Wien spürte den geistigen Wurzeln der Wiener Bischofskirche nach
Wien (stephanscom.at) - Der Stephansdom ist entsprechend dem mittelalterlichen Weltbild und der damaligen Stadtplanung eigentlich als "Jerusalem in Wien" zu sehen: Diese These vertrat der Direktor des Religionspädagogischen Instituts (RPI) der Erzdiözese Wien, Johann Hisch, bei einem Symposion über den Stephansdom, das Zugänge aus Theologie, Geschichte und Architektur bot. Im Mittelalter sei die Vorstellung ausschlaggebend gewesen, dass das Heil aus dem Osten zu erwarten sei ("ex oriente lux"), daher komme auch das Wort "Orientierung". Dementsprechend seien mittelalterliche Städte und Kirchen angelegt worden. "Wo in dem damaligen Weltbild die Stadt Jerusalem lokalisiert wurde, befindet sich vergleichsweise der Stephansdom im Stadtplan von Wien", erläuterte Hisch. Ebenso würde der Weinstock die Gestaltung des gotischen Kirchenraumes als eucharistisches Symbol besonders prägen.

Diese Thesen wurden von Erwin Reidinger, einem Bauforscher der niederösterreichischen Landesregierung, durch die Rekonstruktion des mittelalterlichen Stadtbauplanes erhärtet. Die Ausrichtung der Domkirche am Sonnenaufgang zum Fest des Kirchenpatrons, des Heiligen Stephanus, würde dies auch bestätigen. Der Wiener Historiker Wolfgang Hilger erklärte anhand alter Stadtpläne von Wien die Lage des Stephansdomes im Kontext der Stadterweiterung durch Albrecht II. nach 1304. Georg Scheibelreiter vom Institut für Geschichte in Wien stellte einen Zusammenhang zwischen den geistigen Strömungen des Hochmittelalters in Wien und den Veränderungen der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen her. Die aufkommende Bewegung der Bettelmönche - Franziskaner und Dominikaner - habe zu einem neuen Verständnis von Bibel und Volksfrömmigkeit geführt.

Annemarie Fenzl, die Leiterin des Wiener Diözesanarchives, behandelte in ihrem Vortrag den Tauschvertrag von Mautern als "Geburtsurkunde" von St. Stephan. Dabei wurden Pfarren zwischen der Passauer Diözese und den Babenbergern aufgeteilt und die Voraussetzungen für den Ausbau der Stephanskirche geschaffen. Erst unter Albrecht II. und Rudolf IV., dem "Stifter", habe das Modell des "himmlischen Jerusalem" verwirklicht werden können. Fenzl erläuterte auch die Bedeutung der Zahlensymbolik im Mittelalter.

Der Wiener Theologe Prof. Josef Weismayer behandelte in seinem Statement die "Eucharistietheologie und Eucharistiefrömmigkeit des Hochmittelalters". In der Gestaltung des Stephansdomes sei der Frömmigkeit des einfachen Volkes ein Äquivalent gesetzt worden.

Dem Symposion des Wiener RPI unter dem Titel "Jerusalem in Wien?" ging eine Einladung der Dompfarre St. Stephan voraus. In seiner Begrüßung hob Dompfarrer Anton Faber hervor, wie sehr der Stephansdom als Raum für gelebte Spiritualität genützt und über die Grenzen von Konfessionen und Religionen hinweg allseits geschätzt werde.
     
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