Leben retten bei Notfällen im Ausland  

erstellt am
12. 10. 05

Kommission drängt Mitgliedstaaten, die Beantwortung und Abwicklung von 112-Notrufen zu verbessern
Brüssel (europarl) - Die Europäische Kommission hat die Mitgliedstaaten heute dazu aufgefordert, die Beantwortung und Abwicklung von Anrufen, die unter der Notrufnummer 112 eingehen, zu verbessern. Die einheitliche europäische Notrufnummer kann inzwischen in der gesamten EU-25 von jedem Telefon - Festnetztelefon oder Handy - aus angerufen werden. In der Praxis allerdings funktioniert die Notrufnummer jedoch nicht so gut wie sie es sollte. In einigen Ländern wurden die Ressourcen für die Bearbeitung von Anrufen in den benötigten Sprachen nicht bereit gestellt, in anderen ist die richtige Technologie für die geographische Ortung von Mobilfunkanrufern nicht vorhanden und in vielen Ländern wissen die Menschen schlicht nicht, dass dieser Dienst existiert. Die Mitgliedstaaten müssen dringend zusätzliche Mittel in die Lösung logistischer und sprachlicher Probleme investieren und anschließend die Bürger besser über die Notrufnummer informieren.

„Angesichts boomender internationaler Geschäftsreisen und der Tatsache, dass unzählige Familien regelmäßig im Ausland Urlaub machen, ist diese europaweite Notrufnummer absolut unerlässlich und sicherlich kein Luxus-Beiwerk“, erklärte die für Informationsgesellschaft und Medien zuständige Kommissarin Viviane Reding. „Welche Nummer ruft man an, wenn man als Brite im Urlaub in Griechenland einen Krankenwagen benötigt? Welche Nummer ruft man von seinem Handy aus an, wenn man in Schweden in einen Autounfall verwickelt ist oder wenn es bei einem in der Prager Wohnung brennt? Die Zeiten, in denen die 112-Notrufnummer ‚eines der am besten gehüteten Geheimnisse’ Europas war, müssen endlich der Vergangenheit angehören. Die Regierungen müssen die erforderlichen Mittel investieren, um daraus einen Dienst zu machen, auf den Verlass ist. Wir können es uns nicht leisten, dass dieser Dienst kein Erfolg wird. Wenn wir jetzt nicht handeln, könnte dies die Reaktionszeiten bei Notfällen verlängern und daher Menschenleben gefährden."

Der Notruf 112 wurde ursprünglich als Rufnummer eingerichtet, die von Bürgern, die im Ausland unterwegs waren, genutzt werden sollte, so dass sie sich unabhängig von ihrem Aufenthaltsort nur eine Rufnummer merken mussten. Die Einrichtung einer solchen Rufnummer war für alle Länder eine Herausforderung, da sie die Arbeiten mehrerer öffentlicher Stellen auf nationaler oder örtlicher Ebene koordinieren mussten. Einige Mitgliedstaaten weisen bereits eine gute Erfolgsbilanz bei der Bearbeitung von Notrufen aus, weshalb die Kommission der Ansicht ist, dass der europaweite Austausch bewährter einschlägiger Verfahren von Vorteil wäre.

Im Juli sandte Kommissarin Reding den für die 112-Notrufnummer zuständigen Ministern in allen 25 EU-Mitgliedstaaten Schreiben mit der Bitte um Mitteilung der bei der Durchführung und Publikmachung der einheitlichen europäischen Notrufnummer erzielten Fortschritte. Ferner hat die Europäische Kommission Vertreter aller 25 Mitgliedstaaten der EU zur Teilnahme an einer Konferenz eingeladen, die heute in Brüssel stattfindet und die den Austausch „bewährter Verfahren“ bei der Bearbeitung der unter der Nummer 112 eingehenden Notrufe zum Thema hat.

Die heutige Konferenz ist die erste ihrer Art auf europäischer Ebene, die Vertreter der für elektronische Kommunikation und den Zivilschutz zuständigen Verwaltungen aller Mitgliedstaaten zusammen bringt. Zur Teilnahme als Beobachter wurden auch Verbraucherverbände eingeladen. Auf der Konferenz soll untersucht werden, was die Mitgliedstaaten bislang unternommen haben, und geklärt werden, ob unter Berücksichtigung der Erfahrungen anderer Mitgliedstaaten Verbesserungen auf nationaler Ebene vorgenommen werden können. Dazu gehören die Verbesserung der Sprachkapazitäten der Notrufzentralen, die Einrichtung integrierter Zentralen, in denen alle Dienste zusammengeführt würden, und die rasche Verfügbarkeit der Informationen über den Anruferstandort.

Um auf den Ergebnissen der heutigen Konferenz aufzubauen, wird die Kommission die Einrichtung einer Expertengruppe aus Delegierten der einschlägigen öffentlichen Stellen vorschlagen, die sich mit praktischen Abhilfemöglichkeiten für die bisher festgestellten Unzulänglichkeiten befassen soll. Nach Ansicht der Kommission werden die Konferenz und die Arbeit der Expertengruppe zur Verbesserung der Notdienste für alle EU-Bürger, vor allem auf Reisen, beitragen.

Darüber hinaus muss die Technik vieler Notrufzentralen modernisiert werden, damit sie „automatische“ Notrufe („eCalls“) bearbeiten können, die in naher Zukunft von Kraftfahrzeugen bei einem Zusammenstoß abgesetzt werden, selbst wenn der Fahrer bewusstlos ist. eCall-Anrufsysteme können den Notdiensten den genauen Standort melden, sofern diese in der Lage sind, die Daten zu bearbeiten (siehe IP/05/1137). Wären alle Kraftfahrzeuge in Europa mit der eCall-Technologie ausgerüstet, könnten die Notfall-Reaktionszeiten in ländlichen Gebieten um bis zu 50 % und in städtischen Gebieten um bis zu 40 % verkürzt werden, wodurch bis zu 2500 Menschenleben jährlich gerettet werden könnten.

Wenngleich der Bekanntheitsgrad der Notrufnummer 112 in der Öffentlichkeit zunimmt, kann nach Auffassung der Kommission mehr getan werden, um sie besser bekannt zu machen. Sobald die Kommission mit der Gesamtqualität des Dienstes zufrieden ist, wird sie eine Kampagne starten, um die breite Öffentlichkeit für die Vorteile des Notrufs 112 zu sensibilisieren.

Der Aufbau eines zuverlässigen und effizienten Notrufdienstes mit Hilfe der Rufnummer 112 und der Einsatz der eCall-Technik sind Teil der „Europäischen Informationsgesellschaft 2010“ (i2010-Strategie) der EU zur Förderung von Wachstum und Arbeitsplätzen in der digitalen Wirtschaft. Kommissarin Reding hat bereits ihre Bereitschaft signalisiert, die Befugnisse der Kommission umfassend dafür zu nutzen, dass die aktuellen Rechtsvorschriften im Bereich der elektronischen Kommunikation, einschließlich der EU-Rechtsvorschriften über die einheitliche europäische Notrufnummer, in allen 25 Mitgliedstaaten wirksam umgesetzt werden.
     
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