Das Geheimnis des Alterns gelüftet  

erstellt am
21. 11. 05

Die amerikanische Wissenschaftlerin Cynthia Kenyon erhält den Ilse & Helmut Wachter-Preis 2005
Innsbruck (universität) - Cynthia Kenyon gelang die bahnbrechende Entdeckung, dass das Altern ein regulierter, hormongesteuerter Prozess ist - und daher auch beeinflusst werden kann. Dabei untersuchte Frau Univ.-Prof. Kenyon den Fadenwurm, dessen ca. 20.000 Gene bekannt sind und der eine durchschnittliche Lebenserwartung von 20 bis 30 Tagen hat - kurz genug, um Ergebnisse von Experimenten relativ schnell auswerten zu können. Inzwischen ist die Wissenschaftlerin in der Lage die Lebensdauer bei Fadenwürmern um das Sechsfache zu erhöhen. Umgelegt auf den Menschen würde dies eine Lebenserwartung von bis zu 500 Jahren bedeuten. Auch wenn das auf den Menschen nicht direkt anwendbar ist, lässt sich aus den Mechanismen, die Cynthia Kenyon und ihr Team herausgefunden haben, einiges lernen.

"Wie bei einem alten Auto", so die Wachter-Preisträgerin 2005, Prof. Cynthia Kenyon, "wurde das Alterns lange als passive Folge von Abnutzungserscheinungen betrachtet". Im Gegensatz zu diesem Konzept konnte Prof. Kenyon nachweisen, dass der Alterungsprozess kontrolliert gesteuert wird, und zwar durch das komplexe, vielschichtige und evolutionär konservierte Hormonsystem. Beim Fadenwurm (Caenorhabditis elegans) steuern Signale, die vom Reproduktions- und dem sensiblen Nervensystem ausgehen - zumindest teilweise - das Hormonsystem. Nachgeordnete Moleküle beeinflussen dann in der Folge die Lebensspanne des Wurms, indem sie die Expression einer Vielzahl unterschiedlicher untergeordneter Gene koordinieren. Dazu gehören solche, die durch Stress reguliert werden, den Organismus vor Mikroorganismen schützen, sowie bisher noch unbekannte Gene. Die Aktivität all dieser Gene zusammen bestimmt die Lebensspanne des Wurms. Einige dieser untergeordneten Gene können auch das Auftreten bestimmter altersassoziierter Erkrankungen beeinflussen. So koppelt das Hormonsystem den natürlichen Alterungsprozess an die Anfälligkeit für altersbedingte Erkrankungen. Cynthia Kenyon hat damit der Forschung ein neues, enorm "heißes" und in den letzten zehn Jahren rasch expandierendes Forschungsgebiet erschlossen. Da das Alter bei vielen Erkrankungen ein wesentlicher Risikofaktor ist, hofft sie aufgrund ihrer Forschungsergebnisse, mittelfristig Alterserkrankungen weiter verschieben zu können. "Wir wissen allerdings nicht, ob unsere Erkenntnisse beim Menschen jemals umgesetzt werden können. Es ist daher wichtig, keine voreiligen Versprechungen zu machen", betonte die Wissenschaftlerin heute vor Medienvertreterin in Innsbruck.

Eine bemerkenswerte Wissenschaftlerin
Der Vorstandsvorsitzende der Ilse &Helmut Wachter-Stiftung, Univ.-Prof. Peter Fritsch, zeigte sich hoch erfreut über die diesjährige Preisträgerin: "Wir sind stolz eine so herausragende Wissenschaftlerin, die großartiges geleistet hat, mit diesem Preis beehren zu dürfen", so Prof. Fritsch. Cynthia Kenyon erwarb an der University of Georgia den Bachelor in Chemie und Biochemie, am Massachusetts Institute of Technology (MIT) den PhD in Biologie und arbeitete mit dem Nobelpreisträger Sydney Brenner am Medical Research Council-Labor für Molekularbiologie in Cambridge, England. Derzeit ist sie "American Cancer Society Professor" an der Abteilung Biochemie und Biophysik der Universität von Kalifornien, San Francisco. Dort ist sie auch Direktorin des Hillblom Zentrums für Alternsbiologie. Vorher verfolgte sie ihre spektakuläre Karriere an der Universität Harvard in Cambridge, Massachusetts (USA). Cynthia Kenyon ist Präsidentin der Genetics Society of America, Mitglied der National Academy of Sciences und wurde mit einer großen Zahl hochrangiger Preise ausgezeichnet sowie zu zahlreichen Gastvorträgen an renommierten Institutionen weltweit eingeladen. Sie ist Autorin einer, für den Durchschnittswissenschaftler schier unglaublichen Zahl von Publikationen in höchst renommierten Wissenschaftsjournalen wie Nature, Science und Cell.

Internationale Vernetzung der Innsbrucker Medizin fördern
Der vom emeritierten früheren Ordinarius Univ.-Prof. Dr. Helmut Wachter gestiftete Ilse & Helmut Wachter-Preis wird seit 1999 alle zwei Jahre mit Unterstützung der Hypo Tirol Bank AG im Rahmen eines Festaktes verliehen und hat sich zum Ziel gesetzt, jeweils eine Persönlichkeit mit besonders herausragenden wissenschaftlichen Verdiensten auf dem Gebiet der Medizin zu ehren. Ein weitere Absicht des Stifters war und ist es, weltweit renommierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit ihren Innsbrucker Kolleginnen und Kollegen in Kontakt zu bringen und damit den internationalen wissenschaftlichen Austausch auf höchstem Niveau zu fördern. Kandidaten werden nur durch Nominierung im Rahmen einer weltweiten Recherche, nicht aber durch Selbstbewerbung benannt. Mitglieder der Medizinischen Universität Innsbruck können den Preis nicht erhalten. Die Auswahl des Preisträgers erfolgt durch eine neunköpfige Jury aus der Medizinischen Universität. Der Preis ist hoch dotiert (dzt. 15.000 Euro) und sehr begehrt. Ein deutlicher Hinweis für seine Qualität ist die Tatsache, dass die ersten Preisträger des Wachterpreises, Avram Hersko und Aron Ciechanover (1999), im vergangenen Jahr den Nobelpreis für Chemie erhalten haben.

Informationen: http://www.wachterstiftung.org/
     
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