Wien: Pestsäulen-Sanierung abgeschlossen  

erstellt am
17. 11. 05

Schautafeln fanden großen Anklang bei Touristen, Schülern und Passanten
Wien (rk) - "Die Pestsäule war auch während der Sanierung eine Touristenattraktion ersten Ranges. Dafür sorgte die umfangreiche und anschauliche Darstellung der Restaurierungsarbeiten, der Geschichte der Säule und der Pest in Europa auf der Bautafel. Zahlreiche Anfragen von Fremdenführern, interessierten Wienerinnen und Wienern, Lehrern und Schülern belegen den Erfolg der aufwändigen Gestaltung der Einhausung. Wir prüfen jetzt die Möglichkeit, im Umfeld des Denkmals dauerhaft eine Tafel anzubringen, um die bewegte Vergangenheit für Touristen und interessierte Wienerinnen und Wiener sichtbar zu machen", erklärt Stadtrat Werner Faymann am Mittwoch (16. 11.).

"Nach der Restaurierung kommt die barocke Pracht der Pestsäule wieder zur Geltung", freut sich Wiens Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny. "Damit hat die Stadt einmal mehr ihre Verantwortung für ihr kulturelles Erbe bewiesen. Denn die Pestsäule ist eines der bedeutendsten Monumente in Wien und gilt als Initialwerk des Barock. Aufgrund des großen Interesses an der Pestsäule ist daran gedacht, eine Broschüre zu den kulturhistorischen Hintergründen und mit Fakten zur Restaurierung herauszugeben."

Rund 8.400 Arbeitsstunden waren notwendig, um die Pestsäule in neuem Glanz erstrahlen zu lassen. Im Zuge der Sanierung wurden fehlende Steinteile ergänzt, gefestigt und imprägniert, die Metallteile gereinigt und ergänzt sowie neu vergoldet. Der Blitzschutz und die Bleiabdeckungen wurden erneuert. Die Restaurierung hält in etwa 30 Jahre.

Die Gesamtkosten der Restaurierung betrugen 360.000 Euro und wurden zum Großteil vom Wiener Altstadterhaltungsfonds getragen.

Die Aufgabe des Altstadterhaltungsfonds ist es, die historische Stadtstruktur mit ihren zeittypischen Bauten zu erhalten. Allein im Vorjahr hat der Fonds die Restaurierung von 78 Objekten beschlossen, darunter einer Reihe von Sakralbauten, wie der Mariahilfer, Altmannsdorfer und Donaufelder Pfarrkirche, der Sisi-Kapelle sowie Stephansdom und Karlskirche.

Die Sanierung wurde von der MA 34 - Bau- und Gebäudemanagement in Zusammenarbeit mit der MA 7 - Kultur und dem Bundesdenkmalamt durchgeführt. Mit den Arbeiten beauftragt war der akademische Bildhauer und Restaurator Klaus Wedenig. Die MA 34 selbst war für die Planung, Ausschreibung, Abrechnung, örtliche Bauabwicklung sowie für die Umplanung und Abstimmung der Arbeiten mit dem Bundesdenkmalamt verantwortlich. Die MA 34 Bau- und Gebäudemanagement investiert pro Jahr 21 Millionen Euro in die Sanierung von Objekten, die der Stadt Wien selbst gehören und trägt damit maßgeblich zur Verschönerung des Stadtbildes bei.

Säule zur Pestabwehr
Die Pestsäule am Graben erinnert heute noch an die größte Pestepidemie, die Wien je erlebt hat: Im Jahr 1679 forderte diese Seuche so viele Menschenleben wie nie zuvor. Kaiser Leopold I. versprach, der Stadt eine Säule zu stiften, sollte die grassierende Pest aus Wien weichen - was schließlich noch 1679 auch geschah.

Die "Dreifaltigkeitssäule" - so ihr offizieller Name - wurde noch im selben Jahr als Holzprovisorium errichtet und blieb für die folgenden 13 Jahre so bestehen. 1687 wurde der Grundstein zur heutigen Skulptur gelegt, die am Dreifaltigkeitstag 1693 eingeweiht wurde. Den Auftrag zur Gestaltung der Säule führte zunächst der Elfenbeinschnitzer und Maler Matthias Rauchmiller aus, der jedoch 1686 verstarb. Vollendet und leicht verändert wurde der Sockel dann vom damaligen Wiener "Stararchitekten" Johann Bernhard Fischer von Erlach. Heute erhebt sich über einem massiven Sockel ein zweistöckiger Unterbau, den Wappen aus Österreich, Ungarn und Böhmen zieren. Darüber "schwebt" eine sich nach oben verjüngende Wolke, die ihrerseits von der heiligen Dreifaltigkeit gekrönt wird.

Die Pestsäule am Graben in Wien - Ein barockes Monument zum Dank
Den Grundstein zur heutigen Pestsäule legte Kaiser Leopold I. am 30.Juli 1687 an derselben Stelle, an der sich bereits die vorherige hölzerne Dreifaltigkeitssäule befunden hatte. Die Geldmittel waren knapp: Nach der verheerenden Seuche 1679 stand nur vier Jahre später der Großwesir Kara Mustafa mit seinem osmanischem Heer vor den Toren Wiens. Die Belagerung konnte abgewehrt werden, doch die Verluste waren enorm. Ein komplizierter Finanzierungsplan sicherte nun eine kontinuierliche Weiterarbeit an der Pestsäule. Der Kaiser selbst trat als Stifter auf und stellte größere Summen zur Verfügung, aber auch Mautgebühren und Opfergelder wurden zum Bau herangezogen.

Nach diesen überstanden Katastrophen entwickelte sich die kaiserliche Residenzstadt zu einem Anziehungspunkt für junge, ehrgeizige Künstler. Von ihnen kamen innovative Impulse für eine Neugestaltung der Pestsäule. Der Architekt Johann Bernhard Fischer von Erlach (1656 - 1697), der später in Wien mit Aufträgen überhäuft wurde, griff entscheidend mit seinen Bildideen ein. Er erhob die Forderung nach etwas "Ungemeinen" - also nach etwas Ungewöhnlichem. Nach seinen Vorstellungen sollte das Podest nicht nur einfach als Standfläche für die neun Engel dienen, sondern vielmehr ein selbstständiges Element der Architektur bilden, ausgestattet mit zwölf Reliefs nach seinen eigenen Entwürfen.

Vehement wandte sich Fischer von Erlach gegen die Aufstellung einer Säule, da sie seiner Meinung schon überall auf den Dörfern zu sehen waren. Auch sollte nach seinen Vorschlägen die Trinität nicht mehr als "Gnadenstuhl" dargestellt, sondern durch eine neue Form der Versinnbildlichung ersetzt werden. Der bereits in kaiserlichen Diensten stehende Theateringenieur und Architekt Ludovico Burnacini (1636-1707) übernahm die Umgestaltung der Säule: Nach mehreren Entwürfen, die sich zum Teil erhalten haben, entwickelte er eine Wolkenpyramide, auf die er neun Engel aufstellen konnte.

Einen großen Anteil an der Ausführung des neuen Monuments kommt dem Bildhauer Paul Strudel (1648-1708) zu. Er setzte nicht nur kongenial die Entwürfe in ihre plastische Realisierung um, sondern von ihm stammen unter anderem die Figur des knienden Kaisers und die darunter angebrachte Gruppe "Der Glaube besiegt die Pest". Strudel fertigte auch das Holzmodell für die "Heilige Dreifaltigkeit" an, nach dem der Augsburger Johann Baptist Kilian (1623-1697) die Bekrönung in Kupfer mit Feuervergoldung ausführte.

Viele Künstler und Handwerker wirkten bei der Pestsäule mit und schufen trotz Vielfalt ein einheitlich wirkendes, einzigartiges Monument, das den neuen religiösen Gefühlen der Zeit des Hochbarocks entsprach. Auf dem geschäftigsten Platz - am Graben in der Mitte der kaiserlichen Residenzstadt - mit seiner stattlichen Höhe von über 18 Metern aufgestellt, galt und gilt es auch noch heute als ein besonderes Zeichen im öffentlichen Raum. Feierlich eingeweiht wurde die Pestsäule aus weißem Marmor am 29. Oktober 1693, ihre Fertigstellung erfolgte allerdings erst ein Jahr später. Sie wurde in den nächsten Jahrzehnten zum Vorbild vieler Dreifaltigkeitssäulen in den ehemaligen habsburgischen Ländern.
   

Eine "Ehrensäule" zur Pestabwehr
Die Pestsäule am Graben erinnert heute an die größte Pestepidemie, die je in Wien aufgetreten ist: Im Jahr 1679 forderte diese Seuche so viele tausende Menschenleben wie nie zuvor. Besonders während des heißen Sommers stieg die Anzahl der Erkrankten und Toten, so dass ein tödlicher Schrecken die Menschen in der Stadt erfasste. In dieser Katastrophenstimmung wurde von der Wiener Bürgerschaft und einer religiösen Bruderschaft eine Pestsäule geplant, um öffentlich zu Ehren der "Heiligen Dreifaltigkeit" und der "Neun Chöre der Engel" Predigten und Litaneien zur Abwendung der Pest veranstalten zu können. Vorerst sollte diese "Ehrensäule" auf dem damaligen Friedhof der Peterskirche errichtet werden, bekam aber dann "an dem vornehmsten am Graben genannte Platz der Stadt" zwischen den beiden Brunnen ihren Standort.

Die Zeit drängte: Eine Pestsäule aus Holz wurde deshalb vorgesehen. Der Bildhauer Johann Frühwirt (1640-1701) erhielt den Auftrag. Er folgte bei seinem Entwurf dem traditionellen Aufbau solcher Gedenksäulen, bei denen die Darstellung der "Allerheiligsten Dreifaltigkeit" als "Gnadenstuhl" gestaltet war. Dieser Bildtypus - bei dem Gottvater den gekreuzigten Christus in seinen Armen hält - galt seit dem Mittelalter als besonderer Schutz gegen die Pestgefahr. Als Ausgangspunkt dieser in Österreich so verbreiteten Dreifaltigkeitsverehrung gilt die Kirche am Sonntagsberg bei Waidhofen an der Ybbs in Niederösterreich. Das Motiv "Neun Chöre der Engel" gestaltete Frühwirt, indem er neun große Engel auf ein Podest rund um die korinthische Säule gruppierte.

Die hölzerne Vorgängerin der heutigen Pestsäule wurde am 27. Oktober 1679 - während die Pest in Wien wütete - aufgestellt. Männer in Büßerkleidung, das Gesicht durch hohe Kapuzen verdeckt, schleppten vom Rathaus die Skulpturen zum Platz am Graben. Zwei Tage später fand die feierliche Einweihung durch den Abt des Schottenstiftes statt. Von nun an bildete diese Ehrensäule eine Anlaufstelle für volkstümliche Frömmigkeit. Nach dem Erlöschen der Pest fand dann am 17.Juni 1680 ein großes Dankfest bei der Säule statt - veranstaltet von den niederösterreichischen Landständen -, bei dem der Augustinerpater Abraham a Sancta Clara eine seine berühmte Predigt "Danck und Denckzahl" hielt.

Kaiser Leopold I. hatte allerdings bereits während der Pestzeit, und zwar am 18. Oktober 1679, ein Gelübde abgelegt, ein prächtiges Denkmal aus Marmor zu stiften. Der anfängliche Plan, die hölzerne Dreifaltigkeitssäule unverändert in Stein umzusetzen, wurde bald aufgegeben. Vermutlich erst 1682, nach einem neuerlichen Gelöbnis des Kaisers, wurde von kaiserlichen Beamten ein Modell bei dem Bildhauer und Maler Matthias Rauchmiller bestellt und die Beschaffung der Marmorsteine aus Salzburg eingeleitet. Rauchmiller starb während seiner Arbeit im Jahre 1686. In seinem Nachlass befand sich bereits das dreiflügelige Podest für die Säule und drei überlebensgroße Engel, die heute noch auf der Pestsäule zu finden sind.

Die Wiener Pestsäule und ihre Symbolik
Der architektonische Aufbau der Pestsäule folgt einer Zahlensymbolik, die durch die "Drei" bestimmt wird. Alle ihre Figuren, Wappen und Inschriften stehen in Verbindung mit dem Grundgedanken der Dreieinigkeit, der Heiligen Dreifaltigkeit, zu deren Ehren dieses Monument geschaffen wurde. Eine Dreiheit der Götter lässt sich in vielen Religionen der Menschheitsgeschichte nachweisen. Das christliche Glaubensgeheimnis der Heiligen Dreifaltigkeit erfährt vor allem in der Kunst des Barocks die bildhafte Umsetzung als Gott-Vater, Gott-Sohn und Gott-Heiliger Geist, der meist als weiße Taube über beiden göttlichen Personen schwebt.

Das Denkmal weist eine Struktur von drei Ebenen auf: Mensch, Engel und Gott. Die Welt des Menschen symbolisiert der Sockel, der wiederum nach der Dreizahl in Flügel geteilt ist und von denen jeder einer der Drei Göttlichen Personen entspricht. An der Vorderfront der Pestsäule, also an der der Schauseite kniet an prominenter Stelle der Stifter der Säule - Kaiser Leopold I. im Prunkharnisch - zwischen dem hervorragenden "Gott-Vater-Flügel( links) und dem "Gott-Sohn-Flügel" (rechts). Unterhalb dieser Gebetsszene befindet sich im Bereich der Sockelebene eine größere Gruppe von Marmorfiguren: Der Glaube, dargestellt als engelhaftes Wesen mit dem Kreuz in der Hand, stürzt mit Hilfe eines Engels mit einer Fackel die Pest - ein wahres Scheusal mit wirren Haaren und ausgetrockneten Brüsten - in den Abgrund.

Die großen, von Johann Bernhard Fischer von Erlach entworfenen zwölf Reliefs am Sockel folgen ebenfalls der dem ganzen Bau zugrunde liegenden dreigliedrigen Komposition. Zwei mal drei Reliefs zeigen biblisches Heilsgeschehen und Gott als strafendes wie auch gnadenvolles Wesen; darüber sind zwei mal drei Reliefs mit Emblemen angebracht. Die Bildauffassungen der zwölf Reliefs folgten einem theologisch-historische Programm, das der Jesuitenpater Franz Menegatti konzipiert hatte. Die Pest wird im barocken Denken als Strafe Gottes gedeutet, die nur durch Gebete und durch den Glauben an den dreieinigen Gott des Menschen aufgehoben werden kann. Auf drei bronzenen Schriftrollen, die geöffnet an den drei Seiten des Denkmals herabhängen, sind in lateinischer Sprache ein Bitt-, ein Lob- und ein Dankgebet aufgeschrieben.

Ebenfalls auf dem Sockel sind drei auffallende Wappen angebracht, die das Programm der neu entstehenden Großmacht Österreichs demonstrieren: Das große Wappen des Hauses Österreichs mit der Kaiserkrone Rudolfs II., das Wappen Ungarns mit der Stephanskrone und das Wappen Böhmens mit der Wenzelskrone. Der Vielvölkerstaat Österreich sollte eine Einheit in der Vielheit bilden.

Aus diesem mit vielen Sinnbildern befrachteten Sockel steigt eine dreieckige Pyramide mit einer Wolkenspirale als Sinnbild für das "Wachsen zu Gott" empor. In dieser Mittelsphäre zwischen "unten und oben" sitzen beziehungsweise stehen neun überlebensgroße mächtige Engel, die verschiedene Embleme tragen wie Szepter und Krone, Lanze, Schild, Herzogshut, Buch, Schriftrolle, Fackel, Laute und Posaune. Im oberen Teil tummeln sich in den Wolken kleine dicke Engel, teilweise schauen Cherubköpfchen heraus. In höchster Höhe thronen, in Feuer vergoldetem Kupfer ausgeführt, die Drei Göttlichen Personen der Trinität im Strahlenkranz. Wie ein barockes Musikstück in seiner Überfülle präsentiert sich die gesamte Pestsäule - aber bis in das kleinste Detail durchkomponiert und gedanklich vernetzt.

Zur Geschichte des Grabens in Wien
Seit vielen Jahrhunderten bildet der Graben das gesellschaftliche Zentrum von Wien. Er befindet sich in unmittelbarer Nähe zur Domkirche St.Stephan, die als kirchlicher Stadtmittelpunkt eine Art Gegenstück zum quirligen Leben am Graben darstellt. Der Graben liegt aber auch - und damit lässt sich seine besondere Bedeutsamkeit in der Geschichte der Stadt Wien erklären - auf der wichtigen Achse zwischen Dom und kaiserlichen Hofburg, also zwischen kirchlicher und weltlicher Macht.

Alle Festzüge führten in der Residenzstadt Wien von der Hofburg über den Kohlmarkt und Graben als eine Art "via triumphalis" zum Dom und wieder zurück. So entwickelte sich der Graben zu einem wichtigen Schauplatz für weltliche wie auch kirchliche Feste, ob es sich nun um prunkvolle Umzüge der Herrscher oder feierliche Fronleichnamsprozessionen handelte.

Als Platz besteht der Graben seit ungefähr 800 Jahren, vorher war er der Stadtgraben des ältesten Wien. Um 1200 wurde nämlich im Zuge einer großzügigen Stadterweiterung dieser Festungsgraben, der schon während der Römerzeit den Lagergraben für das Kastell Vindobona gebildet hatte, zugeschüttet. Die alte Bezeichnung "Am Graben" blieb aber weiterhin erhalten.

Schon seit seiner frühesten Zeit wurde der Graben als Marktplatz verwendet. Im Laufe der Jahrhunderte wechselte das Angebot: In der Zeit um 1300 wird der Gaben als Milchmarkt erwähnt, zwanzig Jahre später wird von Krauthändlern am Graben berichtet, aber auch Fleischbänke, Brotläden u.s.w. waren am Graben aufgestellt. Später nahm er allerdings den zentralen Gemüsemarkt auf; dieser "Grüne Markt" bestand bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts. Ebenfalls bis zu dieser Zeit fand jedes Jahr vor Weihnachten ein Krippen - und Christkindlmarkt auf dem Graben statt. In der Barockzeit trat allmählich eine Veränderung ein: Der Graben stieg auf zum bevorzugten Festplatz, und in der Folge wurde das Marktwesen immer mehr verdrängt. Durch seine längliche und geschlossene Form eignete er sich besonders für Schaustellungen und Festivitäten. Bei den Erbhuldigungszügen des Hofes wurden prunkvolle Ehrengerüste aufgestellt, von denen dann "allerhand Gebratenes" in die versammelte Bevölkerung geworfen wurde, während aus den beiden Grabenbrunnen roter und weißer Wein floss.

Mitten auf diesem Platz, der als Synonym für heitere Festfreude, gesellschaftliches Treiben, aber auch eitles sich zur Schaustellen und Geschäftigkeit gelten konnte, wurde während der schwersten Pestepidemie in Wien im Jahre 1679 eine Dreifaltigkeitssäule als Pestsäule vorerst aus Holz aufgestellt. Einige Jahre später errichteten dann hervorragende Künstler die heute noch am originalen Standplatz stehende Pestsäule aus Marmor - als Transformation der grausamen Wirklichkeit des Jahres 1679 und als ein mächtiges Zeugnis zur Erinnerung für künftige Generationen.
   

Die Pest in Wien 1679
Bereits im Dezember des Jahres 1678 traten in der damaligen Vorstadt "Leopoldstadt" die ersten Pestfälle auf, die aber von den Behörden vertuscht und bagatellisiert wurden. Die Seuche breitete sich rasch in weiteren Vorstädten aus, die außerhalb der kaiserlichen Residenzstadt lagen. Die ärmeren Bevölkerungsschichten gehörten also zu ihren ersten Opfern. Obwohl die Zahl der Todesfälle von Monat zu Monat stieg, blieben alle Warnungen und Kritiken des Pestarztes Paul de Sorbait an der unzulänglichen Situation des Sanitätswesens und der Hygiene ungehört.

Der engagierte Mediziner hatte bereits im Jänner 1679 eine "Pest-Ordnung" herausgegeben, die umfangreiche Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung bei einem Ausbruch der Seuche vorsah. In dieser Pest-Ordnung beschrieb Paul de Sorbait das damalige Wissen über die Krankheit und schilderte sie: " auch den mehreren Teil derjenigen, so es ergriffen, mit Beulen, Drüsen, Dippel-Zeichen oder mit Carfunkeln, braunen und schwartzen Flecken und Kohl, Zündt Blattern neben großer inwendiger Hitz ansteckt und inner wenig Tagen oder Stunden tödlich hinricht".

Im Juli des gleichen Jahres übersprang der "Pestilenzfunken" die Stadtmauer: Ein furchtbares und großes Sterben begann innerhalb der Stadt Wien. Ein Chronist berichtete: "Endlich nahm sie (=die Pest)sich aber die Keckheit, drang in die Stadt selbst hinein und verursachte eine erschreckende Niederlage unter den Reichen und vornehmsten Adel in den Palästen und prächtigsten GebäudenDa sahe man gantze Wägen voll der Edlen und Unedlen, Armen und Reichen, Jungen und Alten beiderlei Geschlechts, durch alle Gässen zum Thor hinausführen".

Die Menschen in der Stadt waren voll Entsetzen und in Panik: Die Leichen lagen oft tagelang auf der Straße, denn es fehlte an Siechenknechten und Totengräbern. Schnell entlassene Häftlinge übernahmen dann diese Dienste. Statt Einzelbestattungen wurden große Gruben außerhalb der Stadt angelegt, um die Verstorbenen in Massengräbern unterzubringen. Wer es sich leisten konnte, flüchtete aus der Stadt. Kaiser Leopold I. verließ mit seiner Familie am 17. August Wien. Er begab sich zuerst auf eine Wallfahrt nach Mariazell und flüchtete dann weiter nach Prag. Als dort ebenfalls die Pest ausbrach, zog er sich nach Linz zurück, wo er bis zum endgültigen Erlöschen der Seuche im Jahr 1680 blieb.

Die genaue Zahl der im Jahr 1679 an Pest in Wien verstorbenen Menschen wird sich wohl niemals ermitteln lassen. Die gigantischen Sterbeziffern zeitgenössischer Berichte, die zwischen 70.000 und 120.000 Toten schwanken, lassen sich aus den noch erhaltenen Totenschauprotokollen nicht belegen. Nach diesen Eintragungen wären ungefähr 8.000 Einwohner der Seuche erlegen. Doch ist fraglich, ob in dem herrschenden Wirrwarr alle Todesfälle den Beschauärzten überhaupt gemeldet wurden und wie viele auf der Flucht starben.

Das große Sterben - Die Pest oder der "Schwarze Tod" in Europa
Die Pest gehört zu den schweren, akuten bakteriellen Infektionskrankheiten, die heute schon im Verdachtsfall meldepflichtig sind. Erst vor etwas über 100 Jahren setzte die moderne Pestforschung anlässlich der Pestepidemien in Hongkong und Indien ein: Der Schweizer Tropenarzt Alexander Yersin entdeckte 1894 den Erreger der Pest: Der Bazillus erhielt nach diesem Forscher den Namen " Yersina pestis". Schon damals erkannte die Wissenschaft die Rolle gewisser Nagetiere bei der Entstehung von Pestepidemien und die Beteiligung des Rattenflohs beziehungsweise Menschenflohs als Möglichkeiten der Übertragung der Pest auf den Menschen.

Seit dem Altertum war die Pest eine der schwersten und häufigsten Epidemien. Allerdings bezeichnete man lange Zeit auch andere Seuchen als Pest wie zum Beispiel die Pocken oder die Ruhr, da sie ebenfalls mit hoher Sterblichkeit verbunden waren. Der Begriff "Pest" bedeutete aber im übertragenen Sinn auch Unglück und Verderben. Das Wort wurde daher in der Vergangenheit möglichst vermieden, und die Geschichtsschreiber versuchten es mit anderen Worten auszudrücken wie " leidige Seuche", "hitziges Fieber" oder "Kontagion" (=Ansteckung, Infektion).

In den Jahren 1348 bis 1352 wurde Europa von der schwersten Pestepidemie der Geschichte überrollt. Die Seuche, die sich zur Lungenpest entwickelte, vernichtete ein Drittel der der damaligen Bevölkerung. Nach den Schätzungen waren somit rund 25 Millionen Menschen dem "Schwarzen Tod" zum Opfer gefallen. Die Lungenpest wurde nicht durch Flohbisse - wie die Beulenpest - , sondern durch hochinfektiöse bazillenhaltige Tröpfchen mit Husten und Niesen von Mensch zu Mensch übertragen. In Wien erreichte diese Pestepidemie im Jahr 1349 ihren Höhepunkt.

In den nächsten 400 Jahren folgten in unregelmäßigen Abständen immer neue Pestepidemien und verbreiteten Angst, Schrecken und Tod. Wirksame Medikamente fehlten, und da die Seuche als Gottesstrafe von der katholischen Kirche ausgelegt wurde, stellte sich die Bevölkerung unter dem Schutz vieler Pestheiligen, der Heiligen Dreifaltigkeit oder der Muttergottes Maria. Eindrucksvolle Zeugnisse dieser Bemühungen sind noch heute Kirchen und Kapellen, Pestaltäre, Pestkreuze und Pestsäulen. Die Verehrung der Heiligen Dreifaltigkeit wurde in den Notzeiten des 17. Jahrhunderts besonders durch neu gegründete religiöse Bruderschaften verbreitet - so wurde auch in Wien im Jahre 1679 eine Dreifaltigkeitssäule - die Pestsäule am Graben - errichtet. Als Denkmal der letzten Pest in Wien im Jahre 1713 erinnert heute die Karlskirche, die allerdings dem Pestheiligen Karl Borromäus gewidmet ist.

Als medizinische Maßnahmen gegen eine Pesterkrankung empfahlen die Ärzte Schwitzkuren, Aderlässe, Kauen von Wacholderbeeren oder Angelikawurzeln, aber auch die Verabreichung von Theriak, einem beliebten Arzneimittel des Mittelalters. Häufig werden Knoblauch, Lorbeer, Weinraute und ein Gemisch aus Schwefelpulver bei den Verschreibungen angeführt. Die Rezepte unterscheiden sich allerdings, ob sie für arme oder reiche Pestpatienten eingesetzt werden. Eine der wenigen wirksamen ärztlichen Hilfen war die Öffnung der Beulen (Bubonen) zum Abfließen des Eiters, die auch die Erkrankten als Wohltat empfanden. Als Wunderarznei galt das Auflegen einer in Essig oder Wein gelegten aufgespießten Kröte auf die Beulen. Solchen präparierten Kröten wurden auch noch während der Pest im Jahr 1679 in Wien große Heilkraft nachgesagt.

Zitate
Aus der Wiener "Pest-Ordnung" des Pestarztes Paul de Sorbait, 1679
"nachdem die Erfahrung mit sich bringt, dass Sauberkeit ein sonderbar nützlich und notwendiges Mittel ist, sowohl die Einreissung der Infektion zu verhüten, als auch dieselbe abzuwenden: Herentwegen(=Deshalb) die Unsauberkeit solches Übel verursacht und erhaltet. So ist Unserer ernstlicher Befehl, dass Erstens kein Blut, Ein`geweide, Köpfe und Beiner von dem abgetöteten Vieh, noch auch Kraut-Blätter, Krebs, Schnecken, Eyerschallen oder anderen Unflat (=Abfall, Mist) auf denen Gassen und Plätzen ausgegossen: Ingleichen keine todte Hund, Katzen oder Geflügel auf die Gassen geworfen, sondern ein und anders vor die Stadt hinausgetragen werden"

Aus "Mercks Wienn" von Prediger Abraham a Sancta Clara, 1680
"Summa es ist keine Gassen noch Straßenwelche der rasende Tod nicht hätte durchstrichen. Man sah den ganzen Monat um Wien und in Wien nichts als Tote tragen, Tote führen, Tote schleifen, Tote begraben"

"Worvon die Pest verursacht werdeso weiß ich doch/ dass dieser giftige Pfeil (=Pestseuche) mehristen Theil (=zum größten Teil) von der Hand Gottes abgetruckt (=abgeschossen) wird / wie dessen vielfältige Zeugnis die göttliche Schrift (=Bibel) belegt. Auß welchem augenscheinlich kundbar und offenbar / dass die Pestilenz eine Ruthen (=Rute) seye / so die obere Hand Gottes flechtetso traue ich doch wenigst den Baum zu zeigen / worvon Gott die Ruthe flechtet. Dieser Baum ist die Sünde"."

* Lied des lieben Augustin
Oh du lieber Augustin
S' Geld ist hin, d' Freud ist hin,
Oh du lieber Augustin,
Alles ist hin!
Ach und selbst das reiche Wien
Arm jetzt wie Augustin
Seufzt mit mir in gleichem Sinn
Alles ist hin!
Jeden Tag war sonst ein Fest,
Und was jetzt? Pest, die Pest!
Nur ein großes Leichennest,
Das ist der Rest!
Oh du lieber Augustin,
Leg nur ins Grab dich hin,
Ach du mein liebes Wien
Alles ist hin!
     
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