Sozialpolitik  

erstellt am
06. 12. 05

 Silhavy: "Regierung macht immer mehr Menschen arm"
Wien (sk) - SPÖ-Sozialsprecherin Heidrun Silhavy sieht in der Politik der Regierung Schüssel die Ursache für den dramatischen Anstieg der Armut und, parallel dazu, der Zahl der Sozialhilfebezieher. "Armutsbekämpfung ist für die derzeitige Regierung kein Thema. Die bevorzugten Instrumente der Sozialministerin sind sogenannte Härtefonds; die haben aber bestenfalls kosmetische Wirkung", erläuterte Silhavy. Ihr Resümee: "Die Politik der Regierung Schüssel macht immer mehr Menschen arm."

Eine der Hauptursachen für die Zunahme der Armut sieht Silhavy im Ansteigen der Arbeitslosigkeit: "Seit Schüssel Kanzler ist, ist die Arbeitslosenzahl um 90.000 gestiegen." An der Statistik über die Armutsgefährdung könne man die Auswirkung der Regierungspolitik direkt ablesen: Arbeitslosigkeit und Armut seien unmittelbar verbunden; die hohe Armutsgefährdung von Alleinerziehenden Müttern zeige, was von der Frauen- und Familienpolitik der Regierung zu halten sei. Und in der hohen Armutsgefährdung von Pensionisten spiegeln sich die fünf Pensionskürzungen in Folge seit dem Jahr 2000, erläuterte Silhavy.

Laut Sozialministerium haben im Jahr 2003 149.000 Menschen Sozialhilfe bezogen, das sind um 40.000 mehr als im Jahr 2000. Akut arm waren im Jahr 2003 460.000 Menschen, um 170.000 mehr als drei Jahre zuvor. Mehr als eine Million Menschen sind armutsgefährdet. Der Wiener Caritas-Direktor Michael Landau hat der Regierung "Aufmerksamkeitsverweigerung" vorgeworfen und gemeint, "heute ist völliger Stillstand angesagt". Landau hat gefordert, dass es eine vorurteilsfreie Diskussion über eine bedarfsorientierte Grundsicherung geben soll.

Ein Vorschlag, den Silhavy unterstützt. Sie betonte dazu, dass die SPÖ in ihrem Kompetenzteam Soziales an einem Modell für die bedarfsorientierte Mindestsicherung arbeitet. Als Leitlinien nannte sie österreichweit einheitliche Standards bei der Sozialhilfe und mehr aktive Unterstützung von Sozialhilfeempfängern etwa bei der Jobsuche oder Schuldnerberatung.

 

 Tancsits: Bundesregierung sorgt für mehr soziale Gerechtigkeit
Wien (övp-pk) - "Die Bundesregierung setzt mit ihrer Sozialpolitik dort an, wo die größte Armutsgefährdung droht. Damit steuern wir dem gegen und sorgen für mehr soziale Gerechtigkeit in Österreich", so ÖVP-Sozialsprecher Mag. Walter Tancsits am Montag (05. 12.) zur Kritik von Heidrun Silhavy und Karl Öllinger. "Den beiden dürfte entgangen sein, dass wir in den vergangenen Jahren eine Reihe erfolgreicher sozialpolitischer Maßnahmen gesetzt haben", so Tancsits. Als Beispiele nannte der ÖVP-Sozialsprecher das Kinderbetreuungsgeld für alle, den Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung für Eltern, die größte Steuerreform der Zweiten Republik, die Familienhospiz-Karenz, die Anhebung des Ausgleichszulagenrichtsatzes bei der Altersvorsorge und das jüngst geschnürte Maßnahmenpaket "Unternehmen Arbeitsplatz" in der Höhe von 285 Millionen Euro.

Die Bundesregierung nehme das Problem der Arbeitslosigkeit sehr ernst und versuche diesem auch massiv entgegenzuwirken. "Bei dieser Diskussion darf man aber auch nicht übersehen, dass wir mit 3.244.434 Beschäftigten eine Rekordbeschäftigung aufweisen können", so Tancsits in Richtung Silhavy. In Sachen Pensionen erinnerte Tancsits die SPÖ-Sozialsprecherin daran, dass in den vergangenen fünf Jahren die Mindestpensionen um 100 Euro erhöht wurden, während sie im gleichen Zeitraum unter einem SPÖ-Kanzler nur um 29 Euro angehoben wurden. "Ein Vergleich, der Frau Silhavy zum Nachdenken über die eigene Politik statt zum Kritisieren der Bundesregierung anregen sollte", sagte Tancsits.

Die Kritik an der Frauen- und Familienpolitik der Bundesregierung wies der ÖVP-Sozialsprecher ebenfalls zurück. "Ein Blick in den jüngsten Sozialbericht zeigt, dass es auf Grund der hohen Sozialleistungen gerade im familienpolitischen Bereich zu einer enormen Senkung der Armutsgefährdungsquote für Familien kommt." So kann bei einer Familie mit einem Kind das Risiko, in Armut zu geraten, von 22 Prozent ohne Sozialtransfer auf 7 Prozent gesenkt werden (von 32 Prozent auf 12 Prozent bei Familien mit zwei Kindern). Bei Alleinerzieherinnen und Alleinerziehern senken Sozialtransfers das Armutsrisiko um insgesamt ca. 40 Prozent.

"Unser Sozialsystem mit seinem breit gefächerten Auffangnetz bietet die idealen Voraussetzungen für eine flächendeckende Grundversorgung für alle. Nur wer differenziert, hilft direkt", so Tancsits abschließend zur wiederholten Forderung nach einer Grundsicherung.

 

Öllinger: Politik muss für Grundsicherung sorgen
Wien (grüne) - "Angesichts steigender Sozialhilfe- und Arbeitslosenzahlen ist Handeln gefragt", meint der Sozialsprecher der Grünen, Karl Öllinger: "Den Boten der schlechten Botschaft zu prügeln - in diesem Fall den Wiener Caritas-Präsidenten Landau - hilft den von Armut Betroffenen aber genau gar nichts".

Wie wichtig rasches Handeln sei, zeige sich bei der Vereinheitlichung der neun Sozialhilferegelungen. "Hier geht gar nichts weiter. Im Aktionsplan für gesellschaftliche Eingliederung noch groß angekündigt, schläft die Sozialhilfereform vor sich hin, weil Bund und Länder die Kosten hin- und her schieben", kritisiert Öllinger. In der Zwischenzeit müssten Leute mit Sozialhilfe-Richtsätzen von Euro 430,- oder Euro 450,- das Auslangen finden. "Vielleicht können ja Herr Scheuch oder Frau Wendl den Leuten erklären, wie sie mit Euro 450 ein Monat lang auskommen sollen. Ich kann es nicht", so Öllinger.

Sozialhilfe und Arbeitslosigkeit seien aber nur ein Teil der gegenwärtigen Realität: In Salzburg wird geschätzt, dass nicht einmal 50 Prozent der Anspruchsberechtigten tatsächlich Sozialhilfe erhalten. Für Kärnten gibt es noch weit höhere Schätzungen. "Viele Sozialhilfegesetze sind im Übrigen so gestaltet, dass sie Menschen, die Hilfe brauchen, von der Sozialhilfe ausschließen. Hier gehört dringend etwas verändert: Wer Hilfe braucht, muss auch Unterstützung bekommen", fordert Öllinger und gibt Präsident Landau vollinhaltlich Recht: "Wir brauchen eine Grundsicherung, und die Politik muss dafür sorgen, dass es sie gibt".
     

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