60 Jahre UNO - 50 Jahre Mitgliedschaft Österreichs  

erstellt am
15. 12. 05

Rede von Bundespräsident Heinz Fischer zum 50. Jahrestag der Mitgliedschaft Österreichs bei den Vereinten Nationen
Es gilt das gesprochene Wort!

Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Auf den Tag genau 50 Jahre sind es also her, seit Österreich im Dezember unseres Erfolgsjahres 1955 in die Vereinten Nationen aufgenommen wurde.

Theodor Körner war damals, vor 50 Jahren, österreichischer Bundespräsident, Julius Raab war Bundeskanzler, Eisenhower war Präsident der Vereinigten Staaten, Chruschtschow und Bulganin bildeten nach Stalins Tod das Führungsduo der Sowjetunion und Europa war in zwei Blöcke geteilt. Generalsekretär der Vereinten Nationen war Dag Hammerskjöld.

Wenn ich mich an Radiosendungen oder Zeitungsberichte aus dieser Zeit zurückerinnere, dann endeten viele dieser Berichte mit dem Satz: „Ein Beschluss des Sicherheitsrates der UNO kam infolge eines Vetos des Sowjetischen Außenministers Molotow nicht zustande.“

Längst hatte Molotow im Westen den Beinamen „Mister Njet“ erhalten, und um das Ansehen der Vereinten Nationen war es damals nicht zum Besten bestellt. Es werde zuviel geredet und zuwenig getan, hieß es immer wieder und man übersah, dass ohne die Vereinten Nationen zwar weniger geredet, aber mehr geschossen worden wäre.

Meine Damen und Herren!

Molotow, aber auch all die anderen Persönlichkeiten, die ich soeben erwähnt habe, sind längst nicht mehr unter uns.

Aber die Vereinten Nationen feiern ihren 60. Geburtstag und sind zu einem unverzichtbaren – wenn auch nach wie vor kritisch beleuchteten – Bestandteil des internationalen politischen Systems geworden.

Dabei erinnern mich kritische Diskussionen über die UNO manchmal an kritische Diskussionen über die Demokratie.

Es gibt tatsächlich viele Schwächen des demokratischen Systems. Es gibt Fehlentscheidungen und Fehlentwicklungen. Aber letzten Endes ist die Demokratie unbestreitbar das mit Abstand beste System, um das Zusammenleben der Menschen in humaner Weise zu regeln. Und wie unersetzlich und wertvoll die Demokratie ist, merken manche erst, wenn sie der Demokratie verlustig gegangen sind.

Ähnlich ist es mit den Vereinten Nationen: Sie haben Schwächen, es gibt Fehler und sie stellen unsere Geduld manchmal auf eine harte Probe – und dennoch:

Die Vereinten Nationen sind unersetzbar.

Sie sind das mit Abstand wichtigste globale Friedensinstrument.

Sie fassen 191 Staaten zu einem weltweiten Organismus mit vielfachen Aktivitäten zusammen.

Sie ermöglichen Dialog, Verhandlungen und Interessensausgleich.

Die Vereinten Nationen sind den Menschenrechten verpflichtet. – manchmal ohne Erfolg, manchmal mit geringem Erfolg, aber in vielen Fällen erfolgreich und in allen Fällen mit der richtigen Botschaft, die lautet: Die Menschrechte müssen unteilbar sein. Sie gelten für kleine und große Staaten.

Sie heißen Menschrechte, weil sie für alle Menschen in allen Situationen eingefordert werden müssen, in Ost und West, Nord und Süd.

Ein großer, gefährlicher Feind der Menschenrechte ist der Terrorismus.

Der Kampf gegen den unmenschlichen Terrorismus ist letzten Endes auch ein Kampf zum Schutz von Menschen und ihren Menschenrechten. Gerade deshalb muss dieser Kampf aber unter Respektierung der Menschenrechte geführt werden. D. h. unter Wahrung des Grundsatzes, dass niemand über dem Recht steht und niemand außerhalb des Rechtes steht.

Meine Damen und Herren!

Die Vereinten Nationen sind im Lichte der traumatischen Erfahrungen des Zweiten Weltkrieges gegründet worden.

Die Gründungsidee hat sich bewährt: nämlich für den Frieden Partei zu ergreifen und gegen den Krieg.

Krieg ist unmenschlich.
Krieg ist ungerecht.
Krieg ist keine Lösung für Probleme, sondern Krieg wird fast immer selbst zum Problem.

Und selbst dort, wo militärische Maßnahmen unvermeidbar und gerechtfertigt sind, weil es sich um die Verteidigung gegen einen Angriff handelt, sind die Spielregeln der Vereinten Nationen und das Völkerrecht zu berücksichtigen.
Denn unser gemeinsames Ziel muss lauten: den in vielen Ländern erfolgreichen Weg zum Rechtsstaat im nationalen Rahmen weiterzuführen, zum Rechtsstaat im internationalen Rahmen, zum globalen Rechtsstaat.

Ein solches Denken in internationalen rechtsstaatlichen Kategorien macht es auch unakzeptabel, einem Mitgliedsstaat der Vereinten Nationen – im konkreten Fall Israel – das Existenzrecht abzusprechen und macht es unmöglich, ernst genommen zu werden, wenn man fordert, ein Mitgliedsland der Vereinten Nationen auf das Territorium anderer Staaten zu transferieren. Wir weisen das mit aller Entschiedenheit zurück.

Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Wir sind stolz und dankbar, dass die aktive Mitarbeit Österreichs in den Vereinten Nationen dazu beigetragen hat, dass Österreich als einer der Sitzstaaten der Vereinten Nationen ausgewählt wurde. Daher war es auch notwendig und richtig, in den 70er Jahren - trotz mancher Kritik - die Wiener UNO-City zu bauen und der Völkergemeinschaft zur Verfügung zu stellen.

Eine weitere Anerkennung für Österreich war zweifellos die Wahl von Kurt Waldheim zum Generalsekretär der Vereinten Nationen für zwei Funktionsperioden.

Kurt Waldheim hat sich durch seine 10jährige Tätigkeit als UNO-Generalsekretär um die Vereinten Nationen im höchsten Maße verdient gemacht, und ich möchte dafür auch heute Dankbarkeit und Anerkennung zum Ausdruck bringen.

Exzellenzen!

Wir betrachten die Vereinten Nationen als das wichtigste Instrument eines effektiven, weltweiten Multilateralismus, d.h. einer Philosophie, die große, grenzüberschreitende Probleme durch gezielte gemeinsame Anstrengungen zu lösen oder zumindest einer Lösung näher zu führen versucht.

Dies gilt z.B. für den Kampf gegen den Hunger, für den Kampf gegen die Kindersterblichkeit, für den Kampf gegen Aids, für die Unterstützung von Flüchtlingen und für viele andere humanitäre Zielsetzungen.

Ich darf in diesem Zusammenhang die Flüchtlingshilfeorganisation der Vereinten Nationen (UNHCR) besonders erwähnen und hervorheben. Ich nenne auch die wichtige Tätigkeit der UNIDO und mit besonderem Stolz und Respekt die Internationale Atomenergieorganisation unter der Führung von Herrn Mohammed El Baradai mit Sitz in Wien, dessen Arbeit soeben mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde.

Dem Generalsekretär der Vereinten Nationen Kofi Annan möchte ich über den Atlantik nach New York einen herzlichen Gruß schicken und ein ehrliches Wort des Dankes für seine unendlich schwierige und mühevolle Arbeit sagen.

Danken möchte ich bei dieser Gelegenheit auch den rund 50.000 Blauhelmen aus Österreich, die im Laufe der Jahre für die Vereinten Nationen Friedensdienst geleistet haben, und zugleich all jenen Österreicherinnen und Österreichern, die im Rahmen des UNO-Netzwerkes Dienst versehen oder versehen haben. Und nicht zuletzt danke ich unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die die heutige Veranstaltung zu Ehren der Vereinten Nationen organisiert haben.

Der 50. Jahrestag der Österreichischen Mitgliedschaft in den Vereinten Nationen ist für uns Ansporn, unsere Mitarbeit in der UNO mit gleicher und verstärkter Energie fortzusetzen. Im Interesse des größten Zieles, das es im Bereich der internationalen Politik geben kann, nämlich: unseren Kindern und Enkelkindern Voraussetzungen für eine friedliche Welt zu hinterlassen. Für eine Welt des ökologischen Gleichgewichtes und eine Welt der Gerechtigkeit. Dafür wollen wir weiterarbeiten.

Ich danke Ihnen

 

Plassnik: "50 Jahre Arbeit am Frieden in der Welt"
Außenministerin Plassnik bei UNO-Jubiläum in Wien
Wien (bmaa) - "Österreich in den Vereinten Nationen, das sind 50 Jahre Arbeit am Frieden in der Welt", sagte Außenministerin Ursula Plassnik am Mittwoch (14. 12.) bei der Veranstaltung "50 Jahre Österreich in den Vereinten Nationen".

In ihrer Begrüßungsrede gratulierte Plassnik dem Generaldirektor der IAEO, Mohammed ElBaradei zur Verleihung des Friedensnobelpreises am 10. Dezember: "Am Internationalen Tag der Menschenrechte und genau 100 Jahre nachdem Bertha von Suttner für ihre Arbeit und den Appell "Die Waffen nieder!" internationale Anerkennung gefunden hat, wurden mit der IAEO und deren Generaldirektor Mohammed ElBaradei wieder eine Persönlichkeit und eine Organisation ausgezeichnet, die sich ganz konkret der Frage verschrieben haben, wie wir - auch technisch - unsere Welt sicherer machen können", so die Außenministerin.

Angesichts dieses sich über ein Jahrhundert spannenden Bogens der Weltfriedensgemeinschaft betonte Plassnik, dass die Abrüstung, die Nicht-Verbreitung von Massenvernichtungswaffen und die Weiterentwicklung eines umfassenden Sicherheitsbegriffs auch künftig zu den größten Herausforderungen der internationalen Gemeinschaft gehören werden. Und sie unterstrich die Rolle der Vereinten Nationen bei der Schaffung und Bewahrung von Frieden und Sicherheit in der Welt: "Die Arbeit der Familie der Vereinten Nationen wurde heuer - nach den Blauhelmen und den Vereinten Nationen unter Generalsekretär Kofi Annan - zum dritten Mal mit einem Friedensnobelpreis gewürdigt."

Die Außenministerin betonte, dass die Werte, für die Bertha von Suttner und Mohammed ElBaradei so nachhaltig eingetreten seien und eintreten, auch die Zusammenarbeit zwischen Österreich und der UNO prägen: "Die Befreiung der kommenden Generationen von der Geißel des Krieges, der Glaube an die Würde und den Wert der menschlichen Person, an die gleichen Rechte von Mann und Frau und an die Herrschaft des Rechts und die Solidarität, das sind die geistigen Säulen, denen wir uns gemeinsam verbunden fühlen. In diesem Sinn hat Österreich in den vergangenen 50 Jahren inner- und außerhalb der Vereinten Nationen gewirkt." Gemeinsam, so die Außenministerin, könne man oft mehr erreichen; andererseits stehe ein intensives Engagement in der UNO einer eigenständigen Außen- und Friedenspolitik nicht entgegen. Vielmehr ergänzten einander diese beiden Komponenten.

Plassnik richtete die Einladung an die internationale Gemeinschaft, in den Anstrengungen für eine friedlichere, sicherere und gerechtere Welt nicht nachzulassen, und nannte als weitere große Aufgaben die UN-Reform und die Verwirklichung der Milleniumsziele.

Außenministerin Plassnik dankte dem früheren UNO-Generalsekretär, Alt-Bundespräsident Kurt Waldheim stellvertretend für alle in den Vereinten Nationen tätigen Österreicher für seine Arbeit und seinen Einsatz. Sie schloss mit einem Zitat einer anderen Friedensnobelpreisträgerin, Aung San Suu Kyi: "Die einzige richtige Freiheit ist das Freisein von Angst."

 

 Gusenbauer für aktivere Rolle Österreichs in der UNO
Wien (sk) - Das 50-jährige Jubiläum des Beitritts Österreichs zu den Vereinten Nationen nahm SPÖ-Vorsitzender Alfred Gusenbauer zum Anlass, eine aktivere Rolle Österreichs in der UNO zu fordern. "Österreich hat innerhalb der Vereinten Nationen noch immer einen ausgezeichneten Ruf, der besonders auch auf die internationale Politik Bruno Kreiskys zurückgeht. Und mit Wien als UNO-Standort hat Österreich auch eine besondere Verantwortung für die Zukunft der UNO", so Gusenbauer am Mittwoch (14. 12.). "Österreichs Außenpolitik aber nützt die Möglichkeiten zu wenig. Dabei könnte das neutrale Österreich als glaubwürdiger Akteur der Staatengemeinschaft wichtige Akzente – etwa in Menschenrechtsfragen – setzen", so der SPÖ-Vorsitzende.

Es sei bedauerlich, wenn maßgebliche UN-Diplomaten wie Österreichs UN-Botschafter in Genf, Wolfgang Petritsch, konstatieren müssen, dass Österreich in der UNO als traditioneller Ideengeber an Einfluss verloren und seine Chancen nicht genützt hat, verweist Gusenbauer auf Aussagen in einer heutigen Tageszeitung. Dabei habe Österreich mit der Neutralität ein politisches Instrument, das aktiv genutzt werden kann: "Österreich muss keine Kompromisse mit Diktaturen schließen, sondern kann in Fragen der Menschenrechte und der Demokratie klar seine Stimme erheben. Dies ist Privileg und Verpflichtung zugleich." Auch im Bereich Krisenprävention könne das neutrale Österreich besonders glaubwürdig sein. "Die SPÖ tritt dafür ein, dass sich Österreich mit seiner Neutralität wieder aktiver in den Dienst der Staatengemeinschaft stellt", so der SPÖ-Vorsitzende abschließend.  
     

Wir übernehmen hier Stellungnahmen aller im Parlament
vertretenen Parteien – sofern vorhanden! Die Redaktion

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