Vizekanzler Gorbach im Zentrum oppositioneller Kritik  

erstellt am
20. 12. 05

Aktuelle Stunde im Nationalrat
Wien (PK) - Tempo 160, die Blaulicht-Nachfrage und die Reisekosten des Vizekanzlers waren einige der Themen, die in der Aktuellen Stunde des Nationalrats am Mittwoch (21. 12.) angesprochen wurden. Die Fraktion der Grünen hatte dafür "Tempo 160, Blaulicht und explodierende Kabinettskosten - die peinliche Bilanz des BZÖ-Vizekanzlers und Verkehrsministers" gewählt.

Abgeordneter Dr. VAN DER BELLEN (G) nannte Gorbach einen Minister der Peinlichkeiten und Zumutungen und meinte, es reiche jetzt. Heftige Kritik übte er an den Plänen, Tempo 160 auf Autobahnen zu erproben, wobei er der ÖVP vorwarf, Gorbach "die Mauer zu machen". Die Kosten der zusätzlichen Schadstoffe, die als Folge dieser Maßnahme emittiert werden, hätten die Haushalte, die Industrie und das Gewerbe auszubaden, stellte Van der Bellen fest. Entrüstet zeigte sich der Redner auch über die Blaulicht-Pläne des Verkehrsministers. Politisch gesehen seien es nur "Peanuts", für das Geltungsgehabe des Ministers sei dies aber typisch, bemerkte er.

Kritisch kommentierte Van der Bellen schließlich die EU-Wegekostenrichtlinie, die von Gorbach als großer Erfolg bezeichnet wurde. Nach Meinung des grünen Klubobmanns werde die Einigung aber bloß zu einem erhöhten LKW-Aufkommen führen und Umwelt und Anrainer noch stärker als bisher belasten.

Verkehrsminister GORBACH qualifizierte die Vorwürfe Van der Bellens als Halbwahrheiten, Unwahrheiten, Verfälschungen und nebulose Aussagen und warf den Grünen vor, oberflächlich an die Diskussion um Tempo 160 heranzugehen. Ihm, Gorbach, gehe es darum, nach einem Test die Geschwindigkeit zu flexibilisieren und damit auch die Verkehrssicherheit zu erhöhen. Auch müsse diese Maßnahme in einem Zusammenhang mit der Section Control, Licht am Tag und dem Vormerksystem gesehen werden, betonte Gorbach, der sich durch den rückläufigen Trend bei der Zahl der Verkehrstoten in der Richtigkeit seiner Politik bestätigt fühlte. Mit Nachdruck versicherte er aber, dass bei Tempo 160 "nichts übers Knie gebrochen werde".

Zum Blaulicht-Vorwurf stellte der Minister klar, es gebe keinerlei schriftliches Ansuchen, ein Mitarbeiter habe bloß mündlich angefragt, ob es nicht sinnvoll wäre, auch einem Dienstfahrzeug Blaulicht zukommen zu lassen. Das Verkehrsministerium habe dieses Ansinnen aber ad acta gelegt, zumal man dafür das Gesetz hätte ändern müssen. Gorbach bekräftigte, Blaulicht für seinen Dienstwagen sei kein Thema.

Was seine Reisetätigkeit betrifft, meinte Gorbach auf Vorwürfe aus den Reihen der SPÖ, er liege damit jedenfalls im Mittelfeld der Regierungsmitglieder. Die Wirtschaft hätte es sogar lieber, würde er noch mehr reisen, weil er dadurch, wie er sagte, dem österreichischen Unternehmen Tür und Tor öffne.

Abgeordneter DI MISSETHON (V) sprach in Zusammenhang mit der Vorstellung der Grünen von einer politischen "Lachnummer" und bemerkte, angesichts von im Plenarsaal gezeigten Taferln und blauen Lichtern sei er nicht sicher, ob Van der Bellen Universitätsprofessor oder Klassensprecher einer Taferlklasse sei. Die Grünen wollten mit der Blaulicht-Debatte offenbar nur von ihrer Ideenlosigkeit in der Verkehrspolitik ablenken, vermutete Missethon. Hinsichtlich Tempo 160 rief der VP-Sprecher dazu auf, an die Sache vorurteilsfrei heranzugehen und zunächst einmal die Tests abzuwarten.

Abgeordnete BINDER-MAIER (S) erkannte in der Verkehrspolitik Gorbachs das Motto "höher, schneller, weiter" und konstatierte, die einzelnen Maßnahmen des Ministers seien entweder sehr persönlich motiviert oder gefährden die Menschen, von Sachlichkeit sei weit und breit nichts zu sehen. Die Rednerin warf Gorbach vor, die ÖBB zum Nachteil der Kunden und Mitarbeiter zerschlagen zu haben, kritisierte den Verkauf der Bodensee-Schifffahrt und bekräftigte die Vorwürfe ihrer Fraktion in Sachen Tempo 160 und Blaulicht.

Abgeordneter SCHEIBNER (F) sah im heutigen Misstrauensantrag der Grünen einen Versuch, nach den innerparteilichen Problemen wieder "über die Medienrampe zu kommen". Der Redner sprach sich für flexible, vernünftige Tempolimits aus, die aber dann radikal überprüft und sanktioniert werden. Den Grünen riet er, sich nicht mit "Kinkerlitzchen", sondern lieber mit dem Verkehrssicherheitsprogramm Gorbachs auseinanderzusetzen und darüber hinaus auch die erfolgreiche Innovationspolitik des Ministers zu thematisieren.

Abgeordnete Dr. MOSER (G) erwiderte, Gorbach wolle mit einem Thema wie Tempo 160 irgendwie in die Medien kommen, um damit das Überleben seiner Partei zu sichern, inhaltlich habe der Minister aber nichts vorzuweisen. Moser legte eine negative Bilanz der Verkehrspolitik Gorbachs vor und sprach dabei vor allem die ÖBB-Reform, die Schließung der Postämter und den Wildwuchs an Handy-Masten an. Kritik übte sie auch an der Wegekostenrichtlinie, die ihrer Meinung nach zu einer stärkeren Belastung der Bevölkerung beitragen werde.

Abgeordnete Mag. HAKL (V) bezeichnete die Vorstellung der Grünen als Kasperltheater. Das verkehrspolitische Chaos und der Zick-Zack-Kurs bei der PKW-Maut zeige, dass sich die Grünen in der Verkehrspolitik überhaupt nicht auskennen und sich deshalb mit Details wie einer privaten Anfrage eines Mitarbeiters beschäftigen, stand für die Rednerin fest. Sie wies vor allem die Kritik am Mautkompromiss und der neuen Wegekostenrichtlinie zurück und betonte, Gorbach sei es gelungen, in Brüssel die Brennermaut in der bestehenden Höhe zu erhalten und auf europäischer Ebene das Verursacherprinzip und eine Harmonisierung der Verkehrstarife voranzutreiben.

Abgeordnete Mag. LAPP (S) überreichte Gorbach ein gelb-rotes Gefahrenlicht und meinte, die Politik des Verkehrsministers sei gefährlich. Sie kritisierte neben Tempo 160 auch die Reisekosten Gorbachs und stellte fest, der Minister sei ein Reisender auf Kosten der Bevölkerung ohne nennenswerten Output. Kein Verständnis äußerte Lapp überdies für die ÖBB-Politik Gorbachs.

Abgeordneter WITTAUER (F) bemerkte, die Grünen wollten die positive Bilanz der Verkehrspolitik Gorbachs nicht zur Kenntnis nehmen. Es gebe keinen Verkehrsminister, der so viel für die Verkehrssicherheit getan hat wie Gorbach, unterstrich Wittauer unter Hinweis auf den rückläufigen Trend bei der Zahl der Verkehrstoten. Tempo 160 verteidigte der Redner mit dem Hinweis auf Deutschland, wo es keine Geschwindigkeitsbeschränkungen auf Autobahnen gibt. Für Wittauer ging es vor allem darum, nach einer Prüfung durch Experten flexible Limits im Sinne der Verkehrssicherheit einzuführen.

Abgeordneter ÖLLINGER (G) warf Gorbach vor, in Sachen Blaulicht seinen Kabinettschef nun im Dienste der eigenen Interessen vorzuschieben. Empört zeigte sich der Redner auch über die Personalpolitik des Ministers in Seibersdorf, wobei er meinte, blaue Burschenschafter würden das Forschungszentrum in Misskredit bringen, Gorbach gehe es bloß darum, seine eigenen Leute einzusetzen.
     
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