Neujahrs-,Rat’ für alle: So leben, als ob Gott tatsächlich existierte  

erstellt am
02. 01. 06

Bischof Egon Kapellari: Weltjugendtag zeigte, dass die Kirche lebt – Pornografie auf den EU-Plakaten ist „schändliche Provokation im öffentlichen Raum“.
Graz (kath.net) - Einen ungewöhnlichen Neujahrs-„Rat“ gab der Grazer Bischof Egon Kapellari: „Ich erinnere daran, dass der Papst noch als Kardinal den Menschen in Westeuropa mit allen ihren Erfolgen und Frustrationen ein Experiment vorgeschlagen hat. Es besteht darin, so zu leben, als ob der biblische Gott tatsächlich existierte. Also leben im Horizont der zehn Gebote und der Bergpredigt und es darauf ankommen lassen, was daraus wird.“ Dies sei „kein Vorschlag zu einer frivolen Wette“, erklärte Kapellari im Interview mit der „Kleinen Zeitung“. Schon der Philosoph Blaise Pascal habe dies vorgeschlagen.

Ihn bekümmere, „dass wir eine eher sterbende Gesellschaft sind und dass die Ehrfurcht vor dem Leben vor allem an seinem Anfang und an seinem Ende abgebaut wird - oft auch zielbewusst“. Die Kirche brauche heute „mehr missionarische Kraft“. Die riesige Anteilnahme beim Sterben und Begräbnis des Papstes habe gezeigt, dass die Kirche lebt. „Wie viel Jugend in ihr beheimatet ist, hat man beim Weltjugendtag mit Papst Benedikt in Köln gesehen.“

Europa drohe heute „global an den Rand zu geraten; dies besonders durch die Überalterung seiner Bevölkerung und durch die spirituelle Ermüdung. Wenn es sich weiterhin vom Christentum entfernt, wird es sicher nicht vitaler werden. Europa soll sich nicht aufgeben. Das war auch ein Signal der Papstwähler, die in ihrer Mehrheit nicht Europäer waren.“

Ablehnend äußerte sich Kapellari zu den umstrittenen Europa-Plakaten in Wien. „Die Pornografie auf den jetzt entfernten EU-Plakaten halte ich für eine schändliche Provokation im öffentlichen Raum“, meinte er. „Manche Künstler verlangen für sich sozusagen alle Freiheit und reagieren ungemein empfindlich auf Kritik.“ Kritiker würden dann „eilfertig zu Ignoranten ernannt in der Hoffnung, sie dadurch mundtot zu machen“. Der Widerstand gegen die Werke könne „nicht als Zensur abqualifiziert werden“, betonte er. „Zensur ist nicht ein Wort für alles, was einem nicht passt.“

Wovon hängt die Zukunft für den Grazer Bischof ab? Kapellari: „Wir können uns nicht alles selber machen oder geben. Wir sind auch Beschenkte. Das Leben kann sich keiner selbst geben und ein ernsthafter Christ gibt sich auch nicht selbst den Tod.“
     
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